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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Befriedigung, dass in der Stimme des anderen bereits Unsicherheit lag, »äh, dich kann ich doch mit einem Schlag umnieten, komm her!«
    Und nun hob der Boxer die Hände vors Gesicht und machte ein paar tänzelnde Schritte. Jetzt musste der entscheidende Stoß gegen sein Selbstvertrauen geführt werden. Erik stand mit den Händen in der Tasche da, ohne sich darum zu kümmern, dass der bewegliche Schutz des Boxers jetzt Eriks Gesicht in Reichweite hatte. Er wusste, dass der Boxer nicht zuschlagen würde, solange er die Hände in den Taschen hatte.
    »Ich kann dich zu Brei schlagen, wenn ich will«, sagte Erik. »Aber ich find’s nicht lustig, Leute platt zu machen, die keine Chance haben, deshalb wollte ich dir gern eine geben. Aber zuerst noch eine allerletzte Mahnung: Willst du endlich bezahlen?«
    »Nein, Scheiße«, sagte der Boxer hinter seiner Deckung und schnüffelte an seinen Fäusten, als ob er Boxhandschuhe trüge. »Reden kannst du ja, aber versuch doch mal, mich zu treffen, wenn du kannst.«
    Dann fing er wieder an, vor Erik hin und her zu tänzeln. Der musterte ihn mit einem Lächeln und schüttelte den Kopf. Er hatte noch immer die Hände in den Taschen und dehnte das Schweigen aus, um den Boxer so lange wie möglich auf der Grenze zwischen Lächerlichkeit und Entscheidung zum Angriff zu halten. Der Boxer sprang vor und zurück und schnüffelte wie besessen an seinen imaginären Handschuhen.
    »Du hast zwei Schläge frei«, sagte Erik.
    Der Boxer hielt mitten in einem Sprung zur Seite inne und ließ überrascht die Hände sinken. Rasch nutzte Erik den Überraschungseffekt.
    »Ja«, sagte er. »Du hast zwei Schläge frei. Du kannst zweimal zuschlagen, dann hast du wenigstens eine kleine Chance. Aber sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. Und wenn du deine Chance genutzt und deine Freischläge hinter dich gebracht hast, vergiss nicht, dass dein Sack ganz schön empfindlich ist, ja?«
    Der Boxer stand jetzt ganz still vor ihm und starrte ihn mit offenem Mund an. Erik sah, dass die Angst nahe genug herangekommen war.
    Langsam zog Erik die Hände aus den Hosentaschen und ballte die Fäuste. Er presste seine Fäuste in Brusthöhe aneinander, dann schob er blitzschnell den linken Fuß vor und zog den rechten ein wenig zurück, dass es schien, als setze er zu einem Tritt an. Jetzt rückte die Entscheidung näher. Er wusste, dass er nur an seinen Vater zu denken brauchte. Da er die Hände in Brusthöhe gegeneinander drückte, sah es so aus, als wolle er sich nicht schützen. Aber er hinderte damit den Boxer an zwei von drei Schlägen, die sich als verheerend erweisen könnten: er konnte weder einen direkten Schlag in den Solarplexus anbringen noch einen Uppercut gegen das Kinn, und eine rechte Gerade auf die Nase würde er bei einem Freischlag nicht wagen. Damit saß er so gut wie fest.
    »O Scheiße, jetzt mach schon«, sagte der Boxer zögernd.
    »Nö. Wie gesagt: du hast zwei Schläge frei. Du hast doch sicher keine Angst vor den Prügeln, die du danach kassieren wirst?«
    Die Zuschauer hinter dem Boxer johlten los und verlangten, dass er seinen Gegner endlich umnietete, wo er schon die Möglichkeit dazu hatte. Aber der Boxer zögerte. Erik begann sich zu konzentrieren und sah schon deutlich das Bild seines Vaters in Blau. Dann hörte er sich die Sache mit den zwei Freischlägen, der Feigheit usw. wiederholen und der Boxer wurde immer weiter aufs Glatteis gelockt. Er musste schlagen. Aber zugleich hatte er Angst. Er versuchte zu schlagen und zögerte.
    Erik klinkte sich wieder ein: »Jetzt nutz endlich deine Chance, noch eine kriegst du nicht. Zeig wenigstens, dass du kein Feigling bist.«
    Als der Boxer jetzt den Schlag anbrachte, den Erik ihm anbot, einen Schwinger gegen die Wange, lag in seinen Bewegungen noch immer so viel Unsicherheit, dass Erik ihn einstecken konnte, ohne auch nur eine Miene zu verziehen. Der Boxer starrte ihn verdutzt an.
    »Das war der erste Freischlag«, sagte Erik. »Jetzt bleibt dir nur noch einer, danach knallt’s, und vergiss nicht, was ich über deinen mickrigen Sack gesagt habe.«
    Der Boxer zögerte und sah sich um. Seine Stirn war schweißnass und hinter ihm verlangten die blutdürstigen Knaben mehr Schläge, egal für wen, Hauptsache Schläge. Sie wollten den nächsten Freischlag sehen, und sie wollten wissen, wie es dem Boxer ergehen würde.
    Es lag schon Verzweiflung im Blick des Boxers, als er Atem holte und Erik einen Schwinger auf die andere Wange pflanzte. In Eriks

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