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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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Ordnungsproblem, immerhin führt ja die Sonne der Erde beständig Energie von außen zu, ganz ähnlich wie dies im Bénard-Experiment durch das Erhitzen der Unterseite eines energiehaltigen Behälters geschieht. Entsprechend folgern sie (Schneider/Kay 1997: 190f.):
    Leben existiert auf der Erde als ein weiteres Mittel, um den sonneninduzierten Gradienten auszugleichen (…). Lebende Systeme als dissipative Systeme fernab vom Gleichgewicht haben ein großes Potenzial, Strahlungsgradienten auf der Erde zu vermindern (…).
    Der Ursprung des Lebens ist die Entwicklung einer weiteren Route für den Ausgleich induzierter Energiegradienten. Leben leistet Gewähr dafür, dass diese Ausgleichsvorgänge weiter bestehen. Es hat Strategien entwickelt, diese dissipativen Strukturen trotz einer sich ständig ändernden physikalischen Umgebung aufrechtzuerhalten. (…)
    Biologisches Wachstum findet statt, wenn im System noch mehr gleichartige Wege hinzugefügt werden, angelegte Gradienten abzuflachen. Biologische Entwicklung findet dagegen statt, wenn neue Wege im System auftauchen. Dieses Prinzip stellt ein Kriterium für die Bewertung von Wachstum und Entwicklung lebender Systeme dar. (…)
    Je mehr Exergie zur Verteilung unter den Spezies zur Verfügung steht, desto mehr Wege gibt es, um die Energie zu nutzen. Die Stufen der Nahrungsketten („Trophieebenen“) und die Nahrungsketten selbst bauen auf Stoffen auf, die durch die Photosynthese fixiert wurden. In den Nahrungsketten werden diese Gradienten weiter ausgeglichen, indem Strukturen höherer Ordnung gebildet werden. (…) Die Artenvielfalt und die Zahl der Trophieebenen sind am Äquator besonders hoch, wo fünf sechstel der Sonneneinstrahlung auf der Erde eintreffen. Hier ist ein größerer Gradient zu vermindern.
    Ein Beleg für die Richtigkeit der These soll sich aus den Oberflächentemperaturen von Ökosystemen ergeben (Schneider/Kay 1997: 192):
    Wenn mehrere Ökosysteme jeweils derselben Menge Energie ausgesetzt sind, so erwarten wir, dass das ausgereifteste Ökosystem seine Energie mit dem niedrigsten Exergiegehalt zurückstrahlt.
    Untersuchungen an verschiedenen Ökosystemen konnten die Prognose bestätigen (Schneider/Kay 1997: 193). Auf dieser Grundlage wird dann das folgende Fazit gezogen (Schneider/Kay 1997: 193):
    Man versteht heute das Auftreten organisierten Verhaltens – das Wesen des Lebens – durchaus so, dass es von der Thermodynamik vorhergesagt wird. Sobald Energie höherer Qualität in ein Ökosystem hineingepumpt wird, entsteht eine stärkere Organisation, um die Energie zu nutzen. Demnach haben wir Ordnung, die aus Unordnung entsteht, allerdings im Dienst der Erzeugung von noch mehr Unordnung.
    Ganz ähnlich äußern sich diesbezüglich auch andere Autoren (siehe dazu etwa die Ausführungen im Abschnitt
Globalisierung
auf Seite → ).
    Allerdings lassen sich gegen die Vorstellung, beim Leben handele es sich um dissipative Strukturen, die sich ausbilden, um energetischen Ungleichgewichten innerhalb von Systemen außerhalb des thermodynamischen Gleichgewichts entgegenzuwirken, einige Einwände vorbringen:
Der im Bénard-Experiment beobachtete ordnende Materietransport ist zwar auch für Wirbelstürme charakteristisch, findet aber bei Lebewesen eben gerade nicht statt
Auch in den Weltmeeren existiert eine umfangreiche Artenvielfalt. Mehrheitlich wird heute sogar angenommen, das erste Leben sei im Meer entstanden. Dies dürfte sich aber kaum über den genannten Wirkmechanismus begründen lassen.
Die Theorie kann nicht erklären, warum Menschen fossile Brennstoffe verwenden und Atomkraftwerke besitzen, und warum sie sich etwa zusätzlich darum bemühen, mit den Fusionsreaktoren auch noch das Feuer der Sonne auf die Erde zu holen, beziehungsweise, warum sie generell danach streben, den Energiezustrom zur Erde nicht einfach nur zu nutzen (beziehungsweise den Energiegradienten abzuflachen), sondern sogar noch deutlich zu steigern.
Von einem sehr allgemeinen, theoretischen Standpunkt aus betrachtet, könne man auch menschliche Städte als entwickelte Ökosysteme betrachten. Deren Oberflächentemperatur ist aber meist sogar deutlich höher als die sie umgebende unbelebte Natur.
Der Mensch scheint mit seinem Tun mittlerweile einen globalen Temperaturanstieg bewirkt zu haben. Dies dürfte sich aber kaum mit der thermodynamischen Theorie der dissipativen Strukturen in Einklang bringen lassen.
    Ferner:
Die Theorie trägt wenig zur Klärung der Frage bei, worin

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