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Evil

Evil

Titel: Evil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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tiefem Schlaf erwacht. Polternde Möbel. Schreie. Und ein klatschender Schlag.
    Vor langer Zeit.
    Plötzlich brodelte heftiger Zorn auf ihn in mir hoch. Ich sah seine massige Gestalt und dachte an meine Mutter. Dann setzte langsam wieder Kälte ein, ein Gefühl von Abgetrenntheit und Sicherheit.
    Und mir wurde klar, dass meine Mutter diejenige war, mit der ich über diese ganze Sache reden müsste. Sie wusste bestimmt, wie es sich anfühlte und was es bedeutete.
    Doch das konnte ich damals nicht. Nicht einmal, wenn sie in dieser Sekunde vor mir gestanden hätte. Ich versuchte es erst gar nicht.
    Ich schaute meinem Vater zu, wie er die Salate fertig machte und sich wieder die Hände an der weißen Baumwollschürze abwischte. Dann legte er die Salami in die elektrische Wurstschneidemaschine, die er gerade gekauft hatte und auf die er furchtbar stolz war. Ich schob das Fett in die Rinne, bis der Grill wieder sauber glänzte.
    Und nichts war geklärt.
     
    Bald ging ich wieder hin.
     

32
    Was mich mit magischer Kraft anzog, war die unaufhaltsame Erinnerung an Megs Körper. Dieses Bild löste Tausende von Phantasien aus, Tag und Nacht. Manche zart, andere gewalttätig – und andere wieder lächerlich.
    Nachts lag ich im Bett, aus dem Transistorradio unter dem Kopfkissen kam »At the Hop« von Danny and the Juniors, und ich schloss die Augen. Und da war Meg, zusammen mit einem unsichtbaren Jitterbug-Partner, das einzige Mädchen im Teen's Canteen, das in weißen, heruntergerollten Söckchen und sonst nichts tanzte. Sie fühlte sich wohl in ihrer nackten Haut, als hätte sie gerade des Kaisers neue Kleider gekauft.
    Oder wir saßen uns beim Monopoly gegenüber, und ich zog gerade auf die Schlossallee oder die Goethestraße, da stand sie plötzlich auf und zog sich seufzend ihr dünnes weißes Baumwollhöschen aus.
    Doch häufiger kam aus dem Radio etwas wie »Twilight Time« von den Platters, und Meg lag nackt in meinen Armen, und wir küssten uns im tiefblauen Sternenlicht von Technicolor.
    Oder es war das Spiel, das ich vor Augen hatte, und das war überhaupt nicht komisch.
    Ich war nervös und kribbelig.
    Ich hatte das Gefühl, dass ich hinüber musste . Doch ich hatte Angst davor, was ich dort finden würde.
    Sogar meiner Mutter fiel es auf. Manchmal merkte ich, wie sie mich mit geschürzten Lippen beobachtete, wenn ich vom Abendessen aufsprang und ein Wasserglas umwarf oder in die Küche schlurfte, um mir ein Cola zu holen.
    Vielleicht war das auch ein Grund, warum ich nie mit ihr darüber geredet habe. Vielleicht lag es einfach auch daran, dass sie meine Mutter war – und eine Frau.
    Aber ich ging hinüber.
    Und als ich es tat, hatte sich wieder alles verändert.
    Ich trat ein, und als Erstes hörte ich Ruths Husten. Dann redete sie mit leiser Stimme, und mir war klar, dass sie mit Meg sprach. Sie hatte diesen Ton, den sie bei keinem von uns angeschlagen hätte, wie eine Lehrerin, die einem kleinen Mädchen etwas erklärt. Ich stieg hinunter.
    Sie hatten die Arbeitsleuchte versetzt. Von der Steckdose lief jetzt ein Kabel über der Waschmaschine zu einem Haken in einem von Willie seniors Querbalken. Daran hing nun grell strahlend die vergitterte Glühbirne.
    Ruth saß rauchend mit dem Rücken zu mir auf einem Klappstuhl, der zu einem alten Spieltischset gehörte, das immer dort unten stand. Der Boden war übersät mit Zigarettenkippen. Anscheinend war sie schon länger da.
    Von den Jungs war nichts zu sehen.
    Meg stand vor ihr in einem gelben Rüschenkleid, das eigentlich überhaupt nicht zu ihr passte. Wahrscheinlich war es von Ruth und alt, und mit Sicherheit war es nicht besonders sauber. Es hatte kurze Puffärmel und ein kurzes Plisseeteil, sodass ihre Arme und Beine nackt waren.
    Ruth trug etwas ganz Ähnliches in Blaugrün, doch einfacher, mit weniger Besatz und Rüschen.
    Außer dem Zigarettenrauch roch ich Kampfer. Mottenkugeln.
    Ruth redete weiter.
    Auf den ersten Blick hätte man sie fast für Schwestern halten können. Sie hatten ungefähr das gleiche Gewicht, obwohl Ruth größer und magerer war, beide hatten leicht fettiges Haar, und beide trugen diese alten, muffig riechenden Kleider, als würden sie Sachen für eine Party anprobieren.
    Nur dass Ruth einfach nur rauchend dasaß.
    Während Meg an einem von Willies Holzpfosten stand, die Arme fest nach hinten gebunden, die Füße ebenfalls gefesselt.
    Sie hatte den Knebel im Mund, aber keine Augenbinde auf.
    Ruth redete ununterbrochen. »Als ich ein

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