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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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prallte gegen ihren Rücken. Sie wurde nach vorn auf den
Bauch geworfen und spürte eine heiße, schwere und
muskulöse Masse auf dem Rücken. Sie war von Gekreisch und
Geschrei umgeben, und es hagelte Fausthiebe auf Rücken und
Kopf.
    Unter Aufbietung aller Kräfte rollte sie sich herum.
    Eine schlanke Gestalt stand über ihr. Sie war kaum mehr als
halb so groß wie sie. Der dürre Körper war mit einem
braunschwarzen Fell bedeckt und wedelte mit langen Armen. Ein
affenartiger Kopf saß auf einer schmalen konischen Brust, und
ein dünner rosiger Penis stach unterhalb des Bauchs hervor. Das
Fell war regennass und stank stark nach Moschus. Und doch stand es
– er – aufrecht über ihr wie jemand von ihrer eigenen
Art und kein Affe.
    Es war ein Pithecine: ein Affenmensch, ein Schimpansen-Mensch, ein
Vertreter der ersten Hominiden. Ein entfernter Verwandter von Weit.
Und da waren noch mehr von ihnen im Gewirr der Äste über
ihr, die nun wie Schemen herunterkletterten.
    Sie drehte sich um und wollte aufstehen. Doch da erhielt sie einen
Schlag an den Kopf und fiel in Schwärze.
     
    Als sie wieder zu sich kam, lag sie flach auf dem Rücken. Sie
hatte Schmerzen in Brust, Beine und Rücken.
    Sie war überall von Pithecinen umgeben.
    Ein paar von ihnen waren auf der Suche nach Früchten auf
Mahagonibäume geklettert. Andere gruben im Boden und zogen
Korkenzieherwurzeln heraus. Sie waren aufrecht gehende, emsige
Sammler. Doch im Gegensatz zu ihr waren sie kleinwüchsig,
behaart und hatten eine runzlige Haut wie Schimpansen.
    Irgendjemand schrie. Weit drehte den Kopf und versuchte den Rufer
ausfindig zu machen.
    Ein Pithecine kauerte im Schmutz. Es – sie mühte sich
mit verzerrtem Gesicht. Die hängenden Brüste waren prall
voll Milch. Trübe sah Weit, wie eine kleine kompakte Masse aus
ihrem Leib quoll. Sie war schleimig und haarig – es war der Kopf
eines Babys. Diese Pithecinen-Frau gebar.
    Andere Frauen umgaben sie: Schwestern, Cousinen und ihre Mutter.
Schnatternd und leise rufend griffen sie der werdenden Mutter
zwischen die Beine und halfen dem Baby vorsichtig, sich aus dem
Geburtskanal zu winden.
    Die Mutter sah sich einem Problem gegenüber, mit dem die
früheren Primaten nicht konfrontiert worden waren; bei der
Geburt entfernte das Baby sich nämlich von ihr. Blatt, das
Weibchen aus Capos Zeit, hätte das Gesicht des auf die Welt
kommenden Babys gesehen und wäre imstande gewesen, sich selbst
zwischen die Beine zu greifen und das Baby an Kopf und Körper
aus dem Geburtskanal zu ziehen. Hätte diese Pithecine das jedoch
versucht, dann hätte sie den Kopf des Babys zurück gebogen
und eine Verletzung des Rückgrats, der Nerven und Muskeln
riskiert. Sie war nicht in der Lage, allein zu gebären, wie
Blatt das vermocht hätte, aber das brauchte sie auch gar
nicht.
    Als das Baby die Hände frei hatte, packte es das Fell der
Mutter und zog sich daran heraus. Es war schon so kräftig, um
sich selbst Geburtshilfe zu leisten.
    Das alles waren Auswirkungen des aufrechten Gangs. Bei einem
Vierbeiner wurden die Unterleibsorgane in einer Art
Gewebe-Hängematte gelagert, die am Rückgrat aufgehängt
war. Das Becken war nur ein Verbindungsstück, das den Druck aufs
Rückgrat nach unten und seitwärts auf Hüfte und Beine
verlagerte. Wenn man jedoch die Entscheidung für den aufrechten
Gang traf, musste das Becken das Gewicht der Unterleibs-Organe tragen
und das Gewicht des Embryos, der in der Mutter heranwuchs. Das Becken
der aufrecht gehenden Pithecinen hatte sich schnell angepasst und wie
bei einem Menschen eine Schüsselform mit tragender Funktion
erlangt. Die Öffnung des Geburtskanals hatte sich auch verlagert
– sie war nun breiter als tief und hatte ein ovales Profil, um
einen Babykopf formschlüssig durchzuschleusen.
    Der Geburtskanal dieser Pithecinen-Mutter war im Vergleich zum
Kopf ihres Babys der bisher schmalste aller Primaten. Das Baby war
der Mutter zugewandt und mit dem Kopf voran in den Geburtskanal
eingetreten. Dann hatte es sich jedoch gedreht, damit die Schultern
sich auf ganzer Breite durch den Kanal zu schieben vermochten.
Manchmal verharrte das Baby in der leichtesten Stellung und wandte
sich der Mutter zu, doch öfter wandte es sich von ihr ab.
    Und weil die Hominiden-Schädel in Zukunft immer
größer wurden, um größere Gehirne
unterzubringen, musste auch der Geburtskanal ständig angepasst
und optimiert werden; Joan Usebs Baby würde in einem
komplizierten Ablauf sich drehen und wenden müssen, um

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