Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Titel: Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
Vom Netzwerk:
offenkundig irre stolz auf mich. Balthazars Gesicht veränderte sich nicht, aber da lag etwas in seinen Augen, ein Ausdruck von Wohlgefallen und Bewunderung, bei dem mir ein Gefühl von weiblicher Macht durch die Adern schoss.
    Mein dunkelgrünes Satinkleid war trägerlos, schmiegte sich eng an meinen Körper und war hinten tief ausgeschnitten. In der Mitte der Oberschenkel war es etwas ausgestellt, damit ich tanzen konnte. Die Silberkette meiner Mutter, mit Opalen besetzt und aus den 1920ern, hing an meinem Hals, und die dazugehörigen Ohrringe baumelten bei jeder Kopfbewegung auf meiner Kehle. Mom hatte mein Haar tief im Nacken zusammengenommen, kleine Zöpfe darübergeflochten und den Knoten mit einer einzigen edelsteinbesetzten Klemme befestigt. Letztes Jahr hatte ich mich hübsch gefühlt; dieses Jahr war es mehr als das. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, wie eine Frau, nicht mehr wie ein Mädchen auszusehen.
    Meine Eltern sorgten für einen raschen Aufbruch, und Balthazar reichte mir seinen Arm, damit ich auf der Treppe auf dem Weg nach unten nicht straucheln konnte. Als mein neuer Schuh auf einer abgetretenen Steinstufe ausrutschte und ich schwankte, legte er mir den Arm um die Schulter. »Alles in Ordnung?«
    »Alles gut.« Ich sah zu ihm auf und merkte, wie nah sein Gesicht an meinem war. Sein Arm war noch immer fest um mich geschlungen. Ich wusste, dass ich mich lösen sollte, aber ich merkte auch, wie sehr er mich begehrte. Und ich kam nicht dagegen an, dass es mir gefiel, dass er mich begehrte. Es war das erste Mal, dass ich das Gefühl hatte, eine Frau zu sein verleihe einem auch eine ganz einzigartige Art von Macht.
    »Deine Frisur sieht wunderschön aus«, sagte Balthazar. Seine Augen ruhten auf meinem Gesicht. »Früher haben Frauen ihre Haare viel häufiger so getragen. Ich habe das schon immer sehr gemocht.«
    Ein kleines Lächeln spielte um meine Lippen. »Dann weckt das also alte Erinnerungen?«
    Aus irgendeinem Grund brach das den Bann. Er richtete sich auf. »Ich bin froh im Hier und Jetzt. Komm. Lass uns tanzen.«
     
    Wieder einmal war die Große Halle für den Anlass herausgeputzt worden, wenn auch diesmal in ganz anderem Stil. Kerzen brannten neben spiegelnden Flächen aus gehämmerter Bronze, die ein weiches, tanzendes Licht durch den ganzen Raum reflektierten. Dieses Jahr waren die Wände und Tische mit Tausenden und Abertausenden Blumen aller Art geschmückt worden, die jedoch allesamt schneeweiß waren. Selbst der dunkle Steinfußboden war mit Blütenblättern bestreut, sodass die ganze Halle sanft und strahlend wirkte.
    Als Balthazar mich zu den Klängen des sich einstimmenden Orchesters auf die Tanzfläche führte, bemerkte ich, wie mehrere Mädchen bewundernde Blicke in seine Richtung warfen, so groß und weltgewandt sah er in seinem Abendanzug aus. Der Gedanke daran, dass die anderen seinen Anblick aufregend fanden, war als Vorstellung selbst ebenfalls aufregend. Vielleicht will jeder von Zeit zu Zeit die anderen neidisch machen. Dann entdeckte ich jemanden, der definitiv kein bisschen beeindruckt war.
    »Satin.« Courtney hob eine Augenbraue, als sie mein Kleid betrachtete. Ihr eigenes hatte ein tiefes Dekolleté, war tiefgolden und atemberaubend, und trotzdem gefiel mir mein eigenes viel besser. »Das ist aber mutig von dir, so etwas anzuziehen. Sobald du dich hinsetzt, wird es wie ein alter Kleidersack zerknautschen.«
    »Dann werde ich wohl dafür sorgen müssen, dass wir die ganze Nacht tanzen«, antwortete ich strahlend. »Dann müssen wir uns gar nicht erst hinsetzen.« Während sie noch vergeblich nach einer Erwiderung suchte, rauschten wir an ihr vorbei.
    Letztes Jahr hatte ich den Ball genossen, aber dieses Jahr liebte ich ihn. Mein Herz verzehrte sich nicht mehr nach Lucas. Ich war mir unserer Liebe ganz sicher. Auch wenn ich lieber ihn als Verabredung an meiner Seite gesehen hätte, war ich mir doch sicher, dass er sich vermutlich nicht so wohlgefühlt hätte wie ich mich. So konnte ich mich voll und ganz fallen lassen und mich dem berauschenden Gefühl hingeben, von Balthazar in den komplizierten Schritten der altmodischen Tänze herumgewirbelt zu werden. Geigen, Klavier und Harfen spielten rings um uns herum, und die Mädchen mit ihren Kleidern in leuchtenden Farben bewegten sich von Muster zu Muster, von Formation zu Formation, und es war ein bisschen, als wäre man in ein Kaleidoskop geraten, das sich pausenlos drehte.
    »Du tanzt den Walzer jetzt besser«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher