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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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Waldrand zu führen. Er ging
zurück, schüttelte Äste und lief hin und her.
    Sie starrten ihn nur an. Plötzlich verhielt er sich wie ein
unterwürfiges junges Männchen. Also setzte er sich noch mal
in Szene, trommelte, sprang und schrie, und dann bedeutete er ihnen
erneut, ihm zu folgen.
    Schließlich regte sich einer von ihnen. Es war Wedel, das
dürre junge Männchen. Er machte ein paar zögerliche
Schritte auf den Knöcheln. Capo reagierte mit einem frohen
Schrei, warf sich auf Wedel und belohnte ihn mit einem intensiven
Kämmen. Nun kamen noch mehr herbei: Finger und ein paar
›Jungmannen‹, die auch gern gekämmt werden wollten.
Capo bemerkte jedoch, dass Felsbrocken Wedel unauffällig in den
Hintern trat.
    Und dann kam zu Capos großer Erleichterung Blatt mit ihrem
Kind auf dem Rücken an. Sie lief gemessen, wenn auch etwas steif
auf den Knöcheln. Nachdem dieses hochrangige Weibchen den Anfang
gemacht hatte, kamen weitere, darunter Heulen, das fast
geschlechtsreife Weibchen.
    Doch nicht alle Weibchen folgten ihr – und auch nicht alle
Männchen. Felsbrocken blieb unter einem Baum sitzen; die Beine
hatte er ostentativ unter sich verschränkt. Andere Männchen
scharten sich um ihn. Capo machte ihnen eine fürchterliche
Szene. Doch sie drängten sich zusammen und kämmten sich
gegenseitig, als ob Capo überhaupt nicht mehr existierte. Das
war ein bewusster Affront. Wenn er seine Position aufrechterhalten
wollte, musste Capo diese rebellische Rotte zerstreuen und vielleicht
noch einmal gegen Felsbrocken antreten.
    Doch dann gab er, fast zu seiner eigenen Verwunderung, den Versuch
auf und trat keuchend zurück.
    Im Herzen wusste er nämlich, dass er sie verloren hatte, dass
er sie zu hart ran genommen hatte und dass die Sippe sich
auflöste. Diejenigen, die ihm folgten, würden mit ihm ihrem
Schicksal entgegengehen – ein Schicksal, von dem er nicht die
geringste Vorstellung hatte. Diejenigen, die zurückblieben,
mussten auf ihr Glück vertrauen.
    Ohne sich umzudrehen, lief er schnell aus der Mitte des Waldes dem
Tageslicht entgegen; allerdings vermochte er der Versuchung nicht zu
widerstehen, sich mit einem letzten feuchten Furz in Richtung der
Rebellen zu verabschieden.
    Schließlich blieben etwa die Hälfte der Männchen
und der größere Teil der Weibchen zurück. Damit hatte
Capo einen Großteil seiner Macht eingebüßt. Als er
dem hellen Licht der Ebene entgegenging, hörte er den Jubel und
das Geheul der Männchen. Der Kampf um die neue Hierarchie hatte
bereits begonnen.
    Am Waldrand, am Rand der Leere, machte Capo eine Pause.
    Wie am Vortag fraßen Gomphotheria an den beschädigten,
halb ertrunkenen Bäumen. Im Norden erstreckte sich die
grasbedeckte, mit schimmernden Seen und Marschen durchsetzte Ebene
bis zum diesigen Horizont. Pflanzenfresser-Herden zogen wie Schemen
dahin. Im Süden, in einer Entfernung von etwa einem Kilometer,
schimmerte der Boden weiß wie Knochen. Die Durchquerung der
Salzpfanne würde sich schwierig gestalten. Capo sah aber, dass
das Land zu einem grünen Plateau anstieg, wo – so schien es
jedenfalls für seine schlechten Augen, die an die kurzen
Entfernungen des Waldes angepasst waren – ein dicker Teppich aus
Wald das Gestein überzog.
    Also nach Süden, durch das trockene Land zum neuen Wald auf
dem Plateau. Ohne sich zu vergewissern, dass die anderen ihm folgten,
ging er auf Knöcheln und Füßen weiter und schob sich
durch schulterhohes Gras, das um ihn herum wogte.
     
    Das Land stieg an und wurde immer trockener.
    Es gab hier auch ein paar Bäume, aber das waren nur
Krüppelkiefern, die sich an den trockenen Boden klammerten und
weder die tröstliche Dichte noch die Feuchtigkeit des Waldes
boten. Also hatten sie hier kaum Schutz vor der Mittagssonne. Capo
war bald außer Atem. Er wurde im dicken Fell förmlich
gegrillt, und Knöchel und Füße waren wund gelaufen.
Er vermochte nicht zu schwitzen, und die Gangart auf den
Knöcheln, die für die Bewegung in der komplexen Umgebung
des dichten Waldes geeignet war, erwies sich hier als
ineffizient.
    Außerdem wurde Capo, ein Geschöpf des Waldes, durch
diese endlose Weite eingeschüchtert. Er stieß einen leisen
Ruf aus und hätte sich am liebsten zusammengekauert, die Arme um
den Kopf geschlungen oder sich auf den nächsten Baum
geflüchtet.
    Es gab auch Tiere zu sehen, die über die trockene Ebene
verstreut waren: Es gab Hirsche, ein paar Hunde-Spezies und eine
Familie von Wühltieren wie Stachelschweine. Die

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