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Evies Garten (German Edition)

Evies Garten (German Edition)

Titel: Evies Garten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.L. Going
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schließlich. »Sie klingt wie eine von Moms Geschichten, und ich kann dir auch nicht sagen, warum sie wahr ist, weil ich es selber nicht weiß. Aber sie ist trotzdem wahr.«
    Vater zeichnete mit der Schuhspitze Linien in den Schnee. Dann hielt er inne. »Weißt du, was die letzten Worte deiner Mutter waren, bevor sie starb?«
    Evie schüttelte den Kopf.
    »Sie hat gesagt, dass sie mich liebt und dass sie weiß, dass ich mich gut um dich kümmern werde. Und dann hielt sie meine Hand, und als sie ihren letzten Atemzug tat, sagte sie noch einen Satz.«
    Kein Muskel in Evies Körper rührte sich.
    »Was hat sie gesagt?«, fragte sie, auch wenn sie kaum atmen konnte.
    Vater sah ihr in die Augen.
    »Du musst glauben.«

Der verborgene Schatz
    »Es fing alles mit dem Saatkorn an …«
    Evie erzählte die ganze Geschichte langsam und sorgfältig und ließ keine der kleinen Einzelheiten aus, nach denen Vater fragen würde. Sie redete, während sie wieder ins Haus gingen, sich aus ihren Jacken und Pullovern schälten und auf der Couch saßen, um sich vor dem Feuer aufzuwärmen. In der Zwischenzeit hatte Maggie Tee gekocht.
    Vater hörte mit gerunzelter Stirn, aber aufmerksam zu. Er unterbrach Evie nicht einziges Mal. Hin und wieder machte Maggie eine Bemerkung, doch die meiste Zeit über erzählte Evie einfach. Sie versuchte, sich an alles zu erinnern, was wichtig sein konnte. Es war, als würde sie Vater eine Geschichte erzählen, so wie Mom ihr vor dem Schlafengehen Geschichten erzählt hatte.
    Als sie fertig war, schwieg ihr Vater und starrte nachdenklich in seinen Teebecher. Nach einer Weile begann er vor dem Kamin auf und ab zu gehen. Maggie und Evie beobachteten ihn schweigend.
    »Evie«, begann er schließlich, »du weißt, dass ich praktisch denke. Ich glaube das, was ich mit eigenen Augen sehe, und es fällt mir schwer zu glauben, dass irgendwas von dem, was du mir gerade erzählt hast, wahr sein könnte.«
    Evie warf Maggie einen Blick zu und spürte schon, wie die Enttäuschung in ihr hochstieg.
    »Aber ich will dir ein Geheimnis verraten, das ich noch nicht einmal deiner Mutter erzählt habe«, fuhr er fort.
    Evie sah auf. »Was denn?«
    Vater holte tief Luft. »Ich war immer ein bisschen neidisch auf euch beide, weil ihr euch jeden Abend Geschichten erzählt habt. Wenn ich von der Plantage ins Haus kam, hast du auf dem Schoß deiner Mutter gesessen, und vor euch lag ein aufgeschlagenes Buch auf dem Bett. ›Wenn du an Feen glaubst, dann klatsch in die Hände‹, sagte deine Mutter immer, und dann habt ihr mit leuchtenden Augen in die Hände geklatscht … Manchmal stand ich im Türrahmen und habe euch dabei zugesehen und mir gewünscht, ich könnte mitmachen.«
    »Das hättest du doch!«, rief Evie. »Wir wollten dich doch dabeihaben …«
    Vater nickte. »Du hast ja recht«, sagte er. »Ich hätte mitspielen sollen. Ich weiß auch nicht, warum ich es nicht getan habe. Aber eines kann ich dir sagen: Denselben Fehler mache ich nicht noch einmal. Wenn du ein Saatkorn brauchst, um Adam wiederzufinden und nach Hause zu bringen, dann werden wir dieses Saatkorn finden – so wahr mir Gott helfe.«
    Maggie erhob sich aus dem Schaukelstuhl und klatschte in die Hände. »Bravo!«, rief sie, und Evie schlang die Arme um Vaters Taille. Ehe sie sich’s versah, hob er sie hoch und schwang sie sich über die Schultern, wie er es getan hatte, als sie noch klein gewesen war.
    »Wenn wir das Ding schon suchen, können wir ebenso gut oben anfangen.« Vater trug sie alle Treppenstufen hinauf bis unters Dach. Glucksend setzte er sie wieder ab.
    »Ich wette, du hast gedacht, das könnte ich nicht mehr«, sagte er. Evie war zwar nicht sicher, was er damit meinte – dass er sie auf den Schultern getragen hatte oder dass er mit ihr lachte –, aber beides war ein gutes Gefühl.
    Vater zog die kleine Leiter herunter, und Evie kletterte hinauf. An den Wänden standen staubige Regale, und es gab hier oben nur ein kleines Fenster, durch das ein wenig Tageslicht in den Raum fiel. Maggie hatte ein paar Taschenlampen mitgebracht, was eine gute Idee war, denn mittlerweile schneite es so heftig, dass das Fenster fast zugeschneit war.
    »Das Wetter wird richtig ungemütlich«, sagte Vater und schaute hinaus.
    Evie warf Maggie einen Blick zu.
    »Lasst uns gleich starten«, schlug Maggie vor. »Warum fangen wir nicht hier in dieser Ecke an? Wenn wir einen Karton durchsucht haben, stellen wir ihn beiseite. So übersehen wir nichts und

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