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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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verwehte Pollen bestäubt wurden, waren der ideale Bewuchs
für die neuen offenen und trockenen Zonen. Gräser
vermochten auch bei dem sporadischen Regen zu existieren, der nun
fiel, wogegen die meisten Bäume, deren Wurzeln immer tiefer in
den Boden reichten, in der Trockenheit keine Chance hatten. Das
eigentliche Geheimnis der Gräser lag jedoch in den Halmen. Die
Blätter der meisten Pflanzen entwickelten sich aus
Schösslingen. Anders beim Gras: Die Grashalme sprossen aus
unterirdischen Stielen. Also vermochte Gras sich auch dann zu
regenerieren, wenn ein hungriges Tier es bis auf den Boden
abgefressen hatte.
    Diese Qualitäten hatten es dem Gras ermöglicht, eine
ganze Welt zu übernehmen und sie zu ernähren.
    Die neuen Gras weidenden Pflanzenfresser entwickelten
spezialisierte Wiederkäuer-Mägen, um das Grasfutter
über lange Zeiträume zu verdauen und ihm alle
Nährstoffe zu entziehen. Außerdem bildeten sie Zähne
aus, die dem Schmirgeleffekt der Quarzkörnchen in den Grashalmen
zu widerstehen vermochten. Viele Pflanzenfresser begaben sich wegen
der jahreszeitlich unterschiedlichen Regenfälle auf
Wanderschaft. Diese neuen Säugetiere waren größer als
ihre urzeitlichen Vorfahren, schlank und langbeinig mit
spezialisierten Füßen und einer reduzierten Zehenanzahl,
um große Entfernungen zu gehen und zu rennen. Inzwischen waren
auch viele neue Nagetierarten wie Wühlmäuse und
Feldmäuse entstanden, die sich von Grassamen zu ernähren
vermochten.
    Und es kamen neue Fleischfresser auf, die für die Jagd auf
die Herden der großen Pflanzenfresser ausgestattet waren. Die
Regeln des alten Spiels hatten sich jedoch geändert. In der
schlechten Deckung des Graslandes machten die Räuber die Beute
schon aus großer Entfernung aus – und umgekehrt. So
starteten Räuber und Beute ein Stoffwechsel-Wettrüsten, bei
dem der Schwerpunkt auf Geschwindigkeit und Ausdauer lag; sie
entwickelten noch längere Beine und schnellere Reaktionen.
    Eine neue Art von Landschaft entstand, vor allem an den
Ostküsten der Kontinente, die vom überwiegenden Westwind
und dem Regen geschützt waren, den er brachte. Es handelte sich
um offene, mit Gras bewachsene Ebenen, die durch vereinzelte
Büsche und Bäume charakterisiert wurden. Und die Tiere, die
sich an die neue Vegetation anpassten, wurden mit einer garantierten
Futterquelle belohnt, die sich über hunderte Kilometer
erstreckte.
    Durch die Spezialisierung und die Stabilität des Graslands
wurden die Pflanzenfresser jedoch auf die Gräser beschränkt
und die Räuber auf ihre Beute, sodass eine enge gegenseitige
Abhängigkeit entstand. In dieser Periode unterschieden Hirsche,
Kühe, Schweine, Hunde und Kaninchen sich kaum noch von ihren
Pendants des Menschenzeitalters, das fünf Millionen Jahre
später einsetzen sollte. Dennoch hätten viele Tiere
erstaunlich groß angemutet; allerdings wurden sie später
von kleineren und schnelleren Verwandten verdrängt.
    Inzwischen hatte die Eröffnung der Landbrücken, die
durch den sinkenden Meeresspiegel entstanden, eine große
Tier-Wanderung ausgelöst. Drei Arten von Elefanten – das
Deinotherium (fraß Laub von den Bäumen), das Gomphotherium
(fraß einfach alles) und das Mastodon (ein Weidetier) –
wanderten von Afrika nach Asien ein. Begleitet wurden sie von
Menschenaffen, Capos Verwandten. Aus der Gegenrichtung kamen
Nagetiere und Insektenfresser, Katzen, Rhinozerosse, Maushirsche,
Schweine sowie urtümliche Giraffen- und Antilopenarten.
    Es gab auch ein paar Exoten, vor allem auf den Inseln und den
isolierten Kontinenten. In Südamerika gediehen die
größten Nagetiere, die jemals gelebt hatten; es existierte
beispielsweise eine Meerschweinchen-Art so groß wie ein
Nilpferd. In Australien hatten Kängurus ihr Debüt gegeben.
Und in Nordamerika, Europa und Asien tauchten Tiere auf, die
später als tropisch bezeichnet wurden. So suhlten sich zum
Beispiel Nilpferde und Elefanten in der Flutebene der breiten und
sumpfigen Themse. Die Welt hatte sich seit Noths Zeiten stark
abgekühlt, aber deswegen war sie noch nicht kalt; die
tiefste Kälte sollte erst noch kommen.
    Aber die Austrocknung schritt voran. Bald hatte der alte
Flickenteppich aus Grasland und Waldland, in dem eine große
Vielfalt von Tieren zu leben vermochte, sich in die äquatorialen
Zonen Afrikas zurückgezogen; andernorts ging das Grasland in
Halbwüste, Savannen, Steppen und Pampas über. Unter diesen
rauen Bedingungen mit dem verringerten Nahrungsangebot starben

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