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Evolution der Leere: Roman

Evolution der Leere: Roman

Titel: Evolution der Leere: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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nicht vernünftig deine Gefühle abschirmen. Wirklich erstaunlich, dass das die einzige mentale Fähigkeit ist, an der es bei dir hapert. Ich sehe doch genau, wie sehr es dich wurmt, dass du, der Waterwalker, nach allem, was du für diese Stadt getan hast, um Stimmen kämpfen sollst.«
    »Stimmt, mit einem solchen Kampf hatte ich nicht wirklich gerechnet, ja.«
    »Ha. Du bist bloß sauer, weil die Leute dich vergessen haben. Erst vierzig Jahre seit der Verbannung, aber du bist bereits Stoff im Geschichtsunterricht. Ja, für eine ganze Generation Schüler bist du nichts anderes als ein langweiliger Nachmittag, den sie im Klassenraum absitzen, wo sie doch draußen so viel Spaß haben könnten.«
    »Vielen Dank.«
    »Tut immer wieder gut, Politiker auf ihre Plätze zu verweisen.«
    »Ich bin kein Poli-«
    Finitan gluckste, was sich zu einem alarmierenden Hustenanfall auswuchs.
    Besorgt beugte Edeard sich vor. »Alles in Ordnung mit dir?«
    »Nein, ich sterbe.«
    »Es besteht ein Unterschied zwischen sich seinem Schicksal stellen und einfach nur morbide sein.«
    Finitan gebot ihm mit einer Handbewegung zu schweigen. Ein Glas Wasser schwebte durch die Luft herbei und verharrte vor seinen Lippen. Er trank einen Schluck. »Erstaunlich, meine mentalen Kräfte sind noch intakt. Was für eine Ironie.«
    »Dein Gehirn ist nicht betroffen.«
    »Ich hasse das Zeug, das sie mir geben, um den Schmerz zu betäuben. Es schmeckt ekelhaft, und danach dämmre ich den ganzen Tag nur vor mich hin. Ich will den Tag nicht mit Dahindämmern verbringen, Edeard.«
    »Ich weiß.«
    »Wem soll das nützen? Bald wird sich meine Seele frei in den Himmel erheben, wieso muss ich bis dahin in so entwürdigender Weise ans Bett gefesselt sein? Ich hasse dieses Dahinvegetieren, Herrin vergib mir, aber ich will, dass es vorbei ist.«
    Edeard konnte spüren, wie seine Wangen erröteten, und wusste im gleichen Moment, dass Finitan mit meisterhaftem Vermögen seine Gedanken erforschte.
    »Ah«, sagte der alte Mann befriedigt und schloss seine Augen. »Also, was führt dich wirklich hierher?«
    »Ein Skylord ist auf dem Weg zu uns.«
    »Gütige Herrin!« Finitan fuhr so jäh herum, dass der Schmerz, den ihm die Bewegung verursachte, ihn gequält zusammenzucken ließ. »Woher weißt du das?«
    »Die Stadt hat es mir offenbart. Außerdem hab' ich letzte Nacht mit ihm gesprochen.« Er lächelte zärtlich und nahm Finitans kalte Hand in seine. »Er kommt, um zu sehen, ob jemand von uns Erfüllung erlangt hat. Er kommt, um unsere Seelen zum Herzen zu führen.«
    »Erfüllung?« Tränen traten in Finitans Augen. »Sehe ich etwa erfüllt aus? Die Herrin verdamme seinen Hochmut. Mit welchem Recht richtet er über uns?«
    »Finitan, du bist erfüllt. Sieh dir das Leben an, das du gelebt hast, sieh dir an, was du erreicht hast. Ich bitte dich, ich flehe dich an, geh zu einem der Türme in Eyrie. Lasse ihn dich zu Odins See geleiten. Zeige Makkathran, zeige der Welt, dass wir wieder würdig geworden sind. Lass die Menschen aufs Neue diese letzte Hoffnung haben. Zeig ihnen, dass dein Weg der richtige ist.«
    »Ein Skylord wird meine arme Seele nirgendwoanders hinbringen als in den Honious.«
    »Hör auf, so zu reden, er wird. Vertrau mir dies eine, letzte Mal. Du vermagst vielleicht meine Gefühle zu lesen, aber ich kann deine Seele sehen, und sie ist glorreich und groß.«
    »Edeard ...«
    »Wenn du gehst, wenn du dich des Geleits als würdig erweist, werden es andere Skylords erfahren. Sie werden wieder nach Querencia kommen. Unser aller Leben, sie werden vollkommen sein. Alles, was du und ich zusammen vollbracht haben, alles, was es gekostet hat, das ganze Leid, das wir auf uns genommen haben, um die Stadt den Klauen von Finsternis und Verfall zu entreißen, alles, alles wird der Mühe wert gewesen sein.«
    Lange sagte Finitan nichts. Dann schließlich seufzte er. »Hol mich der Honious, ich sterbe ja sowieso. Wieso nicht?«
    »Danke.« Edeard beugte sich über das Bett und küsste den alten Mann auf die Stirn.
    Die Entscheidung schien Finitan wieder aufgerichtet zu haben. Er verzog seine bleichen Lippen zu einem kläglichen Grinsen. »Gut jedenfalls, dass die Wahl gelaufen ist. Wie fühlt man sich so als Hauptkonstabler?«
    »Was redest du da? Besitzt du vielleicht einen Zeitblick, den du all die Jahre vor mir verborgen gehalten hast?«
    »Na ja, du wirst wieder der Waterwalker sein. Der Eine, der den Skylord nach Querencia gerufen hat. Alsdann wirst du mich vor den

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