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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Gegensatz des Intellektuellen. Überleg doch mal: Was ist der Unterschied zwischen dir und mir, wenn wir uns die Muskeln wegdenken? Dann ist der Unterschied, dass du weißt, auf irgendeine Weise weißt du’s einfach, wie einer wie Blinkfeuer in so einer Situation zusammenbrechen muss. Das weißt du, weil du es auf irgendeine Weise gelernt hast, du hast es von deinem verdammten Vater gelernt, du hast es in all den Jahren gelernt, in denen du andere geschlagen hast. Hast du dir das übrigens schon mal überlegt? Seit du hergekommen bist, hast du dich nur einmal geprügelt, und das war damals im Karo, ist das nicht eigentlich komisch? Seither hast du gegen keinen Menschen hier die Hand erhoben. Und trotzdem hast du dich in eine Situation gebracht, in der sie dir nichts mehr tun können. Also hast du die Dummheit und die Gewalt besiegt, ohne zu schlagen. Und warum: weil du deine Intelligenz angewendet hast. Wenn du sagst, dass es Hass war, dann muss es intelligenter Hass gewesen sein, weil du nämlich keine Gewalt angewendet hast. Es gibt also unterschiedliche Sorten von Hass.
    Nimm an, dass Blinkfeuer dich ebenso hasst wie du ihn, das ist eine nahe liegende Annahme, wir nennen den Hass x, ungefähr wie in einer Gleichung, x ist in beiden Gliedern gegeben. Der Unterschied ist, dass dein x stärker wird, weil du weißt, dass du Recht hast, während Blinkfeuer nur ein Scheißkommandant ist. So einfach ist das. Also geht es hier doch um den Sieg des Intellektuellen über die Brutalität und das Böse. Was zu beweisen war.
    Ja, ja. Ich weiß, wie du dir in Mathe deine Spitzennoten holst. »Was zu beweisen war.« Man könnte verrückt werden, weil du immer nur zur Hälfte Recht hast, trotz deiner guten Argumente. Einen Fehler hat es nämlich doch, was du gerade gesagt hast. Nehmen wir an, dass der Hass in beiden Gliedern gleich stark ist, »nennen wir ihn x«. Aber dann sagst du, der Unterschied ist, dass ich weiß, dass ich Recht habe, dass ich weiß bin und er schwarz. Das sagst du aber nur, weil du auf meiner Seite stehst. Kann Blinkfeuer nicht ebenso von seinem Standpunkt überzeugt sein wie ich? Wimmelt es auf der Welt nicht nur so von Leuten, die total schief liegen, aber absolut überzeugt von etwas sind? Glaubst du, die Nazis haben alle nur Nazi gespielt? Von Millionen Nazis müssen doch viele felsenfest davon überzeugt gewesen sein, dass sie Recht hatten, ebenso felsenfest wie wir davon überzeugt sind, dass wir Recht haben und Blinkfeuer nicht. Ergo: kann er ebenso überzeugt sein wie wir. Was zu beweisen war. Nein, lass mich ausreden, die schwierigste Frage kommt erst noch. Warum sind Leute wie Silverhielm und Blinkfeuer so, wie sie sind? Nehmen wir aus Jux mal an, sie seien genauso intelligent wie wir, mit deiner eigenen Logik könnten wir dann sagen, »wir nennen die Intelligenz y und setzen y in beide Glieder der Gleichung«. Warum, glaubst du, muss man Jungs aus der Mittelschule sengen, warum müssen sie mir das Sportverbot verpassen, warum wollen sie um jeden Preis für das Recht kämpfen, kleinen Jungen mit dem Stöpsel der Essigflasche die Kopfhaut aufzureißen, und warum nennen sie uns eigentlich Sozis? Natürlich sind wir ebenso wenig Sozis wie sie. Ach, das gehört nicht hierher, hierher gehört die Frage, warum sie es richtig finden, kleinen Jungs die Kopfhaut aufzureißen.
    Es gab darauf keine Antwort. Sogar Pierre verstummte in seinem Bett. Nach einer Weile suchten sie in der Geschichte nach neuen Anhaltspunkten. Aber Nazis hatte es eigentlich immer schon gegeben. Intelligente, gut ausgebildete, kenntnisreiche, kultivierte Nazis.
    Und wie war dieses Böse besiegt worden? Wie hätte Gandhi gegen Hitler mehr ausrichten können als die Rote Armee und General Patton?
    Der Rat würde sich nie geschlagen geben. Silverhielm und Blinkfeuer würden bis zum Abitur weitermachen, um zu gewinnen. Früher oder später würde es zu noch mehr Gewalt kommen. Die Ratis würden einen neuen Versuch machen, Erik rechnete fest damit, dass er mindestens zwei neue Goldzähne brauchen würde, ehe dieses Halbjahr zu Ende war.
    Doch er hatte sich geirrt.
    In der Klosternacht schlug der Rat hart bei den Neuen auf der Mittelschule zu, wobei es so gut wie keine Rolle spielte, ob sie besonders frech gewesen waren oder nicht. Diese Klosternacht ging als »Nacht der langen Messer« in die Schreckensgeschichte der Schule ein.
    Sie hatten alles gemacht. Sie hatten geschlagen, getreten, mit Menninge übergossen, rasiert, an die

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