Evies Garten (German Edition)
ihr«, sagte Maggie. Dann schüttelte sie den Kopf. »Armer Adam«, murmelte sie. »Ich weiß zwar nicht, wo genau ihr beide gewesen seid, aber ich weiß, dass er da, wo er jetzt ist, nicht bleiben kann.«
Evie fiel etwas ein.
»Haben Sie nicht gesagt, es seien drei Saatkörner gewesen? Hat Rodney Ihnen auch das dritte gegeben?«
»Nein«, sagte Maggie mit gerunzelter Stirn. »Aber du hast recht – das dritte Saatkorn muss noch irgendwo sein.«
Evie ließ sich in die Sofakissen fallen. »Was ist, wenn wir Adam nie mehr zurückholen können?«
»Nicht wir , Eva«, sagte Maggie und zog eine Augenbraue hoch, genau wie früher Mom. » Du . Ich habe zwar nicht viel Ahnung davon, aber ich weiß, dass diese Saatkörner nicht auf jeden reagieren. Die Zauberkräfte, die in ihnen stecken, sind offensichtlich für dich bestimmt.«
»Sind Sie sicher?«, fragte Evie. »Haben Sie es je versucht?«
Maggie nickte. »Rodney hat mich mindestens ein Dutzend Mal darum gebeten, die Saatkörner einzusetzen«, sagte sie. »Ich kann mich daran erinnern, dass er ein- oder zweimal sogar meine Freunde gefragt hat. Irgendwann haben die Leute ihre Kinder von meinem Bruder ferngehalten.« Sie kratzte sich nachdenklich am Kinn. »Rodney ist mal mit einer Eva ausgegangen, aber die Saatkörner wirken bei Erwachsenen nicht, selbst wenn sie Adam oder Eva heißen. Ein Erwachsener könnte nicht so fest daran glauben wie ein Kind …«
»Mir wäre lieber, ich hätte nicht daran geglaubt«, sagte Evie, doch Maggie lächelte freundlich.
»Aber wenn du nicht daran geglaubt hättest, dann wäre die Apfelplantage wohl kaum wieder zum Leben erwacht.«
»Die Apfelplantage?«, fragte Evie. »Was hat die denn damit zu tun?«
Maggie beugte sich vor. »Denk mal nach, Eva«, sagte sie. »Wenn das, was du gesagt hast, wahr ist …« Sie hielt inne. »Weißt du noch, dass du mir erzählt hast, du hast ganz deutlich einen Strom von Leben gefühlt? Dieses Leben muss doch von irgendwoher kommen. Warum wären die Bäume sonst vor all den Jahren abgestorben?«
Evie dachte daran, wie sich Vater täglich abmühte, die Bäume wieder zum Wachsen zu bringen.
»Ach, Maggie«, sagte sie leise, als sie den Zusammenhang begriff. »Sie haben ja recht. Sicher ist das der Grund, warum es hier so kalt und grau ist. Eva hat alles Leben in ihre eigene Welt mitgenommen, und jetzt wird Adam das Gleiche tun. Er wird alles Leben aus Beaumont abziehen. Ich hätte schon früher an all die Menschen in der Stadt denken sollen. Aber ich habe nur an meine Mutter gedacht. Es ist alles meine Schuld.«
Maggie stand auf und setzte sich neben Evie auf die Couch.
»Nein«, sagte sie ruhig, »ist es nicht. Und auch meine Schwester trifft keine Schuld, vielleicht hat auch sie nur nach ihrer Mom gesucht. Trauer und Schmerz können uns blind machen für alles außer dem, was wir sehen wollen. Die einzige Frage ist jetzt, wie wir ihn wieder nach Hause holen können.«
»Was ist, wenn es dafür zu spät ist?«
Diesmal lachte Maggie müde. »Eva«, sagte sie, »wenn du mal so alt bist wie ich, dann wirst du im Leben eines gelernt haben: Es gibt fast immer einen Weg, etwas zu erreichen. Man muss nur scharf nachdenken und darf sich nicht mit einem Nein zufriedengeben. Wir müssen nur herausfinden, wo mein Bruder das dritte Saatkorn hingetan hat.«
»Sie glauben mir also?«, fragte Evie.
Maggie seufzte. »Ich habe Rodney nie wirklich zugehört. Ich habe meine Schwester nie gekannt, und deshalb fiel es mir schwer, seine Trauer nachzuvollziehen. Als er mir erzählte, wie sie verschwunden war, sagte ich immer nur: ›Es reicht, es reicht!‹, weil ich es schon so oft gehört hatte … Aber jetzt, nachdem du es mir erzählt hast, ist es, als hätte ich es zum ersten Mal richtig gehört. Ja, doch«, sagte sie und nickte, »jetzt glaube ich es endlich.«
Evie biss sich auf die Unterlippe. »Ich wünschte, mein Vater würde mir auch glauben. Er würde das Saatkorn sicher im Nu finden, aber er mag keine Geschichten.«
»Aber es ist ja auch keine Geschichte, nicht wahr?«, bemerkte Maggie. »Es ist wahr.«
Evie schüttelte den Kopf. »Mein Vater wird denken, dass ich mir das alles nur ausgedacht habe, weil ich mir wünsche, dass es so ist.«
Maggie ließ die Stille, die zwischen ihnen in der Luft hing, zu.
Dann tätschelte sie Evies Knie. »Leute ändern sich«, sagte sie schließlich. »Dein Vater ist praktisch veranlagt, aber er glaubt an dich , dessen bin ich mir sicher. Früher oder
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