Evernight Bd.1 Evernight
Ball.«
»Nein!« Wenn ich wieder dort hineinginge, würde sich der Zauber vielleicht wieder über mich legen und meinen Geist vernebeln. Ich brauchte einen klaren Kopf, bis ich mir erklären konnte, was ich beinahe getan hätte. »Ich meine, nein, noch nicht. Lass uns ein bisschen laufen.«
Die Sterne funkelten über unseren Köpfen. Es war eine wolkenlose Nacht, wie geschaffen, um Sterne zu beobachten. Ich wünschte, ich hätte mich in den Raum in der Spitze des Turmes zurückziehen und durch mein Teleskop die fernen Sterne betrachten können, anstatt all diesen Verwirrungen ausgesetzt zu sein, die mich hier unten umgaben. Hinter uns verebbten langsam die Musik und das Gelächter des Balls, während wir tiefer in den Wald spazierten.
Schließlich begann Balthazar. »Okay, wer ist es?«
»Wer ist was?«
»Der Junge, hinter dem du her bist.« Balthazars Lächeln war traurig.
»Wie bitte?« Ich war so peinlich berührt, seinet- und meinetwegen, dass ich versuchte, mich aus der Situation zu mogeln. »Ich treffe mich mit niemandem.«
»Glaub mir, Bianca, ich habe genug Erfahrung, um zu erkennen, wenn eine Frau an einen anderen Mann denkt.«
»Es tut mir leid«, murmelte ich niedergeschlagen. »Ich wollte dir nicht wehtun.«
»Ich kann das aushalten.« Er legte mir beide Hände auf die Schultern. »Wir sind doch Freunde, oder? Das bedeutet, dass ich dich glücklich wissen will. Ich wünschte mir zwar, dass du an meiner Seite glücklich wärst…«
»Balthazar …«
»… aber ich weiß auch, dass es nicht immer so einfach ist.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ist es nicht. Denn du bist der erstaunlichste Junge an der Schule, und ich sollte nur an dich denken.«
»Wenn es um Liebe geht, dann gibt es kein ›sollte‹. In diesem Punkt musst du mir vertrauen.« Sein Oberhemd war im Mondlicht strahlend weiß. Balthazar hatte noch nie so gut ausgesehen wie in diesem Moment, in dem er mich freigab. »Ist es Vic? Ich sehe dich manchmal, wie du dich mit ihm unterhältst.«
»Vic?« Ich musste lachen. »Nein. Er ist super, aber wir sind nur Freunde.«
»Wer ist es dann?«
Zuerst zögerte ich, es ihm zu verraten. Dann aber merkte ich, dass ich es ihm gerne erzählen wollte, weil wir im Lauf der letzten Wochen, die wir gemeinsam verbracht hatten, wirklich gute Freunde geworden waren. Er hatte sich immer Zeit genommen, mir zuzuhören, und er nahm meine Meinung ernst, obwohl ich jünger und so viel unerfahrener war als er. Nun bedeutete mir auch Balthazars Sicht der Dinge etwas.
»Lucas Ross.«
»Und wieder geht die Runde an den Underdog.« Balthazar wirkte nicht sehr erfreut. Aber warum sollte er auch erfreut sein, wenn ich ihm von dem Typen erzählte, den ich lieber als ihn mochte?
»Ich kann mir vorstellen, was du in ihm siehst.«
»Das kannst du?«
»Na klar. Ich schätze, er ist ein gutaussehender Typ.«
»Das ist es nicht.« Ich wollte, dass er verstand, was ich wirklich meinte. »Es ist zwar nicht so, dass mir nicht aufgefallen wäre, wie attraktiv Lucas ist. Aber er ist der Einzige, der versteht, wie es für mich hier ist.«
»Ich könnte das auch verstehen. Oder ich könnte es zumindest versuchen.« Balthazar blickte zu Boden, und mir wurde klar, dass dieses Gespräch für ihn schwierig war, egal wie cool er immer tat. »Aber ich werde dich nicht bedrängen. Das verspreche ich dir.«
So sanft, wie ich konnte, sagte ich: »Du gehörst hierher, Balthazar. Deshalb kannst du nicht nachfühlen, wie es für uns andere ist, die nicht hierhergehören.«
»Du könntest hierhergehören, wenn du nur wolltest.«
»Will ich aber nicht.«
Er hob eine Augenbraue. »Dann wirst du noch eine Menge Probleme bekommen.«
»Das meine ich nicht.« Balthazar versuchte, über die Zukunft zu sprechen, über Jahre in der Ferne, und ich wollte nicht darüber nachdenken, solange die Dinge schon jetzt verwirrend genug waren. »Ich spreche über die Highschool. Du bist schon rumgekommen und hast die Welt gesehen. Ich glaube, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie… wie groß mir dieser Ort hier vorkommt. Wie beängstigend alles ist. Wenn ich es zuließe, dann könnte ich in die Falle tappen und Evernight entscheiden lassen, wer und was ich bin. Aber das ist es nicht, was ich will. Und Lucas fühlt genauso.«
Balthazar dachte einige Augenblicke darüber nach. Schließlich nickte er. Ich glaube nicht, dass ich ihn überzeugt hatte, aber er hatte mir zugehört.
»Lucas ist kein schlechter Mensch«, gab er zu. »Jedenfalls
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