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Evil

Evil

Titel: Evil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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etwas, das schon vor einiger Zeit angefangen hatte, ohne dass ich etwas davon bemerkt hatte. Vielleicht war es nur ein kurzes Crescendo auf einer Langspielplatte.
    Doch ich sah noch etwas anderes, etwas Verstörendes, was mich bis auf den heutigen Tag nicht mehr losgelassen hat.
    Schon damals war ich verwundert.
    Kurz bevor ich mich nach hinten duckte, als sich Ruth erschöpft und matt umdrehte, die Hand immer noch auf Susans Schulter. Genau in diesem Moment.
    Ich möchte schwören, dass auch sie weinte.
     
    Und ich frage mich: um wen?
     

10
    Als Nächstes kam die Sache mit den Raupen.
    Es passierte praktisch über Nacht. An einem Tag waren die Bäume noch glatt und normal, und am nächsten hingen diese schweren weißen Netzsäcke daran. Am Boden der Säcke befand sich etwas Dunkles und Unappetitliches, und wenn man genauer hinschaute, sah man, dass es sich bewegte.
    »Wir verbrennen sie«, sagte Ruth.
    Wir standen im Garten bei der Birke: Woofer, Donny und Willie, Meg, ich und Ruth, die ein altes Schürzenkleid mit tiefen Taschen anhatte. Es war zehn Uhr Vormittag, und Meg war gerade mit ihrer Hausarbeit fertig geworden. Unter dem linken Auge hatte sie einen kleinen Schmutzfleck.
    »Jungs, ihr schneidet Stöcke«, erklärte sie. »Lange, dicke. Und grün müssen sie sein, damit sie nicht so schnell brennen. Meg, hol die Tasche mit den Lumpen aus dem Keller.«
    Gegen das Sonnenlicht blinzelnd schätzte Ruth den Schaden ab. Fast die Hälfte der Bäume einschließlich der Birke waren mit Säcken bespannt, einige von ihnen nur baseballgroß, doch andere auch breit und tief wie Einkaufstaschen. Der Wald war voll von ihnen.
    »Die kleinen Mistviecher. In null Komma nichts fressen die die Bäume kahl.«
    Meg ging ins Haus, und wir anderen steuerten auf den Wald zu, um Stöcke zu holen. Donny hatte sein Beil dabei. Wir hackten einige junge Bäume um, zogen ihnen die Rinde ab und schnitten sie in zwei Teile. Es dauerte nicht lang.
    Als wir zurückkamen, standen Ruth und Meg in der Garage und tränkten die Lumpen mit Petroleum. Wir wickelten sie um die Stöcke, dann band Ruth sie mit einer Wäscheleine fest, und wir tränkten sie noch einmal.
    Jeder von uns bekam einen Stock.
    »Ich zeige euch jetzt, wie es geht. Dann könnt ihr es selbst machen. Zündet mir bloß den verdammten Wald nicht an.«
    Ich kam mir unglaublich erwachsen vor.
    Ruth ließ uns mit Feuer hantieren, mit Fackeln.
    So was hätte meine Mutter nie gemacht.
    Wir folgten ihr in den Garten und schauten mit unseren hoch erhobenen, noch nicht brennenden Fackeln wahrscheinlich aus wie eine Horde Bauern auf der Jagd nach Frankensteins Monster. Aber wir benahmen uns nicht besonders erwachsen, sondern kicherten vor Aufregung, als würden wir zu einer Party gehen. Nur Meg nahm das Ganze sehr ernst. Willie nahm Woofer in den Schwitzkasten und drückte ihm die Fingerknöchel ins Bürstenhaar – ein Ringergriff, den wir dem Dreizentnerkoloss Haystacks Calhoun abgeschaut hatten, der berühmt war für seinen Big Splash. Donny und ich marschierten nebeneinander hinterdrein und schwenkten unsere Fackeln wie zwei Tambourmajore ihre Stäbe. Ruth schien es nichts auszumachen.
    Bei der Birke angelangt wühlte Ruth in ihrer Schürzentasche herum und zog ein Streichholzheftchen heraus.
    Das Nest an der Birke war groß.
    »Ich mache es bei dem vor«, erklärte Ruth. »Schaut mir gut zu.«
    Sie zündete die Fackel an und hielt sie einen Moment, bis das Feuer etwas heruntergebrannt war. Aber es war immer noch eine starke Flamme. »Seid vorsichtig. Damit ihr nicht den Baum in Brand steckt.«
    Sie hielt die Fackel ungefähr fünfzehn Zentimeter unter den Sack.
    Der Sack begann zu schmelzen.
    Er brannte nicht, sondern zerging wie Styropor. Er war dick und vielschichtig, aber er löste sich schnell auf.
    Und plötzlich fielen all diese zuckenden, zappelnden Maden heraus, fette, schwarze, pelzige Würmer, die rauchten und knisterten.
    Man konnte sie fast schreien hören.
    Allein in dem einen Nest waren bestimmt Hunderte. Wenn eine Schicht durchgebrannt war, kam die nächste zum Vorschein, in der sich weitere Raupen befanden. Wie schwarzer Regen ergossen sie sich auf den Boden.
    Dann stieß Ruth auf den Kern.
    Es war, als würde ein flüssiger Teerklumpen in der Größe eines Tennisballs direkt auf die Fackel spritzen und dabei zerplatzen.
    Es waren so viele, dass die Fackel zischte und einen Moment lang fast auszugehen drohte. Dann flammte sie wieder auf, und die Raupen, die sich

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