Evil
Mädchen war wie du, ja, da habe ich nach Gott gesucht. In jede Kirche in der Stadt bin ich gelaufen. Zu den Baptisten, zu den Lutheranern, zu den Episkopalen, zu den Methodisten. Alles, was es gab. Sogar zu den Novenas in der Saint-Matties-Kirche bin ich gegangen und habe oben auf der Empore gesessen, wo die Orgel ist.
Das war, bevor ich wusste, was eine Frau ist. Und weißt du, von wem ich es gelernt habe? Von meiner Mom.
Eigentlich hat sie gar nicht gewusst, dass sie mir was beigebracht hat. Es war nicht so, wie ich es dir jetzt beibringe. Es war mehr, was ich gesehen habe.
Aber du sollst jetzt nicht glauben, dass ich von meinen Eltern nicht alles gekriegt habe – ich hatte alles, was sich ein Mädchen wünschen kann, einfach alles. Nur aufs College durfte ich nicht, aber damals sind sowieso nicht so viele Mädchen aufs College gegangen. Mein Daddy, Gott sei seiner Seele gnädig, hat hart gearbeitet, und meiner Momma und mir hat es wirklich an nichts gefehlt. Es war nicht so wie bei Willie, der einfach abgehauen ist.«
Sie zündete sich an der alten Tareyton eine neue an und schmiss die Kippe auf den Boden. Anscheinend hatte sie mich nicht bemerkt, oder es war ihr einfach egal, denn obwohl mich Meg mit einem seltsamen Ausdruck im Gesicht anstarrte und obwohl ich beim Herunterkommen auf der klapprigen, alten Treppe die üblichen Geräusche gemacht hatte, drehte sie sich nicht um und hörte auch nicht zu reden auf, nicht einmal beim Anzünden der Zigarette. Nicht einmal beim Inhalieren.
»Aber Daddy hat getrunken, genau wie Willie. Und ich habe ihn immer gehört. Am Abend, wenn er heimgekommen ist, ist er direkt rauf ins Schlafzimmer und hat meine Mutter bestiegen wie ein Hengst. Ich hab's genau gehört, das Geschnaufe und Gestöhne da oben, meine Mutter immer nein-nein-nein und dann ab und zu eine Ohrfeige, wie bei Willie. Weil wir Frauen immer wieder die gleichen Fehler machen wie unsere Mütter. Wir geben den Männern immer wieder nach. Auch ich war schwach, und so ist es gekommen, dass ich die ganzen Jungs gekriegt habe, mit denen ich jetzt am Hungertuch nage. Ich kann auch nicht mehr arbeiten wie damals im Krieg. Die Männer haben jetzt alle Stellen besetzt. Und außerdem muss ich meine Kinder aufziehen.
Klar, Willie schickt natürlich seine Schecks, aber das reicht nicht, das weißt du ja. Du siehst es ja. Und die Schecks von dir bringen auch nicht so viel.
Verstehst du, was ich damit sagen will? Du hast den Fluch. Und damit meine ich nicht deine Periode. Obwohl sie bei dir noch schlimmer ist, als sie bei mir jemals war. Ich rieche es, Meggy! Du wirst es genauso machen wie meine Mutter und ich mit diesem Arschloch von einem Iren – irgend so ein Kerl wird dich verprügeln und dich ficken, bis du es magst, bis du es liebst, und dann, peng, ist er auf einmal verschwunden.
Das Ficken, ja, das ist es. Deine warme feuchte Muschi. Das ist der Fluch, verstehst du? Der Fluch von Eva. Das ist die Schwäche. Dadurch sind wir ihnen ausgeliefert.
Ich sag's dir. Eine Frau ist nur eine Schlampe und ein Tier. Das musst du begreifen, daran musst du immer denken. Eine Frau wird immer nur ausgenutzt und gevögelt und geschlagen. Sie ist nur eine blöde Schlampe mit einem Loch, und sie wird immer auf der Strecke bleiben.
Das Einzige, was ich für dich machen kann, ist das hier. Ich kann nur versuchen, dass ich es dir irgendwie herausbrenne.«
Sie zündete ein Streichholz an.
»Verstehst du?«
Sie warf es auf Megs gelbes Kleid. Es erlosch beim Aufprall und fiel rauchend zu Boden. Sie zündete noch eins an.
»Verstehst du?«
Diesmal beugte sie sich weiter vor, und als das Streichholz das Kleid traf, brannte es noch. Es hing zwischen den Falten. Meg wand sich am Balken und schüttelte es ab.
»Ein gesundes, junges Ding bist du – du glaubst, dass du so gut und frisch riechst. Aber für mich riechst du nach Ausbrennen. Nach einer heißen Fotze. Du hast den Fluch und die Schwäche. Du hast beides, Meggy.«
Auf dem Kleid war eine kleine schwarze Stelle, wo das Streichholz gelandet war. Meg schaute mich an und machte Laute durch den Knebel.
Ruth ließ die Zigarette fallen und bewegte den Fuß, um sie auszutreten.
Sie stand auf, lehnte sich vor und zündete wieder ein Streichholz an. Dichter Schwefelgeruch hing plötzlich im Raum.
Sie hielt es an den Saum des Kleides.
»Verstehst du? Du solltest mir dankbar sein.«
Meg bäumte sich auf und zog heftig an den Schnüren. Der Saum verfärbte sich braun und schwarz,
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