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Evernight Bd.1 Evernight

Evernight Bd.1 Evernight

Titel: Evernight Bd.1 Evernight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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vorhatte.
    »Sag das noch mal, wenn du es gesehen hast.« Nachdem Mum die letzte Haarnadel befestigt hatte, drehte sie mich um, damit ich in den Spiegel schauen konnte. »Sieh nur.«
    Zuerst konnte ich es gar nicht glauben, dass das Mädchen, das mir entgegenblickte, ich selber war. Das mitternachtsblaue Kleid ließ meine blasse Haut cremeweiß und makellos wie Seide erscheinen. Mein Make-up unterschied sich gar nicht so großartig von dem, das ich sonst trug, aber die erfahrenen Hände meiner Mutter hatten alles viel weicher gezeichnet. Meine dunkelroten Haare waren in mehreren, unterschiedlich dicken Zöpfen aus der Stirn gezogen und flossen über meinen Nacken: So hatten die Frauen im Mittelalter vermutlich ihre Haare getragen. Statt eines Blumenkranzes wie in alten Bildern trug ich silberne Sterne im Haar, und sie waren klein genug, dass sie wie edelsteinbesetzte Haarspangen aussahen. Sie glitzerten, wenn ich meinen Kopf von einer Seite zur anderen drehte, um mich rundum betrachten zu können. »O Mum, wie hast du das denn bloß hinbekommen?«
    Meiner Mutter kamen die Tränen. Sie hat meistens nahe am Wasser gebaut. »Ich habe eine wunderschöne Tochter, das ist alles.«
    Sie hatte mir immer gesagt, dass ich hübsch sei, aber zum ersten Mal dachte ich, dass das vielleicht die Wahrheit war. Ich mochte nicht so eine Titelseitenattraktion wie Courtney oder Patrice sein, aber es gab auch noch andere Arten von Schönheit.
    Als wir ins Wohnzimmer kamen, sah mein Vater so geschockt aus, wie ich mich fühlte. Er und Mum umarmten sich, und sie flüsterte: »Haben wir gut gemacht, oder?«
    »Definitiv.«
    Sie küssten sich, als wäre ich gar nicht im Raum. Ich räusperte mich. »Hey, Leute. Ich dachte, die Teenager wären diejenigen, die in der Ballnacht miteinander rummachen.«
    »Entschuldige, Liebling.« Dad legte mir eine Hand auf die Schulter; sie fühlte sich kühl an, als ob ich vor Hitze glühte.
    »Du siehst umwerfend aus. Ich hoffe, Balthazar weiß, was für ein Glückspilz er ist.«
    »Das würde ich ihm raten«, entgegnete ich, und Mum und Dad lachten.
    Ich wusste, dass die beiden mich am liebsten nach unten begleitet hätten, aber zu meiner Erleichterung ließen sie es sein. Das wäre auch ein bisschen viel an Aufsicht gewesen. Außerdem wollte ich gerne einige Augenblicke nur für mich haben, während ich, den Saum meines Kleides in einer Hand und zitternd, die Treppe hinabstieg. All das gab mir die Chance, mich selbst davon zu überzeugen, dass das alles kein Traum war.
    Von unten drang Gelächter zu mir herauf, Gesprächsfetzen und leise Musikfetzen. Der Ball hatte bereits begonnen, und ich würde zu spät kommen. Wenn ich Glück hatte, lag Patrice richtig damit, wenn sie sagte, es sei ganz gut, die Jungs ein bisschen warten zu lassen.
    In der gleichen Sekunde, in der ich am Fuß der Treppe ankam und die kerzenerleuchtete Halle betrat, drehte sich Balthazar um, als ob er mein Kommen irgendwie gespürt hätte. Ein einziger Blick in seine Augen und die Art, wie er mich anstarrte, verrieten mir, dass Patrice tatsächlich recht gehabt hatte.
    »Bianca«, sagte er, als ich näher kam. »Du siehst toll aus.«
    »Du ebenfalls.« Balthazar trug einen Smoking im klassischen Stil, so wie ihn Cary Grant in den 1940ern angezogen hätte. Aber egal wie großartig er auch aussah, ich musste doch an ihm vorbei in die Halle spähen und seufzte: »O mein Gott.«
    Die Halle war mit Efeu geschmückt und von großen, weißen Kerzen erleuchtet, die man vor alten, handgehämmerten Bronzeplatten aufgestellt hatte, welche den Schein zurückwarfen. Auf einem kleinen Podest in der Ecke befand sich die Band, aber nicht eine Gruppe Rock’n’Roller in Jeans und T-Shirts, sondern richtige Musiker, die einen Walzer spielten, in Smokings, die sogar noch formeller aussahen als der von Balthazar. Dutzende von Pärchen tanzten in einem vollkommenen Muster, sodass die Szene aussah wie auf einem zweihundert Jahre alten Gemälde. Einige der neuen Schüler standen an die Wand gelehnt da. Diese Jungs trugen Anzüge, die bequem oder cool sein sollten, und die Mädchen kurze Kleider. Sie alle schienen genau zu wissen, dass sie die Veranstaltung falsch eingeschätzt hatten.
    »Mir ist gerade erst aufgegangen, dass ich das vorher hätte fragen sollen: Kannst du Walzer tanzen?« Balthazar bot mir seinen Arm an.
    Ich nahm ihn und antwortete: »Ja. Na ja, so leidlich. Meine Eltern haben mir die ganzen alten Tänze beigebracht, aber ich habe sie noch

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