Evolution
verhaltensspezifisch, wenn beispielsweise eine
Gruppe von Hominiden, die sich eine bestimmte Art des Aasfressens
angeeignet hatte, von einer anderen Gruppe ausgeschlossen wurde, die
dieses Verhalten nicht ausgeprägt hatte.
Variation war im Erbgut aller Spezies angelegt. Es war, als ob
jede Spezies in einem bestimmten Moment auf einem Feld sich
konzentrierte, dessen Grenzen der Umfang des möglichen
Lebensraums waren. Eine isolierte Gruppe wurde nun in einer
abgetrennten Ecke des Felds ausgesetzt. Und dann tat sich vielleicht
eine Lücke im Außenzaun auf und gewährte Zugang zu
einem anderen, leeren Feld, in das sie langsam einsickerte. Und dann
wurde wieder eine Variation nötig, um den neuen Lebensraum
auszufüllen – und wenn die erforderliche Variation im
Erbgut nicht angelegt war, vermochte sie vielleicht durch Mutation zu
entstehen.
Letzten Endes entfernten jene, die sich in die fernste Ecke des
neuen Territoriums ausbreiteten, sich genetisch weiter von denen, die
auf dem alten Feld geblieben waren. Wenn die Entfernung für eine
Vermischung der alten mit den neuen Stämmen zu groß wurde,
entstand eine neue Spezies. Wenn die trennenden Schranken irgendwann
fielen, trat die neue Spezies möglicherweise in Konkurrenz mit
der Eltern-Art – und verdrängte sie vielleicht.
Etwa dreihunderttausend Jahre zuvor, in einem anderen Teil von
Afrika, war eine namenlose Gruppe Waldrand-Pithecinen durch einen
Lavastrom von ihrem Territorium abgeschnitten und für alle
Zeiten aus dem Wald verbannt worden.
Die Vertriebenen mussten sich vielen Herausforderungen stellen.
Die alte Angewohnheit der Pithecinen, am Waldrand zu jagen, war schon
mal ein Anfang gewesen, auf dem sie aufzubauen vermochten. Jedoch
unterschied das Nahrungsangebot in der Savanne sich wesentlich vom
Wald. Während der Wald ein stetiger Früchtelieferant
gewesen war, wartete die Savanne in der Hauptsache mit Fleisch auf.
Fleisch war eine hochwertige Nahrung, aber sie bestand aus Paketen,
die über eine trockene, unwirtliche Landschaft verstreut waren
– Paketen, die man erst einmal finden, fangen und zubereiten
musste. Und nachdem es die Leute aus dem Schutz der Bäume in die
offene Savanne verschlagen hatte, brauchten sie auch einen neuen
Körper, um mit der Trockenheit und Hitze zurechtzukommen. Neue
Verhaltensweisen waren erforderlich, um an die Ressourcen der neuen
Umgebung zu gelangen – und sie mussten in einer
Räuber-Hölle überleben.
Nach nur einem Dutzend Generationen waren Weits Ahnen nicht mehr
wieder zu erkennen.
Der alte Primaten-Bauplan war geändert worden, und sie waren
nun so groß, dass es alle menschlichen Proportionen sprengte.
Weits Körper war viel massiger als die Affen-Vorfahren –
sie war doppelt so schwer wie ein erwachsener graziler Pithecine. Die
Masse war eine Adaption ans offene Land: Ein großer Körper
vermochte nämlich mehr Wasser zu speichern, was ein wesentlicher
Vorteil in der Savanne war, wo die Wasserquellen manchmal
stundenlange Fußmärsche auseinander lagen.
Außerdem war ihr Stoffwechsel imstande, Körperfett zu
bilden und subkutan zu speichern, denn Fett war eine wichtige
Energiereserve. Mit zehn Kilogramm Fett vermochte ein Körper
vierzig Tage ohne Nahrung auszukommen, was ausreichte, um auch die
schlimmsten jahreszeitlichen Schwankungen zu neutralisieren. Das Fett
hatte den Körper geformt und sie mit runden Brüsten, einem
breiten Hinterteil und kräftigen Schenkeln ausgestattet, was ihr
eine weitaus menschlichere Gestalt verlieh als den
schimpansenartig schlaffen Pithecinen. Trotzdem war Weit kein
Fettklops; sie war groß und schlank, sodass der Körper
überschüssige Wärme gut abzuführen vermochte und
nur eine verhältnismäßig kleine Fläche der Haut
der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt war.
Eine weitere Anpassung an die Hitze bestand darin, dass sie
außer am Kopf so gut wie keine Körperbehaarung hatte. Und
im Gegensatz zu Capo und zu allen anderen Primaten außerhalb
ihrer Artenfamilie schwitzte sie – denn blanke, schwitzende Haut
regulierte die Temperatur bei Lebewesen, die zu einem Leben unter der
tropischen Sonne verurteilt waren, viel besser als Haare. Schwitzen
war jedoch in der Hinsicht paradox, dass Weit dadurch Wasser verlor.
Also musste sie intelligent genug sein, um zum Ausgleich dieses
Nachteils Wasserquellen zu finden; anders als die meisten
ursprünglichen Savannenbewohner wäre ihre Art immer in
einem gewissen Ausmaß auf Wasserläufe und die
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