Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts
zusammen, ohnmächtig und paralysiert.
Lucas sagte: »Ich will diesen Abschaum selbst verbrennen. Bianca kann mitkommen. Ich denke, ihn abzufackeln wird ihr helfen, über das hinwegzukommen, was er ihr angetan hat.«
Eliza nickte. Kate legte mir beide Hände auf die Schultern, während ich mir über die Augen wischte. »Denk immer daran«, sagte sie, »jetzt bist du frei.«
Die anderen halfen uns dabei, Balthazars reglosen Körper in den Bus zu laden. Ich konnte nicht glauben, wie, nun ja, tot er aussah, mit dem Pflock, der aus seiner Brust ragte. Milos gab Lucas einige Tipps, wo man einen Vampirkörper verbrennen konnte, was mich annehmen ließ, dass er das schon etliche Male selbst getan hatte. Ein eisiger Schauer lief mir über den Rücken.
Ich schmetterte die Tür des Busses zu. Lucas startete den Motor und bog auf die Straße ein. Als wir einige Blöcke entfernt waren, schlüpfte ich nach hinten, wo Balthazar lag, und fragte Lucas: »Jetzt?«
Lucas nickte, ohne den Blick von der Straße abzuwenden. »Jetzt.«
Mit beiden Händen packte ich den Pflock und zog ihn aus Balthazars Brust.
Kaum dass das Holz herausgeglitten war, zuckte Balthazar, dann krümmte er sich unter mir vor Schmerzen. Seine blutigen Hände tasteten nach der Wunde in seiner Brust. »Was zur Hölle …«
»Schschscht.« Ich legte ihm eine Hand auf die Stirn. »Du bist okay. Wir mussten so tun, als ob wir dich töten. Es gab keine andere Möglichkeit, dich dort rauszubekommen.«
»Bianca?«
»Ja, ich bin hier. Erinnerst du dich an das, was geschehen ist?«
»Ich denke schon.« Balthazar schnitt eine Grimasse, aber er zwang sich, die Augen offen zu halten und mich anzuschauen. »Du und Lucas …«
»Wir haben dich da rausgeholt«, rief Lucas. »Hör mal, wir haben nicht viel Zeit. Gibt es einen Ort, an dem wir dich absetzen können? Wo du wirklich sicher bist, während deine Wunden heilen?«
Balthazar musste einige Sekunden lang überlegen, ehe er nickte.
»In Chinatown. Da gibt es einen Laden. Ich kenne den Besitzer, der wird mich verstecken.«
»Dahin werden wir dich bringen«, sagte Lucas.
»Danke«, antwortete Balthazar. Mit einer Hand tastete er nach meiner. Normalerweise war er so stark und kräftig, doch nun war der Druck seiner Finger schwächer als der eines Kindes. »Das Schwarze Kreuz… Sie wissen doch nicht …«
»Sie wissen nichts von mir«, sagte ich. »Lucas kümmert sich um mich. Bei ihm bin ich in Sicherheit.«
Balthazar nickte. Sein schönes Gesicht war verzerrt und geschwollen, und ich wünschte, ich hätte wenigstens Verbandszeug mitgenommen. Selbst ein Vampir würde mindestens eine Woche brauchen, bis solch schwere Verletzungen verheilt waren. Ich versuchte, ihn anzulächeln, als ich ihm das Blut aus dem Mundwinkel wischte, aber es war schwer.
Endlich erreichten wir Chinatown. Die Straße, in die wir auf Balthazars Geheiß hin einbogen, war klein, und es waren unglaublich viele Menschen unterwegs. Beinahe jedes Ladenschild war auf Chinesisch; es fühlte sich an, als wären wir in ein anderes Land gekommen.
Lucas parkte in zweiter Reihe und warf einen Blick über die Schulter. »Bist du sicher, dass du es bis dahin schaffst, wo du hinwillst?«
»Vielleicht kann mich Bianca bringen?«
»Das ist eine gute Idee«, sagte ich. Es war leicht vorzustellen, dass Balthazar am Straßenrand zusammenbrechen und in ein Krankenhaus gebracht werden würde, wo man ihn vermutlich sofort für tot erklären würde. »Ich bin gleich wieder zurück.«
»Ich fahre um den Block herum.« Lucas warf einen Blick auf unseren Passagier. »Viel Glück, Balthazar.«
»Danke. Das meine ich ernst.«
Ich stieg als Erste aus und ließ zu, dass mir Balthazar seinen schweren Arm um die Schultern legte. Er konnte kaum aufrecht stehen. Als die Türen des Busses wieder geschlossen waren, fuhr Lucas davon. Auch wenn viele Leute Balthazar, ein blutiges Wrack, anstarrten, verlor niemand ein Wort. So war das in New York.
Kaum dass wir uns in Bewegung gesetzt hatten, sagte Balthazar: »Komm mit mir mit.«
»Aber ich komme doch mit. Wir werden das Geschäft schon finden. Ich glaube, es ist gleich da drüben …«
»Nein, ich meine … Geh nicht zu Lucas zurück. Ich kann dich hier verstecken.«
Entsetzt sagte ich: »Balthazar, darüber haben wir doch gesprochen. Du kennst meine Gefühle.«
»Es geht nicht um Romantik.« Er humpelte neben mir her; Blut sickerte aus seinem Handgelenk, lief ihm über die Hände und tropfte aufs Pflaster.
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