Evolution
eingesetzt und es hatten sich
Klimazonen herausgebildet. Und die Dinosaurier passten sich
entsprechend an.
Dinosaurier waren anders.
Sie jagten nicht wie die räuberischen Säugetiere
späterer Zeiten. Weil sie Kaltblüter waren, vermochten sie
keine hohe Geschwindigkeit über weite Strecken zu halten. Ihnen
fehlte die Ausdauer, um die Beute zu hetzen, wie beispielsweise
Wölfe es taten. Dafür hatten sie robuste Hochdruck-Herzen.
Und ihr Körperbau glich in vielerlei Hinsicht den Vögeln:
Die Halsknochen und der Rumpf dieses Raptors wurden von einem
Röhrensystem durchzogen, das wie ein Luftansauger wirkte und den
Körper mit einer großen Sauerstoffmenge versorgte. So war
der Raptor immerhin zu kurzen Sprints befähigt und vermochte
einen Angriff mit vollem Krafteinsatz zu führen.
Wenn Dinosaurier jagten, lief das in aller Stille ab. Sie legten
sich auf die Lauer und harrten stumm und reglos aus, bis die Jagd in
einem explosiven Gewaltausbruch kulminierte.
Im Vergleich zu den Dinosauriern hatten die Säugetiere aber
auch keine schlechten Voraussetzungen. Purga schaute nämlich
selbst auf eine Entwicklungsgeschichte von vielen Millionen Jahren
zurück und war perfekt an die Nische angepasst, in der sie sich
eingerichtet hatte. Trotzdem wurden die Säugetiere durch die
harten Tatsachen der Energieökonomie in die kleinen Nischen der
Dinosaurier-Welt gedrängt. Insgesamt hatte ein Raubsaurier eine
höhere Energieeffizienz als ein Säuger: Dieser Raptor
vermochte wie eine Gazelle zu laufen, ruhte aber wie eine Eidechse.
Es war diese Kombination aus Energieeffizienz und Kampfkraft, die den
Dinosauriern für eine so lange Zeit ihre beherrschende Stellung
gesichert hatte.
Der Raptor war vielleicht so etwas wie ein mächtiger
Raubvogel. Oder eine Art zweibeiniges Krokodil. Dennoch war er nicht wirklich wie diese Tiere. Er stellte etwas dar, das es auf der
Erde des Menschenzeitalters nicht gab, etwas, das keines Menschen
Auge je erblicken würde.
Er war eben ein Dinosaurier.
Die bevorzugte Jagdmethode dieses Raptoren bestand darin, aus der
Deckung zu brechen und der Beute Wunden zu schlagen, die zwar schwer
waren, aber nicht unbedingt tödlich. Die Beute vermochte wohl
noch zu fliehen, war aber durch klaffende Wunden in Beinen und
Flanken, durch aufgerissene Bäuche oder durchtrennte Sehnen,
durch den Blutverlust und Schock geschwächt. Und weil
Mundhygiene für den Raptor kein Thema war – er hatte
fürchterlichen Mundgeruch –, übertrug er mit jedem
Biss ein paar Bakterienkulturen. Dann verfolgte der Raptor die Beute.
Manchmal griff er sie erneut an, manchmal folgte er auch nur dem
Geruch der stinkenden infizierten Wunden, bis die Beute vor
Erschöpfung und Wundbrand verendete.
Heute hatte dieser Raptor indes ganze Arbeit geleistet und das
Opfer mit einem Streich niedergestreckt. Er musste nur noch abwarten,
bis der Titan so geschwächt war, dass er ihm nicht mehr
gefährlich werden konnte. Und dann würde der Saurier die
Beute schon einmal bei lebendigem Leib anfressen.
Deshalb ließ er einen so kleinen Happen wie Purga auch links
liegen, wo ihn ein so üppiges Festmahl erwartete. Vorsichtig und
wachsam verließ sie die Deckung des Farns und huschte über
die Flutebene und durch die Schneise der Verwüstung, die die
Anotitanen-Herde geschlagen hatte, in die Sicherheit der
Bäume.
Zum ersten Mal seit vier Milliarden Jahren spürte der
Teufelsschweif Wärme. Fragile Eisskulpturen, die älter
waren als die Erde, schmolzen.
Gas strömte aus Spalten in der Kruste. Bald hatte eine
mondgroße leuchtende Wolke aus Staub und Gasen den Kometen
umhüllt. Der Sonnenwind aus Licht und schnellen Teilchen
bündelte das Gas und den Staub hinter dem fallenden Kometen-Kern
in Schweife mit einer Länge von Millionen Kilometern. Der
Doppelschweif war zwar hauchdünn, aber er reflektierte dennoch
das Licht und begann zu leuchten.
Zum ersten Mal schauten leere Augen auf der Erde den sich
nähernden Kometen.
Der Teufelsschweif zog weiter seine Bahn, wobei der rotierende,
Feuer speiende Kern die Gase mit zunehmender Heftigkeit
ausstieß.
III
Wieder ging ein langer, heißer Kreidezeit-Tag ins Land.
Purga schlief den ganzen Tag inmitten ihrer neuen Familie. Sie wachte
nicht einmal auf, als die Jungen Milch sogen. Der weiche Boden des
Baus war mit dem weichen Fell der Primaten bedeckt, und er roch
unzweifelhaft nach Purga, ihrem neuen Gefährten und den drei
Jungen, die von ihr stammten.
Purgas Gefährte hatte
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