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Evil

Evil

Titel: Evil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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Lippen zusammengekniffen, die Augen schmale, glitzernde Steine –, damit er den Mund hielt oder mit dem Unfug aufhörte, den er gerade anstellte. Es war ein furchterregender Blick. Donny, Willie und ich machten ihn manchmal zum Spaß nach, doch wenn Ruth diesen Blick aufsetzte, gab es nichts zum Lachen.
    Froh über die Unterbrechung bei meinem Kampf mit dem Rasenmäher ging ich um unsere Garage herum, um hinüber in den Nachbargarten zu spähen.
    Ruths Wäsche blähte sich an der Wäscheleine. Mit den Händen auf den Hüften stand sie auf der Veranda, und selbst wenn man ihre Stimme und ihre Worte nicht gehört hätte, hätte man gewusst, dass sie kochte vor Wut.
    »Du blödes Arschloch!«
    Ich kann euch sagen, das schockierte mich.
    Klar, Ruth fluchte wie ein Droschkenkutscher. Das war einer der Gründe, warum wir sie so mochten. Ihr Mann, »der reizende irische Scheißer« oder »dieser bekloppte katholische Saukerl«, und John Lentz, der Bürgermeister der Stadt – und ein ehemaliger Verehrer von Ruth, wie wir vermuteten –, bekamen regelmäßig ihr Fett weg.
    Alle bekamen hin und wieder etwas ab.
    Aber diese Beschimpfungen ließ sie immer so nebenbei fallen, praktisch ohne wirklichen Zorn. Sie dienten nur dazu, sich über irgendeinen armen Kerl lustig zu machen, und den Zweck erfüllten sie meistens auch.
    Es war einfach Ruths Art, die Leute zu beschreiben.
    Ganz ähnlich wie bei uns. Unsere Freunde waren alle Trottel, Drecksäcke, Fettärsche und Scheißköpfe. Und ihre Mütter fraßen die Fliegen von toten Kamelen.
    Doch das hier war etwas ganz anderes. Sie hatte Arschloch gesagt und Arschloch gemeint.
    Ich fragte mich, was Meg ausgefressen hatte.
     
    Ich schaute nach hinten zu unserer Veranda, wo die Hintertür offen stand, und hoffte, dass meine Mutter nicht in der Küche war, dass sie nichts mitgekriegt hatte. Meine Mutter war nicht gut auf Ruth zu sprechen, und ich hatte sowieso schon genügend Ärger, weil ich so oft bei den Chandlers drüben war.
    Ich hatte Glück. Sie war nicht da.
    Mein Blick ging wieder zu Ruth. Sie hatte nichts mehr gesagt, und das war auch nicht nötig. Ihr Gesicht sprach Bände.
    Irgendwie hatte ich ein komisches Gefühl, weil ich zum zweiten Mal in zwei Tagen jemanden heimlich beobachtete. Doch natürlich musste ich unbemerkt bleiben. Sie durfte auf keinen Fall mitkriegen, dass ich sie in diesem Zustand gesehen hatte. Es war einfach viel zu peinlich. Ich drückte mich dicht an die Garage und spähte um die Ecke, in der Hoffnung, dass sie nicht aus irgendeinem Grund zu mir herüberschauen würde. Und sie tat es auch nicht.
    Doch die Garage drüben verstellte mir den Blick, und ich konnte nicht erkennen, was eigentlich passiert war. Ich wartete darauf, dass Meg auftauchte, ich wollte wissen, wie sie es aufnahm, dass sie als blödes Arschloch beschimpft worden war.
    Und dann erlebte ich die zweite Überraschung.
    Es war nicht Meg.
    Sondern Susan.
    Wahrscheinlich hatte sie beim Aufhängen der Wäsche geholfen. Letzte Nacht hatte es geregnet, und offensichtlich hatte sie ein paar weiße Sachen auf den schlammigen, dreckigen Rasen fallen lassen. Man sah die Schmutzflecken auf der Wäsche, die sie trug, ein Laken vielleicht oder zwei Kopfkissenbezüge.
    Sie weinte. Sie weinte so fest, dass es sie am ganzen Körper schüttelte, als sie zurück zu Ruth ging, die immer noch starr auf der Veranda stand.
    Es war ein jämmerlicher Anblick. Mühsam bewegte sich das kleine Mädchen mit Schienen an den Armen und Beinen und versuchte, mit diesem kleinen Ballen weißer Sachen klarzukommen, den sie am besten gar nicht angefasst hätte. Ich hatte Mitleid mit ihr.
    Auch Ruth ging es schließlich so, glaube ich.
    Denn sie trat herunter, nahm Susan die Sachen ab und betrachtete sie einen Moment lang, wie sie schluchzend und zitternd auf den Boden starrte. Und dann wich langsam die Spannung von ihr. Vorsichtig streckte sie die Hand aus und legte sie Susan leicht auf die Schulter, bevor sie sich umdrehte und im Haus verschwand.
    Im letzten Augenblick, als Ruth schon das Ende der Treppe erreicht hatte, schaute sie in meine Richtung, und ich musste mich blitzschnell hinter die Garagenwand ducken.
    Trotzdem schwöre ich, dass ich etwas bemerkt hatte.
    Etwas, was für mich im Nachhinein sehr wichtig geworden ist.
     
    Ruths Gesicht sah furchtbar müde aus. Als hätte ihr der Wutausbruch alle Kraft aus dem Leib gesaugt. Oder vielleicht war das, was ich sah, nur ein kleiner Teil von etwas Größerem, von

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