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Evil

Evil

Titel: Evil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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vergraben. Mit nach vorn gezogenen Schultern trat er von einem Fuß auf den anderen.
    Was für ein Trottel, dachte ich.
    Aber Donny wirkte konzentriert wie ein Erwachsener mit einem Ziel und schien zu überlegen, wie die Aufgabe am besten und wirkungsvollsten zu erledigen war.
    Woofer strahlte.
    »Okay, holen wir sie!«
    Wir polterten die Treppe hinunter, und Ruth folgte uns zögernd in einigem Abstand.
    Donny band Meg los, zuerst die Beine und dann die Hände. Er ließ ihr kurz Zeit, sich die Handgelenke zu massieren, dann schnürte er sie wieder vorn zusammen. Er nahm ihr den Knebel ab und steckte ihn in die Tasche.
    Niemand erwähnte die Brand- und Colaflecken auf ihrem Kleid. Obwohl sie einem als Erstes auffallen mussten.
    Sie leckte sich über die Lippen.
    »Kann ich was trinken?«
    »Sofort. Wir gehen rauf.«
    »Rauf?«
    »Ja.«
    Sie fragte nicht nach dem Grund.
    Donny packte die Schnur und führte sie nach oben. Woofer lief vor ihnen und Willie und ich direkt dahinter. Wieder blieb Ruth ein wenig zurück.
    Aber ich war mir ihrer Gegenwart bewusst. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr, da war ich sicher. Sie wirkte müde, abwesend, nicht ganz da. Ihre Schritte auf der Treppe waren leichter als unsere, leichter als üblich, nur wie ein leises Wischen, obwohl ihr Gang langsam und mühsam war, als hätte sie zehn Kilo zugenommen. Damals wusste ich noch nicht viel über psychische Störungen, aber mir war klar, dass das, was ich da sah, nicht ganz normal war. Ihr Anblick beunruhigte mich.
    Oben ließ Donny Meg am Esstisch Platz nehmen und holte ihr ein Glas Wasser aus der Küche.
    Da fiel mir zum ersten Mal der Ausguss auf. Schmutziges Geschirr stapelte sich darin, viel mehr, als man an einem Tag benutzte. Die Ladung sah schon eher nach zwei oder drei Tagen aus.
    Dann fing ich an, mich umzuschauen, und ich bemerkte andere Dinge.
    Ich war kein Junge, dem Staub auffiel. Welchem Kind fällt so etwas schon auf? Doch jetzt bemerkte ich, wie verstaubt und schmutzig es überall war. Vor allem auf den Beistelltischen im Wohnzimmer waren richtiggehend verschmierte Handabdrücke zu erkennen. Auf dem Tisch vor Meg lagen Toastkrümel. Der Aschenbecher sah aus, als wäre er schon seit Jahrzehnten nicht mehr sauber gemacht worden. Auf dem Läufer im Flur lagen zwei Streichhölzer neben einem Stück Papier, anscheinend ein beiläufig fallengelassenes Stück einer Zigarettenpackung.
    Ein merkwürdiges Gefühl kroch in mir hoch. Als würde etwas zu Ende gehen. In langsamem Zerfall.
    Meg trank ihr Glas Wasser aus und bat um noch eins.
    »Keine Sorge«, sagte Willie, »du kriegst dein Wasser.«
    Meg schien verwirrt.
    »Wir werden dich waschen.«
    »Was?«
    »Die Jungs finden, dass du unbedingt duschen musst«, erklärte Ruth. »Das würde dir doch sicher gefallen.«
    Meg zögerte. Es war auch klar, warum. Willie hatte es etwas anders ausgedrückt. Willie hatte gesagt, wir werden dich waschen.
    »J-ja.«
    »Wirklich sehr aufmerksam von ihnen. Freut mich, dass du dich freust.«
    Es klang, als würde sie mit sich selbst reden. Sie nuschelte fast.
    Donny und ich tauschten Blicke aus, und ich merkte, dass er auch ein wenig nervös war wegen ihr.
    »Ich glaube, ich hol mir ein Bier.«
    Ruth stand auf und ging rüber in die Küche.
    »Will noch jemand eins?«
    Niemand meldete sich. Das allein war schon ungewöhnlich. Sie spähte in den Kühlschrank. Sie sah sich um. Dann machte sie ihn wieder zu.
    »Nichts mehr da.« Sie schlurfte zurück ins Esszimmer. »Warum hat denn niemand Bier geholt?«
    »Mom«, sagte Donny, »wir können doch nicht. Wir sind Kinder. Wir dürfen kein Bier kaufen.«
    Ruth lachte in sich hinein. »Stimmt.«
    Dann machte sie wieder kehrt. »Dann trinke ich halt einen Scotch.«
    Sie wühlte im Wandschränkchen und fand eine Flasche. Wieder im Esszimmer schnappte sie sich Megs Wasserglas und schenkte sich ungefähr fünf Zentimeter hoch ein.
    »Machen wir das jetzt oder nicht?« Willie wurde ungeduldig.
    Ruth trank. »Klar machen wir es.«
    Meg schaute uns der Reihe nach an. »Ich verstehe nicht. Was machen wir? Ich dachte, ich soll … ich dachte, ihr lasst mich duschen.«
    »Genau«, sagte Donny.
    »Aber wir müssen auf dich aufpassen.« Ruth nahm noch einen Schluck, und der Schnaps schien plötzlich ein Feuer tief in ihren Augen zu entfachen.
    »Damit du wirklich sauber wirst.«
    Bei Meg war jetzt der Groschen gefallen.
    »Ich will nicht.«
    »Was du willst, interessiert nicht«, raunzte Willie. »Hier interessiert nur,

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