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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Butterkuchen mehr essen oder in den Pausen in den Imbiss gehen statt in die Schulmensa. Sie brauchten das Geld, wenn sie ihren Zusammenhalt wahren wollten.
    Folglich schlug er in solchen Situationen nicht, um jemanden zu verletzen. Lieber eine Ohrfeige als Nasenbluten, möglicherweise ein blaues Auge. Ein blaues Auge war ziemlich effektiv. Es war leicht, einen Haken auf die Stelle zu schlagen, wo die Augenbraue endet, oder auf die Knochenkante, wo die Augenhöhle beginnt. Ein solches Brandmal verlangte nur einen Schlag und das blaue Auge würde den anderen Angst einjagen.
    Wer sich verweigerte, musste eben auch das Fürchten lernen. Wozu jedoch nicht sonderlich viel Gewalt gehörte. Ohrfeigen reichten eigentlich immer, weil es erniedrigend war, wenn man sich ohrfeigen lassen musste und sich nicht traute zurückzuschlagen, während man die ganze Zeit befürchten musste, es könnte am Ende doch noch ernsthafte Prügel setzen. Wirklich jeder, der auf den Knien liegt und weint und Ohrfeigen kassiert und verspricht zu bezahlen, trägt die Furcht wie ein großes Loch in seinem Inneren. Es gibt keinen Schmerz ohne Angst.
    Immer war die Angst das Entscheidende, das wusste Erik nur zu gut. Aus irgendeinem merkwürdigen Grund wirkten die meisten Menschen gerade in diesem Punkt absolut hilflos. Sie mochten groß und stark sein und alle Möglichkeiten zur Verteidigung besitzen, aber die Furcht lähmte sie.
    Ein Typ zwei Klassen höher trainierte seit zwei Jahren im Boxverein Adler. Er galt als verheißungsvolles Talent und in der Schule wurde er allgemein »der Boxer« genannt. Er hatte es offenbar sogar bis ins Finale der Stockholmer Juniorenmeisterschaft gebracht.
    Da der Boxer ihnen mehr Geld schuldete, als er bezahlen konnte oder wollte, waren die Folgen unvermeidlich. Und seine Klassenkameraden hatten ihn natürlich mit der Frage aufgehetzt, ob er wohl mit Leuchtturm oder Erik fertig werden könne. Das Ganze verlief ungefähr so wie die ewigen Diskussionen über die Frage, wer wohl gewinnen würde, wenn der beste Boxer und der beste Ringer der Welt aufeinander träfen. Dann kam das Gerücht in Umlauf, der Boxer wolle durchaus nicht blechen. Weshalb er Prügel beziehen musste.
    Die Clique saß im Imbiss und sprach die verschiedenen Möglichkeiten durch. Das Einfachste wäre es, den Typen zu mehreren fertig zu machen.
    Aber Erik lehnte diesen Vorschlag ab. Das würde nur zu noch mehr Gerede auf dem Schulhof führen. Alle würden immer wieder auf der Frage herumreiten, ob es feige gewesen sei, zu mehreren gegen einen anzutreten, und der Boxer würde eben doch als der eigentliche Sieger gelten, denn er hatte gegen mehrere Gegner zugleich kämpfen müssen.
    Wie faltet man einen Boxer zusammen? Eins steht jedenfalls fest: die Stärke eines Boxers ist seine Schlagtechnik. Er kann sich schützen und zurückschlagen, und er kann guten Treffern blitzschnell Schlagserien folgen lassen. Aber seine Technik ist auch seine Schwäche, denn er ist darauf trainiert, nur die Hände zu benutzen. Man kann ihn zu Boden treten. Oder man kann ihm auf den Leib rücken und ihn zu Boden drücken.
    »Okay«, sagte Erik und spritzte ein dünnes Karomuster aus Ketchup über seine fettigen Pommes frites, »du nimmst ihn dir vor, Leuchtturm. Der ist genau das Richtige für dich, du rückst ihm auf die Pelle und reißt ihn zu Boden und dann kommt deine übliche alte Nummer. Gar kein Problem.«
    »Na j aaaa, aber warum gerade ich?«, sagte Leuchtturm zögernd. »Ich halte es für besser, wenn wir ihn uns zu mehreren vorknöpfen und ein bisschen härter vorgehen als sonst. Danach ist das Gequatsche ein für alle Mal vorbei.«
    Erik seufzte und kaute eine Weile auf seiner Grillwurst herum, während die anderen schweigend abwarteten. Leuchtturm hatte Angst, diese seltsame Angst gab es sogar bei Leuchtturm, und das bei einem Gegner, den er mit Leichtigkeit schlagen konnte. Wenn Leuchtturm sich aber fürchtete, dann war der Fall entschieden, ob die anderen nun begriffen, dass er Angst hatte oder nicht. Man konnte ihn natürlich zwingen, aber wer Angst hat, verliert, und wenn Leuchtturm verprügelt würde, würde alles schwieriger werden.
    »Okay«, sagte Erik. »Dann übernehm ich den Kerl selber. Aber ihr müsst alle zusehen.«
    »Und wenn es nicht so gut für dich läuft, sollen wir …«
    »Es wird gut für mich laufen. Ich gewinne immer, und jetzt holen wir ihn uns, bevor die Pause vorbei ist.«
    Auf dem Rückweg zum Schulhof ging er in Gedanken seinen Plan

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