Everybodys Darling, Everybodys Depp
hinlegen, sei nicht böse ...«
Mit diesem Haken hoppelt er ungeschoren davon. Seine wundersamen Migräneanfälle kennen Sie schon. Wenn er seine Ruhe nicht bekommt, können sie Tage dauern. Also werden Sie den Druckereibesuch morgen wohl in Ihren übervollen Terminkalender quetschen müssen.
Die Strategie
Demonstratives Leiden erfüllt bestens den Zweck, beim anderen Mitleid zu wecken. Jemandem, der in einem so jämmerlichen Zustand ist und diesen auch noch heroisch erträgt, kann man doch nicht noch weitere unangenehme Sachen aufladen, oder? |193| Rücksichtnahme und Vertagen des Themas sind das Mindeste, was jetzt von Ihnen erwartet wird. Wenn diese Taktik oft genug angewendet wird, erledigt sich alles Unangenehme irgendwie von selbst.
Abwehr
Zeigen Sie Mitgefühl für das schwere Los des tapferen Märtyrers.
Sprechen Sie Ihr Thema trotzdem beharrlich an, immer wieder Verständnis für die traurige Lage des anderen demonstrierend.
Drücken Sie Ihre Neugier aus, auf welche Weise der andere es hinkriegen wird, sein Versprechen zu halten und seiner Verantwortung gerecht zu werden. Aber kommunizieren Sie deutlich, dass Sie genau das erwarten, schweres Los hin oder her.
Wenn alles nichts hilft: Glauben Sie ihm vorgeblich all seine Leiden und Schwierigkeiten, nehmen Sie sie ernst, und zeigen Sie Hilfsbereitschaft, das Problem für den anderen zu lösen. Vereinbaren Sie einen Termin für ihn bei einem Kopf- und Magenspezialisten, bieten Sie an, seinen tyrannischen Chef anzurufen oder sich für ihn bei seinen faulen Kollegen zu beschweren. Die Wirkung: Der andere muss damit rechnen, dass sich aus seinem Bluff für ihn Handlungskonsequenzen ergeben, die er nie gewollt hat.
(Natürlich könnte man das auch als einen manipulativen Ansatz sehen – aber eigentlich zeigen Sie dem anderen dadurch, dass er für seine Handlungen die Konsequenzen tragen muss und vorgetäuschtes Leiden ihn nicht davor bewahrt. Er kann also entweder die Folgen seines Bluffs in Kauf nehmen oder sich seiner Verantwortung stellen.)
|194| Der charmante Schmeichler
Häsin Heike hoppelt die letzten Schritte zu Ihrer Wohnung hinauf und klingelt an Ihrer Tür. Als Sie öffnen, säuselt sie:
»Toll, dich zu sehen. Ich freue mich schon so auf unser Klassentreffen!« Sie schleudert ihre Schuhe von den Füßen und wirft sich auf Ihr Sofa. »Wer wohl alles kommen wird? Und ob sie sich sehr verändert haben, was meinst Du?«
Sie haken gleich ein. »Wer kommen wird, wirst du als Erste erfahren, meine Liebe. Du wolltest ja dieses Mal die Organisation übernehmen. Hier, das sind die alten Adressen und Namen, die ich noch vom letzten Treffen habe. Du musst sie aber noch prüfen. Und kümmere dich auch um die Reservierung in einem ...«
Häsin Heike ist fluchtbereit: »Das Lokal, das du ausgesucht hattest, war Spitzenklasse, das fanden alle. So eine tolle Location würde ich niemals finden. Für sowas hast du einfach das bessere Händchen. Und erst deine Ansprache! Das muss man erst mal hinkriegen. Ich würde nur jämmerlich herumstottern. Aber du mit deinem Esprit und deiner Eloquenz. Und wie hast du noch mal die Adressen herausgefunden? Ich würde sicher einen fürchterlichen Schlamassel beim Organisieren anrichten.«
Geschmeichelt blicken Sie in Heikes erwartungsvolles Gesicht. »Stimmt, das mit den Adressen hat super geklappt. Vielleicht ist es wirklich besser, wenn ich mich um diesen Teil kümmere. Dann werden alle rechtzeitig informiert. Du könntest dir ja die Ansprache überlegen.«
Einen Haken braucht es noch, damit die Flucht vollständig glückt: »Ja, klar. Aber ich bin derartig unbegabt für so was. Sag mal, kann ich deine Rede vom letzten Mal haben? Wenn ich die ein bisschen umbastele – das merkt doch keiner. Ich bin leider eine völlige Niete, nicht so ein Ass wie du.«
»Na gut, wenn es dir so schwer fällt. Ich hätte sogar schon ein paar Ideen. Lass mal, ich mach das schon.«
|195| Zufrieden trinkt Häsin Heike einen Schluck Prosecco und blickt Sie hemmungslos bewundernd an. Komisch, wieso ist wieder einmal alles an Ihnen hängen geblieben?
Die Strategie
Die charmanten Schmeichler nutzen eine uralte menschliche Erkenntnis: Es gibt wenige Menschen, die nicht gerne etwas Positives über sich hören und sich von Komplimenten und Schmeicheleien nicht einlullen ließen. Selbst wenn die sehr dick aufgetragen werden, möchten wir sie zu gerne glauben. Wenn der Schmeichler zudem seine eigenen Fähigkeiten herabsetzt, strahlt unser Licht
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