Evies Garten (German Edition)
telefonieren, wobei seine Stimme jedes Mal ganz sanft wurde, wenn er unzählige Male wiederholte: »Es tut mir leid, Mr Cordez.«
Das schlechte Gewissen lag ihr wie ein Stein im Bauch. Warum hatte sie nicht einmal versucht , Adam zur Rückkehr zu überreden?
Evie starrte in den offenen Kamin, in dem sich die trübe Stimmung gesammelt zu haben schien. Sie wartete darauf, mit Maggie reden zu können, doch ständig waren andere Leute um sie herum. Sie kamen von draußen ins Wohnzimmer und setzten sich an das wärmende Kaminfeuer. Solange sie da waren, döste Maggie still in ihrem Schaukelstuhl. Einmal schlief Evie sogar für ein paar Minuten ein, und als sie wieder aufwachte, hörte sie, wie sich zwei der Suchhelfer flüsternd vor dem Kaminsims unterhielten.
»Noch seltsamer ist, dass Maggies Schwester auch Eva hieß. Ich habe im Newsletter des Geschichtsvereins etwas über die Familie gelesen. Ich stolperte darüber, als ich im Archiv gearbeitet habe. Der Umzug von Joseph Clayton in die Stadt wurde damals regelrecht gefeiert. Die Gemeinde hat seine Sammlung an historischen Kunstgegenständen sogar in der Stadtbücherei ausgestellt.«
»Hmm. Glaubst du, er hat sie umgebracht?«
»Ach nein. Ich glaube, es war Rodney.«
»Rodney? Aber der war doch damals noch ein halbes Kind!«
»Nun, es kann auch ein Unfall gewesen sein.«
»Als Nächstes behauptest du noch, die Kleine hier hätte den Jungen umgebracht.«
»Auf keinen Fall! Sein Tod wäre mit Sicherheit dem Fluch zuzuschreiben. Du weißt doch, dass ich neulich gesehen habe, wie eine schwarze Katze in der Plantage verschwunden ist … Ich gäbe tausend Dollar, um herauszufinden, was das Mädchen gesehen hat. Ich wette, das Gespenst hat den Jungen erwischt. Ihr Vater hat sich an den Bäumen zu schaffen gemacht, und wenn du mich fragst, dann ist der Junge deshalb verschwunden.«
»Hmm, ja. Simon hat ja versucht, ihn zu warnen, aber manche Leute können es einfach nicht lassen. Glaubst du vielleicht … Warte, ich glaube, sie wacht auf.«
Die Stimmen verstummten, und Evie tat so, als würde sie sich nur im Schlaf bewegen. Doch danach sagte keiner mehr ein Wort, bis jemand verkündete, dass es Zeit sei, nach Hause zu gehen.
»Es ist schon nach zwei Uhr morgens, wisst ihr. Ich glaube nicht, dass sie ihn noch finden werden. Das wäre dann schon die zweite Person, die spurlos verschwindet.«
Evie lauschte den Schritten auf dem Holzboden und dem Klappen der Haustür, die aufgemacht und wieder geschlossen wurde. Als es still war im Haus, öffnete Evie die Augen und setzte sich zögernd auf.
Maggie sah sie an. »Ich dachte schon, sie würden hier Wurzeln schlagen«, sagte sie.
Es war gut alles zu beichten. Evie erzählte Maggie die ganze Geschichte flüsternd vor dem flackernden Kaminfeuer, und Maggie saß im Schaukelstuhl und hörte zu. Sie sagte nicht viel, aber manchmal nickte sie und manchmal starrte sie in die Ferne und machte leise hmmm . Als Evie mit ihrem Bericht fertig war, lehnte Maggie sich zurück.
»Was für eine Geschichte«, sagte sie. »Sogar nach all den Jahren fällt es mir immer noch schwer zu glauben, dass diese Saatkörner irgendwelche magischen Kräfte haben, aber …« Sie legte die Fingerkuppen aneinander, sodass sich die Fingerspitzen berührten. »Es gibt Kräfte im Universum, von denen wir nichts wissen, mein Liebes. Da bin ich mir sicher.«
Sie sah Evie fragend an. »Ich wette, jetzt vermisst du deine Mutter sogar noch mehr als vorher«, sagte sie. »Wie schwer muss es dir gefallen sein zurückzukommen!«
Evie nickte und dachte an die schattigen Umrisse ihrer Mutter, die durch das Licht hindurch die Arme nach ihr ausgestreckt hatte. Bei der Erinnerung tat ihr alles weh, so als würde die Sehnsucht jeden Muskel ihres Körpers anstrengen und den Magen zusammendrücken.
»Ich vermisse sie wirklich furchtbar«, sagte Evie. »Und ich denke schon die ganze Nacht darüber nach, aber ich glaube, dass sie nicht mitkommen wollte.«
»Was meinst du damit?«, fragte Maggie.
Evie zögerte. »Als Adam versucht hat, Ihre Schwester zurückzuholen, merkte ich, dass Eva das gar nicht wollte – so als wäre der Ort, an dem sie ist, gar nicht so schlecht. Vielleicht ist es bei Mom auch so. Ich weiß zwar, dass sie sich gefreut hat, mich zu sehen, und sie hat auch gesagt, dass sie mich lieb hat und all so was, aber sie ist erst zurückgekommen, als ich sie wirklich gebraucht habe – und auch dann nur für eine Minute.«
»Das war sehr klug von
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