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Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts

Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts

Titel: Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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aber das war nicht so ungewöhnlich. 33 Grad offenbar schon.
    »Geben Sie das mal her.« Selma nahm mir das Thermometer aus dem Mund, schüttelte es herunter und steckte es wieder zurück. Sie befestigte die Blutdruckmanschette um meinen Arm und begann, sie aufzupumpen; wie ein Ring drückte das Gerät auf meinen Bizeps.
    Meine Augen ruhten auf der Anzeige des Thermometers. Komm schon , dachte ich. Nun steig schon höher. Wenigstens auf 36 Grad. Das wird sie nicht so sonderbar finden.
    Die Anzeige veränderte sich und rutschte auf 32 Grad.
    Selmas Augen wurden riesig. Zuerst glaubte ich, sie habe auf die Temperaturanzeige geschaut, doch dann dämmerte mir, dass auch mit meinem Blutdruck etwas nicht zu stimmen schien. Sie riss die Manschette von meinem Arm. »Legen Sie sich hin«, befahl sie. »Ich hole sofort einen Arzt.«
    »Es ist aber gar kein Notfall«, sagte ich mit schwacher Stimme. »Wirklich, mir ist nur irgendwie schwindlig.«
    »Legen Sie sich hin, ehe Sie umfallen.« Selma drückte meine Schultern auf die Liege. Trotz ihrer Entschlossenheit war etwas Freundliches in ihrer Art; ganz bestimmt war sie eine gute Krankenschwester. Sie eilte hinaus, und ich blieb dort liegen, die Hände über dem Bauch gefaltet, und versuchte mir einzureden, dass dies alles kein großes Problem sei.
    Unglücklicherweise wusste ich es im Hinterkopf besser.
    Meine Temperatur wäre nicht so niedrig, wenn ich eine Lungenentzündung hätte, dachte ich. Oder sonst irgendeine Art von Grippe oder Virus. Die Leute bekommen Fieber, wenn sie solche Krankheiten haben. Vermutlich haben solche Leiden auch wenig Einfluss auf den Blutdruck.
    Mit anderen Worten war das, was mit mir nicht stimmte, keine menschliche Krankheit.
    Ich konnte hören, wie die Krankenschwester weiter unten auf dem Flur aufgeregt mit jemandem sprach, vermutlich mit einem der Ärzte. Überlegten sie, ob dies ein Notfall war? Wollten sie mich ins reguläre Krankenhaus einweisen? Wenn sie das täten, käme ich dann wieder raus?
    Rasch richtete ich mich auf – zu rasch. In meinem Kopf drehte sich alles von der plötzlichen Bewegung, und eine Sekunde lang glaubte ich, ich würde zu Boden stürzen. Doch stattdessen hielt ich mich an der Liege fest und fand mein Gleichgewicht wieder, während ich tief ein- und ausatmete. Es dauerte nicht lange, da hatte ich das Gefühl, ein paar Schritte wagen zu können.
    Ich spähte hinaus auf den Flur. Selma stand nur einige Türen weiter, aber sie war in ihr Gespräch mit einem Arzt vertieft. Ihre Worte waren gerade noch laut genug, dass ich sie belauschen konnte: »Ich bin mir sicher, dass das Thermometer richtig funktioniert hat. Vor zehn Minuten hat es das noch. Ich sage Ihnen doch …«
    Zeit, sich ranzuhalten . Auf Zehenspitzen schlich ich den Flur entlang, dann sprintete ich in Richtung Wartezimmer. Eine andere Krankenschwester tauchte auf dem Flur auf, und sie sah ziemlich erschrocken aus, als ich an ihr vorbeistürmte.
    Sieh nicht zurück . Ohne langsamer zu werden, rannte ich durch die Tür und ins Wartezimmer. »Lucas!«, rief ich über meine Schulter. »Lass uns gehen.« Er starrte mich verblüfft an, erhob sich jedoch sofort. Wir waren im Begriff, abzuhauen, und wir würden es auch schaffen. Als wir nach draußen kamen, schlug uns sofort die heiße Julisonne entgegen und umfing uns. Hitzewellen stiegen von den Stufen und dem Bürgersteig auf. Es war einfach zu viel, und so sackte ich gegen das Treppengeländer. Die Stufen schienen sich unter mir auszudehnen und zu schwanken.
    »Bianca!« Lucas hatte mich eingeholt und legte sich meinen rechten Arm über seine Schultern. Ich stützte mich taumelnd auf ihn, und so gelang es uns, die Treppe hinabzusteigen und um die Ecke zu biegen.
    »Lauf weiter«, keuchte ich. »Sie werden herauskommen und nach mir suchen, das weiß ich.«
    »Wir laufen doch. Was ist denn dort drinnen geschehen?«
    »Meine Werte waren seltsam. Die Schwester ist durchgedreht. «
    Lucas führte mich mit schnellen Schritten in eine Seitenstraße. Ich fühlte mich nun etwas sicherer auf den Beinen, aber ich wusste, dass ich weiter bei Lucas würde Halt suchen müssen.
    »Was meinst du mit seltsam ?«
    Da traf mich die Wahrheit mit voller Wucht: Ich hatte mich mein ganzes Leben lang auf diesen Moment vorbereitet, auf die eine oder andere Weise, und doch war es schrecklich, sich ihm zu stellen.
    »Ich bin noch keine Vampirin«, flüsterte ich. »Aber … ich bin auch kein Mensch mehr.«

19
    Als wir wieder in Vics

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