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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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könnte also Silverhielm erklären, dass diese letzten Tage des Schuljahrs die schlimmsten in seinem ganzen erbärmlichen Leben werden würden.
    Nein, verdammt, das ging nicht. Abgesehen davon, dass die Wirkung einer so weit im voraus abgegebenen Drohung ihre klaren Grenzen hätte, würden Blinkfeuer und Silverhielm einen Monat vor Ende des eigentlichen Schuljahrs ihr Abitur machen. Und danach würden sie verschwinden.
    Und wenn man sich rächte, indem man sich nachts in Silverhielms Zimmer schlich und … in der Dunkelheit, unerkannt, wie damals mit dem gelben Plastikeimer. Wenn man das mit dem gelben Plastikeimer wiederholte?
    Dann würde schon am nächsten Tag Pierre den Preis bezahlen.
    Und wenn man es dann wieder machte?
    Dann würden sie Pierre wieder quälen, sie waren zwölf Ratis und hatten die ganze, immer hilfsbereite Abiklasse. Es wäre unmöglich, sich Nacht für Nacht hinauszuschleichen, ohne am Ende doch entdeckt zu werden, genauso gut könnte er gleich am helllichten Tag zurückschlagen.
    Und wenn er zum Fach ginge und sagte, okay, ich ergebe mich, bestellt dem Rat, sobald Pierre nicht mehr schikaniert wird, werde ich meinerseits jedem Befehl gehorchen .
    Und wenn sie dann Pierre immer noch quälten?
    Nein, warum sollten sie, damit könnten sie Erik gegenüber nichts gewinnen, dann wäre nur sonnenklar, wie Erik sich ihren Befehlen gegenüber verhalten würde.
    Das Logischste war dennoch, davon auszugehen, dass die Abmachung funktionieren würde. Und wenn nicht, hätte man wenigstens den Versuch gemacht.
    Also sollte es so geschehen. Alles andere wäre nur noch unmoralischer.
    Es war sein längster Sonntagsarrest aller Zeiten. Er schlug kein einziges Buch auf. Aber wie er das Problem auch drehte und wendete, das Ergebnis war immer dasselbe. Er musste aufgeben. Es gab Situationen, in denen es richtig war aufzugeben, sogar, wenn man es mit Leuten wie dem Rat zu tun hatte.
    In gewisser Weise fühlte er sich erleichtert, als der Dienst habende Rati mit dem Schlüsselbund klirrte und die Tür öffnete. Erik lief in ihr Zimmer, um Pierre zu erzählen, dass ihn nichts mehr von seinem Entschluss abbringen könne.
    »Pierre«, sagte er, als er die Tür aufriss, »ich hab mich entschieden .«
    Dann blieb er wie versteinert stehen.
    Das Zimmer sah kalt und leer aus. Pierres Bücherregal war fast kahl und seine Sachen waren vom Schreibtisch verschwunden.
    Erik riss die Tür des Kleiderschranks auf. Pierres Kleider waren verschwunden. Von Pierres Habseligkeiten war nur noch der Hockeyschläger übrig.
    Auf dem Schreibtisch lag ein weißer Briefumschlag. »An Erik« stand in Pierres ordentlicher Schrift darauf.
    Er setzte sich mit dem Brief in der Hand aufs Bett. Es konnte nicht sein, es durfte nicht sein. Aber der Brief glühte in seiner Hand, er musste ihn öffnen und sich bestätigen lassen, was dem Zimmer schon anzusehen war. Pierre war verschwunden. Diese Ärsche hatten Pierre verjagt.

Lieber Erik.
    Wenn du das liest, befinde ich mich wahrscheinlich irgendwo über Deutschland. Ich konnte es nicht mehr ertragen. Ich werde auf einer Schule in Genf anfangen, die College Commercial heißt, da werde ich mein Leben wohl wirklich mit Zahlen und Geschäften verbringen.
    Du darfst mich nicht für feige halten. Ich habe es versucht, solange ich konnte.
    Es gibt so viel, was ich noch sagen möchte, aber ich schaffe das jetzt nicht mehr, denn bald kommt das Taxi. Eins sollst du aber immer wissen, nämlich, dass du der beste Freund bist, den ich je gehabt habe. Du kannst mir an die Adresse meines Vater in Genf schreiben. Und stell dir vor, wenn Algerien doch frei wird!
    Dein dich liebender Freund Pierre
    PS. Ich hab keinen Platz für meinen gesammelten Strindberg, also verschleiß ihn beipassender Gelegenheit!
    Er saß mit dem Brief in der Hand da und las ihn immer wieder. Dann ließ er sich langsam aufs Bett sinken und bohrte das Gesicht ins Kissen. Nichts konnte seinen Tränenstrom stoppen. Er blieb lange so liegen.
    Am späten Abend ging er hinaus, um sich das Gesicht abzukühlen und Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Das Licht war schon gelöscht, aber wenn er sich deshalb eine Strafe einfing, war es ihm egal. Der Schulhof war leer und dunkel, es fiel heftiger Schnee. Aus irgendeinem Grund ging er hinunter zum Forum, der kleinen steinernen Plattform neben der Wohnung des Rektors, die für feierliche Reden und sonstige Festivitäten benutzt wurde. Irgendwann hatte der König seinen Namen mit Kreide an die

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