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Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Titel: Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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Staub wirbelte zwischen den brüchigen Blättern auf, und ich musste immer wieder mein Kleid mit den Händen abbürsten; wir konnten ja schlecht völlig dreckig wieder nach unten zurückkehren. Balthazar las einige Namen vor, während er andere still für sich durchging: Tobias Earnshaw. Agatha Browning. Dhiram Patel. Li Xiaoting. Tabitha Isaacs. Noor Al-Eyaf. Jonathan Donahue. Sky Kahurangi. Sumiko Takahara. Die Namen, auf die wir stießen, stammten aus verschiedenen Ländern und Jahrhunderten. Ihnen war nur gemeinsam, dass sie uns nicht das Geringste verrieten. Die Evernight-Akademie war eine recht kleine Schule, sodass Balthazar und ich eigentlich die Namen aller menschlichen Schüler kannten. Keiner von ihnen stand in irgendeiner offensichtlichen Beziehung zu den Vampiren, deren Namen wir im Aktenraum vorfanden.
    »So viel dazu«, stöhnte ich und klopfte die Staubschicht von meinen Händen.
    »Wir haben deine Theorie nicht bestätigt, aber wir haben sie auch nicht widerlegt. Das Problem ist, dass hier einfach zu viel Papier herumliegt. Wir können diese ganzen Unterlagen überhaupt nicht sinnvoll durcharbeiten, ohne genauer zu wissen, wonach wir eigentlich suchen.« Balthazar zog eine Taschenuhr aus seiner Jacke und runzelte die Stirn. »Wir müssen bald wieder zurück. Sie werden merken, dass wir verschwunden sind, aber sobald wir wieder da sind, werden sie annehmen …«
    »In Ordnung.« Die Vorstellung, was die anderen denken würden, machte mich verlegen, und ich konnte Balthazar kaum in die Augen sehen.
    »Wir werden weitersuchen, das verspreche ich dir.«
    »Danke.«
     
    Wir gelangten wieder nach unten, ohne unterwegs jemanden zu treffen, und Balthazar klang erleichtert. »Gut. Ich will nicht, dass du meinetwegen einen schlechten Ruf bekommst.«
    »Vampire können einen schlechten Ruf bekommen?«
    »Das solltest du doch wissen.« Er nahm meine Hand, als wir wieder auf die Tanzfläche zurückkehrten. »Komm schon. Lass uns für einen Skandal sorgen.«
    Als wir dieses Mal zu tanzen begannen, war es nicht nur aus Spaß. Balthazar drückte mich fester als vorher an sich, fester als jeder andere - von Lucas abgesehen - mich je gehalten hatte, sodass unsere Körper ganz eng aneinandergepresst waren. Wir waren kein Teil der wirbelnden Menge rings um uns herum, sondern bewegten uns langsamer, als ob es niemanden außer uns auf der Welt gäbe und als ob wir ganz allein wären. In Wahrheit war ich mir aber stärker als sonst bewusst, dass wir beobachtet wurden. Ich konnte die amüsierten Blicke der Lehrer spüren, das Interesse der anderen und die brennende Eifersucht von Courtney.
    Es ist nur ein Spiel , sagte ich mir immer wieder. Es bedeutet uns beiden nichts. Es ist in Ordnung, wenn einem ein Spiel Spaß macht .
    Irgendwann streifte Balthazar mit der Hand das Kleid eines anderen Mädchens und zuckte zusammen. »Was zur …«
    Wir kamen aus dem Rhythmus und schoben uns an den Rand der Tanzfläche. Ich nahm seine Hand in meine und sah einige kleine, rote Tropfen auf seinem Zeigefinger. »Sie muss ihr Kleid festgesteckt haben.«
    Balthazar schüttelte seine Hand, dann hielt er inne. Langsam hob er seinen Finger an meine Lippen. Er bot mir sein Blut an.
    Die Vampire um uns herum würden das als flirtende Geste deuten. Es war ein inniger Moment, wenn Vampire gegenseitig ihr Blut tranken. Derjenige, der das Blut empfing, konnte die geheimsten Wünsche und Gefühle des anderen spüren. Bot mir Balthazar sein Blut nur an, um die Illusion aufrechtzuerhalten, dass wir ein Paar waren, oder war es ernst gemeint?
    Was auch immer es war - ich konnte schlecht ablehnen. Meine Lippen schlossen sich um seine Fingerspitze, und ich umspielte sie mit meiner Zunge. Balthazar schmeckte nach Salz. Auch wenn es nur ein einziger Tropfen war, den ich ablecken konnte, war es doch genug, um einen Funken von dem zu spüren, was er fühlte, und in mir blitzte auf, was er vor seinem geistigen Auge sah: mich, wie ich in meinem grünen Kleid tanzte, düsterer und älter und tausend Mal schöner, als ich in Wirklichkeit war.
    Ich schluckte, und es war, als ob die Welt erst schwarz und mit einem Schlag wieder hell würde.
    »Viel besser«, sagte Balthazar, und seine Stimme war tief, als er langsam seinen Finger von meinen Lippen löste. Mir fiel auf, dass ich meine Augen geschlossen hatte. Ich war wie benommen, versuchte aber, mich zusammenzureißen. »Okay. Gut. Ich meine: Okay.« Er lächelte zu mir herunter und sah dabei aus, als wäre er

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