Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Evil

Evil

Titel: Evil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
Vom Netzwerk:
ihn irgendwie blöd dastehen zu lassen.
    »Unsere Cousine, du Trottel. Meg.«
    Donny schaute ihn nur an. »Hey, wie spät ist es eigentlich?«
    Kenny hatte eine Uhr. »Drei viertel elf.«
    »Super!«
    Plötzlich kroch er aus dem Zelt. Dann stand er da und spähte grinsend herein.
    »Kommt, ich hab eine Idee!«
    Von meinem Haus zu seinem war es nicht weit. Man musste nur den Garten durchqueren, und nach einer Reihe von Hecken war man schon drüben hinter der Garage.
    Bei den Chandlers brannte Licht im Badfenster, in der Küche und im Zimmer von Meg und Susan. Inzwischen wussten alle, was er vorhatte. Ich war mir nicht sicher, ob mir die Sache gefiel, aber ich war mir auch nicht sicher, dass sie mir nicht gefiel.
    Auf jeden Fall war es aufregend. Wir hätten das Zelt nicht verlassen dürfen. Wenn wir erwischt wurden, war Schluss mit Schlafen im Freien und nicht nur damit.
    Doch wenn wir nicht erwischt wurden, war es noch besser als Campen beim Wasserturm. Sogar besser als Bier.
    Als wir uns mit dem Gedanken angefreundet hatten, fiel es uns schwer, nicht ständig loszukichern.
    »Keine Leiter«, flüsterte Eddie. »Was machen wir?«
    Donny schaute sich um. »Die Birke.«
    Er hatte Recht. Auf der linken Seite, ungefähr fünf Meter vom Haus entfernt, stand eine große weiße, von Winterstürmen schwer gebeugte Birke. Auf halber Höhe des Rasens hing ihr Stamm bis weit über das ungepflegte Gras.
    »Da können wir nicht alle raufklettern«, mahnte Tony, »sonst bricht sie.«
    »Dann wechseln wir uns eben ab. Immer zwei gleichzeitig. Jedes Team zehn Minuten, die Besten sollen gewinnen.«
    »Okay. Wer zuerst?«
    »Verdammt, es ist unser Baum.« Donny grinste. »Ich und Willie steigen als Erste rauf.«
    Das machte mich ein wenig sauer. Schließlich war ich sein bester Freund. Aber was soll's, dachte ich mir, immerhin ist Willie sein Bruder.
    Er sprintete über den Rasen, und Willie folgte.
    Der Baum gabelte sich in zwei starke Äste. Dort konnten sie nebeneinander liegen. Sie hatten einen guten, ungehinderten Blick ins Schlafzimmer und einen passablen ins Bad.
    Willie schob sich immer wieder hin und her, um eine bequeme Lage zu finden. Man merkte ihm an, wie schlecht er in Form war. Er hatte Schwierigkeiten, mit seinem eigenen Gewicht klarzukommen. Donny dagegen wirkte trotz seiner massigen Gestalt, als wäre er in den Bäumen geboren.
    Wir beobachteten sie beim Beobachten. Wir passten auf das Haus und vor allem das Küchenfenster auf, um nicht von Ruth überrascht zu werden.
    Kenny schielte auf die Uhr. »Noch fünf Minuten.«
    »Scheiße.« Eddie zog seine Packung Kools heraus und zündete sich eine an.
    »Hey!«, flüsterte Kenny, »das können die doch sehen.«
    »Blödmann. Du brauchst sie nur unter der Hand halten, so. Dann sieht keiner was.«
    Ich versuchte, an Donnys und Willies Gesicht abzulesen, ob drinnen irgendwas los war. Es war schwer zu erkennen, aber ich glaubte nicht. Sie lagen nur einfach da oben wie zwei große, dunkle Geschwüre.
    Ob sich der Baum wieder erholen würde?
    Bisher waren mir die Frösche und Grillen überhaupt nicht aufgefallen, doch jetzt nahm ich plötzlich ihr rhythmisches Dröhnen in der Stille wahr. Man hörte nur sie und Eddie, der heftig an der Zigarette zog, und gelegentlich ein Knacken der Birke. Glühwürmchen schwebten blinkend durch den Garten.
    »Die Zeit ist vorbei«, sagte Kenny.
    Eddie ließ die Kool fallen und trat sie aus. Dann rannten er und Tony hinüber zum Baum. Kurz darauf waren sie oben, und Willie und Donny kamen zu uns zurück.
    Der Baum hing jetzt etwas höher.
    »Irgendwas gesehen?«, fragte ich.
    »Nichts.« Merkwürdig, wie wütend Willie klang. Als wäre Meg schuld, dass sie nicht zum passenden Zeitpunkt aufgetaucht war. Als hätte sie ihn reingelegt. Aber Willie war ja sowieso ein Trottel.
    Ich schaute Donny an. Das Licht war nicht besonders gut, aber er wirkte genauso gespannt und konzentriert auf mich wie vor einigen Tagen, als Ruth davon erzählt hatte, was die Hootchie-Koo-Mädchen anhatten und was nicht. Als wäre er mit einer Frage beschäftigt und ein wenig deprimiert, weil er die Antwort nicht gefunden hatte.
    Schweigend standen wir zusammen, und nach einer Weile tippte mir Kenny auf die Schulter. »Die Zeit ist vorbei.«
    Wir liefen hinüber zum Baum, und ich klatschte Tony auf den Knöchel. Er rutschte herunter.
    Dann warteten wir auf Eddie. Ich sah Tony an. Er zuckte die Achseln und schüttelte den Kopf, den Blick gesenkt. Nichts.
    Ein paar Minuten

Weitere Kostenlose Bücher