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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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das Licht
der Welt zu erblicken. Doch selbst in diesen Zeiten brauchten die
Pithecinen-Mütter schon Hebammen – und damit waren
neuartige soziale Bande unter den Pithecinen geschmiedet worden.
    Schließlich hatte das Baby es geschafft und plumpste mit
geballten Fäustchen auf den laubübersäten Boden. Die
Mutter sank mit einem Seufzer der Erleichterung zu Boden. Eine
ältere Pithecine hob das Kind auf, entferne Schleim-Pfropfen aus
Mund und Nase und blies ihm in die Nase. Als das haarige kleine
Bündel den ersten Schrei ausstieß, warf die Hebamme das
Kind der Mutter einfach zu und ging davon.
    Plötzlich spürte Weit starke Hände um die
Knöchel. Sie wurde mit einem Ruck fortgerissen, sodass der
Rücken über Laub und Schmutz schmirgelte und verlor die
Mutter und das Kind aus den Augen.
    Sie wurde über den Boden geschleift. Jedes Mal, wenn sie mit
dem Kopf gegen einen Stein oder eine Baumwurzel schlug, explodierte
der Schädel vor Schmerz. Sie war von brüllenden und
kreischenden Kreaturen umgeben. Wie sie nun sah, waren sie alle
Männchen mit halb im Fell verborgenen klumpigen Genitalien und
erstaunlich großen Hoden, die sie beiläufig kratzten.
Wegen der besonderen Hüftgelenke hatten sie einen unbeholfenen
Gang.
    Sie war sich trübe bewusst, dass sie tiefer in den Wald
geschleppt wurde. Aber sie hatte keine Kraft und keinen Kampfeswillen
mehr.
    Plötzlich brach eine weitere Pithecinen-Horde mit einem
zornigen Geheul aus dem Wald. Die Männchen, die Weit ergriffen
hatten, richteten sich auf und stellten sich diesen
Neuankömmlingen entgegen.
    Sie warfen sich in Positur und machten für eine Weile Rabatz,
lärmten und sträubten das Fell, wodurch ein paar von ihnen
sich zur doppelten Größe aufzublähen schienen. Die
größeren brachen Äste ab, rissen Laub von den
Bäumen, sprangen umher und schlugen auf den Boden. Einer aus
Weits Gruppe präsentierte einen eindrucksvollen rosigen
Ständer, mit dem er vor den Neuen herumwedelte. Ein anderer
lehnte sich zurück und urinierte auf die Widersacher. Und so
weiter. Es war ein lautes, verwirrendes und stinkendes
Scharmützel zwischen zwei Gruppen von Kreaturen, die eine
verwirrte Weit identisch anmuteten.
    Schließlich vertrieben Weits Häscher die Eindringlinge.
Unter dem Einfluss der restlichen Aggression rannten sie um die
Bäume, schrien sich gegenseitig an und schnappten
nacheinander.
    Als sie sich dann wieder beruhigt hatten, untersuchten die
Pithecinen den Boden und fuhren mit den Fingern durch das Gewirr aus
Blättern und Zweigen. Einer von ihnen fand einen schwarzen
Steinbrocken, einen Basalt. Dann fand er noch einen zweiten und
drehte den ersten unablässig in den Händen, wobei ihm die
rosige Zunge aus dem Mund hing. Er sah aus wie ein Idiot.
    Schließlich schien er zufrieden. Ohne den Basaltbrocken aus
den Augen zu lassen, legte er ihn auf den Boden und fixierte ihn
zwischen Daumen und Mittelfinger. Dann ließ er den Hammer-Stein
hinabsausen. Splitter stoben vom Amboss-Stein weg; viele waren so
klein, dass man sie kaum sah. Der Pithecine wühlte im Dreck und
verlieh seiner Enttäuschung mit einem Grummeln Ausdruck. Dann
widmete er sich wieder dem Stein und drehte ihn wieder in den
Händen. Als er das nächste Mal zuschlug, splitterte eine
schöne dünne, schwarze Scheibe von der Größe
seiner Hand ab. Der Pithecine wog die Scheibe in der Hand, drehte sie
zwischen Daumen und Zeigefinger und begutachtete die Kante.
    Dieses Steinmesser war nur ein abgeschlagener Stein-Splitter. Aber
seine Herstellung, die ein Verständnis des zu bearbeitenden
Materials und des Gebrauchs von Werkzeug zur Herstellung eines
anderen Werkzeugs voraussetzte, war eine kognitive Leistung, die
Capos Möglichkeiten weit überstiegen hatte.
    Der Pithecine beäugte Weit. Er wusste, dass Weit ein
intelligentes Wesen war, aber deshalb würde er sie dennoch
schlachten.
    Er holte aus. Die Steinklinge schnitt tief in Weits Schulter.
    Der plötzliche Schmerz und der warme Strom des eigenen Bluts
rissen Weit aus dem Schockzustand. Sie kreischte. Der Pithecine
antwortete mit einem Brüllen und hob wieder die Klinge. Doch wie
sie den Skorpion zerquetscht hatte, hieb Weit ihm nun mit der
Handkante ins Gesicht. Zu ihrer Befriedigung hörte sie das
Knirschen von Knochen, und die Hand war mit Blut und Rotz
verschmiert. Er taumelte stark blutend zurück.
    Die Pithecinen wichen erschrocken zurück. Sie stießen
Alarmrufe aus und schlugen mit den großen Händen auf den
Boden, als ob sie die Kraft

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