Evies Garten (German Edition)
Adam und Alex«, sagte die Polizistin. »Alex ist vor fast zwei Wochen nach langer Krankheit gestorben.«
Evie schüttelte den Kopf. »Aber warum sollte er … Adam … nicht sagen, wer er wirklich ist?«
Maggie seufzte in ihrem Schaukelstuhl. »Das ist eine komplizierte Frage, Eva. Manchmal wünschen wir uns, derjenige zu sein, der gestorben ist, weil es so wehtut, einen Menschen zu verlieren, den wir lieb haben. Und manchmal glauben wir, eigentlich hätten wir an seiner Stelle sterben sollen.«
Vater, der neben Evie auf der Couch saß, nickte. »Maggie hat recht«, sagte er. »Ich wünsche mir oft, anstelle deiner Mutter gestorben zu sein.« Evie sah hastig auf, doch Vater zuckte nur mit den Schultern. »Sie konnte so viel … viel besser … mit dem Leben umgehen als ich. Ich weiß, sie hätte alles richtig gemacht … ich meine, was dich angeht. Aber wir können nun mal nicht immer selbst bestimmen, was geschieht.«
Evie kuschelte sich in die Decken auf der Couch. Sie wollte einfach nur die Augen zumachen und in einer Welt aufwachen, in der das alles nicht passiert war. Doch die Polizeibeamtin beugte sich schon wieder vor, um sie noch etwas zu fragen.
»Wann und wo hast du Adam das letzte Mal gesehen?«
Evie überlegte krampfhaft, was sie darauf antworten könnte. Die Wahrheit würde sowieso keiner glauben. Warum sollte sie sie also erzählen? Selbst wenn der Baum nicht verschwunden wäre, war sie nicht sicher, ob Alex … oder Adam … wirklich zurückkommen wollte.
Dann fiel ihr wieder ein, wie ihr Vater über das Verandageländer gesprungen war und wie Adams Mutter in ihrem Schaukelstuhl saß und verzweifelt auf ihn wartete.
»Wir haben mitten im Apfelgarten unter einem Baum gespielt«, sagte sie schließlich. »Danach sind wir in die Stadt gegangen, und das war das letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe.«
Die Polizistin machte sich eine Notiz auf ihrem Schreibblock. Die nächste Frage stellte sie ganz vorsichtig. »Wirkte er so, als wolle er sich etwas antun?«
»Nein.«
»Glaubst du, er war bei klarem Verstand? Vielleicht hatte er irgendein Medikament genommen oder …«
Evie dachte an all ihre Begegnungen mit Adam, bevor sie den Apfel gegessen hatten.
»Er schien okay zu sein«, sagte sie nachdenklich. »Ich wünschte, ich hätte das mit Alex gewusst. Dann hätte ich ihn mehr ausgefragt oder vielleicht etwas anders gemacht …«
Sie sah Vater an.
»Es ist schon in Ordnung, Evie«, sagte er. »Du hättest nichts anders machen können.«
Im Stillen fragte sich Evie, was er sagen würde, wenn er die Wahrheit wüsste.
Vater stand auf und lief unruhig auf und ab. »Ich möchte nach draußen und den Jungen suchen.«
Die Polizistin hörte auf zu schreiben.
»Sie hatten mich gebeten hierzubleiben, für den Fall, dass Evie anrufen oder nach Hause kommen sollte«, erklärte Vater ihr. »Hier herumsitzen war zwar das Letzte, was ich tun wollte, aber es war vernünftig. Und deswegen bin ich hiergeblieben. Aber jetzt ist Evie in Sicherheit und der Junge ist es nicht. Seine Eltern hocken genauso unruhig zu Hause, und das ist ein Gefühl, das niemand durchmachen sollte. Und ich kenne die Plantage besser als sonst jemand.«
»Vater, tu es nicht!«, platzte Evie heraus, doch ihr Vater strich ihr nur sanft über den Arm.
»Evie, wenn der Junge sich verlaufen hat oder von zu Hause weggerannt ist, dann kann ich ihn vielleicht da draußen finden. Maggie wird bei dir bleiben, bis ich wieder zurück bin.«
Maggie nickte. »Mach dir keine Sorgen«, sagte sie, als Vater seine Jacke und seine Mütze mit den Ohrenschützern holte, doch Evie wusste, dass es sinnlos war.
»Hier ist meine Karte, Eva«, sagte die Polizeibeamtin. »Darauf findest du auch die Telefonnummer der Polizeiwache, und hier ist meine Handynummer. Wir werden weitersuchen, bis wir Adam gefunden haben, aber falls dir noch etwas Wichtiges einfällt, kannst du mich jederzeit erreichen.«
Vater gab Evie einen Kuss auf den Kopf.
»Ich werde im Nu wieder da sein – noch bevor du schläfst«, sagte er, doch obwohl Evie hundemüde war, wusste sie genau, dass sie nicht schlafen konnte, ehe er wieder zu Hause war.
Puzzlestücke
Eine Zeit lang wimmelte es im Haus noch von Leuten des Suchtrupps, die ständig rein- und rausgingen. Draußen auf dem Flur waren Stimmen zu hören und das Telefon klingelte ununterbrochen. Ein Mann, den Evie nicht kannte, hatte den Telefondienst übernommen, und Evie hörte ihn dreimal mit Adams Vater
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