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Evies Garten (German Edition)

Evies Garten (German Edition)

Titel: Evies Garten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.L. Going
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Mitternacht. Die ganze Stadt ist auf und sucht euch beide. Und – wo steckt dein Freund?«
    Evie zögerte. »Alex?«, fragte sie schließlich. »Er … er ist nicht hier.«
    Die Frau holte scharf Luft. »So etwas solltest du nicht sagen, Kind«, ermahnte sie Evie. »Wir wollen nicht über die Toten reden. Wir suchen nach den Lebenden. Wo ist Adam?«
    Evie war, als würden ihre Knie gleich nachgeben. »Ich … ich weiß nicht, was Sie meinen«, brachte sie mühsam heraus. »Ich will zu meinem Vater.«
    Die Frau kam näher. Sie nahm ihren Mantel ab und legte ihn fürsorglich um Evies Schultern. »Du siehst elend aus«, stellte sie freundlich fest. »Du bist sicher fast erfroren, so ganz ohne Mantel bei diesem Wetter.« Sie wandte sich dem Mann zu. »Burt, ich bringe sie ins Haus.«
    »In Ordnung«, sagte Burt, doch dann wandte er sich noch einmal an Evie. »Bist du sicher, dass du nicht weißt, wo der Junge sein könnte? Seine Eltern haben schon einen Sohn verloren, weißt du. Sie waren sogar Zwillinge … Jetzt haben sie nur noch diesen Sohn. Habt ihr miteinander gespielt, als ihr euch verlaufen habt?«
    Evies Magen krampfte sich zusammen, doch sie nickte zögernd. »Wir … wir haben uns aus den Augen verloren«, sagte sie, weil ihr keine andere Antwort einfiel. In Wahrheit konnte sie nicht einmal mehr klar denken. Zwei Söhne? Zwillinge?
    Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.
    Alex, der auf sein Haus zugerannt war und jemanden gesucht hatte … die beiden Porträts an der Wand … das zweite Fahrrad, das genauso groß war wie seins …
    Die Frau ging mit Evie geradeaus.
    »Ich werde weiter nach ihm suchen«, sagte Burt. »Wenigstens haben wir das Mädchen gefunden.«
    Evies Füße folgten der Frau automatisch. Die Frau orientierte sich an einer leuchtend gelben Schnur, die von einem Baum zum nächsten führte.
    »Wir wollten hier draußen nicht im Kreis herumlaufen«, erklärte sie. »Das kann leicht passieren. Die alte Plantage verschluckt einen, wenn man nicht aufpasst.« Sie lachte, doch Evie war nicht zum Lachen zumute.
    Hat der Apfelgarten Alex verschluckt? Oder war er in Wirklichkeit Adam?
    Sie dachte an die Gestalt, die sie an dem Tag, an dem Vater und sie in Beaumont angekommen waren, am Grab gesehen hatte. Diese stille, traurige Gestalt. Dann erinnerte sie sich an den Tag, an dem sie selbst an Moms Grab gestanden hatte und nur noch dahin wollte, wo ihre Mutter war.
    Es gab nur einen einzigen Grund, aus dem sie froh war, nicht in der verzauberten Welt geblieben zu sein.
    Vater , dachte sie. Ich will zu dir .

Die Heimkehr
    Das alte Haus war hell erleuchtet. Evie hielt den Blick auf das goldene Licht in den Fenstern gerichtet und zwang ihre müden Beine, noch ein paar Schritte zu gehen. Es kostete sie ihre gesamte Kraft, bis zur Veranda zu gehen. Im Haus ertönten Stimmen, und plötzlich machte Vater die Tür auf.
    Für einen Augenblick war sie nicht sicher, ob er sie überhaupt vermisst hatte, doch dann sprang er mit einem Satz über das Geländer und gleich darauf lag sie in seinen Armen.
    »Evie«, sagte er mit zitternder Stimme, »ich kann dir gar nicht sagen, wie viel Angst ich um dich hatte. Ich dachte schon, ich hätte dich verloren.«
    Vater hielt sie so fest, dass sie kaum atmen konnte, und sie musste daran denken, dass das Abenteuer fast ganz anders ausgegangen wäre. Dann hätte ihr Vater die ganze Nacht auf sie gewartet. Er hätte jede Nacht auf sie gewartet …
    »Burt und ich haben sie draußen auf der Plantage gefunden«, sagte die Frau, die Evie gebracht hatte. »Ich habe ihr meinen Mantel gegeben, weil sie halb erfroren ist.«
    »Danke«, sagte Vater nur. »Vielen, vielen Dank.«
    Er trug Evie die Verandastufen hinauf ins Haus. Fremde Leute jubelten, als Vater mit ihr auftauchte.
    »Jetzt fehlt nur noch einer!«, rief jemand, und wieder brachen alle in Jubel aus. Evie schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter. Vater nahm ihr den Mantel ab und gab ihn der Frau zurück.
    »Ich geh jetzt nach Hause«, sagte sie. »Burt ist noch draußen und sucht das andere Kind, aber mir tun die Knochen weh. Es wird immer kälter. Ich würde ja gern noch länger bleiben, aber es ist schon spät.«
    »Selbstverständlich, selbstverständlich«, murmelte Vater. Er trug Evie ins Wohnzimmer und legte sie auf ein weiches Lager aus Decken, das er auf der Couch vor dem Kamin gemacht hatte. Das Feuer brannte hell. Evie sah sich im Zimmer um. Alles war wie vorher. Sogar die Grünlilie in der Ecke

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