Evolution
alten Heimat auf
neue Probleme.
Manche Hominidenpopulationen hatten es trotz der Klima-Kapriolen
vorgezogen, nicht auf Wanderschaft zu gehen. Um zu überleben,
hatten sie ihre Intelligenz steigern müssen. Bessere Werkzeuge
– hauptsächlich die Steinäxte – waren der
Schlüssel zum Überleben gewesen. Das Geheimnis der Axt
bestand in der Tropfenform. Diese Form ergab eine lange Schneidkante
bei gleichzeitig minimalem Gewicht. Obwohl sie im Bedarfsfall noch
die einfachen pithecinenartigen Splitter-Werkzeuge verwendeten –
die leicht zu fertigenden Splitter waren ›billig‹ und
für manche Aufgaben, zum Beispiel für die Jagd auf
Kleintiere sogar besser geeignet –, benutzte man die
Steinäxte nicht nur zum Zerteilen von Fleisch, sondern auch
dafür, um Zweige und Äste von den Bäumen abzuhacken,
Holzspeere anzuspitzen, Bienenstöcke zu öffnen, in
Baumstämmen nach Larven zu stochern, Rinde abzuschälen,
Mark zu zerkleinern, Schildkrötenpanzer zu knacken… Es war
eine Gruppe der zu Hause Gebliebenen, von der Axt abstammte.
Weshalb Weit, ein Nachkomme von Wanderern, die das südliche
Eurasien bis zum Fernen Osten durchquert hatten, nun mit dieser
geradezu futuristisch anmutenden Technik von Axt und seinen Leuten
konfrontiert wurde.
Axt arbeitete geduldig. Weit ließ den Blick schweifen und
sah, dass das ausgetrocknete Flussbett mit Steinäxten
übersät war: Viele Steine, die sie für bloße
Kieselsteine gehalten hatte, waren bearbeitet worden. Sie alle hatten
die typische Tropfenform und wiesen in unterschiedlicher
Ausprägung die scharfe Kante am Umfang des Werkzeugs auf.
Aber diese Äxte muteten seltsam an. Ein paar waren winzig
– nur schmetterlingsgroß –, und andere waren
groß. Manche waren gesplittert, andere blutverschmiert. Als sie
eine der größeren Äxte aufhob, schnitt sie sich in
den Finger; sie war kaum benutzt worden, falls überhaupt.
Jemand kam auf sie zu. Sie kauerte sich zusammen.
Es war Narben-Gesicht, der Mann, der die Kinder gelehrt hatte, wie
man einen Stein bearbeitet. Er sah Weit gierig an. Er hatte eine
große Axt in der Hand. Sie war viel zu groß, als dass sie
zum Zerteilen von Fleisch geeignet gewesen wäre. Ohne sie aus
den Augen zu lassen, drehte er die Axt in den Händen und
schärfte eine Kante mit einem Hammer-Stein nach. Dann schabte er
damit übers Bein und rasierte den schwarzen Haarflaum ab, der
dort wuchs. Und die ganze Zeit betrachtete er Weits Gesicht und
Körper. Das halb verschlossene Auge glänzte.
Sie hatte absolut keine Ahnung, was er wollte – bis sie die
Erektion aus seinem Schamhaar hervorstechen sah.
Axt war mit der Schneide, an der er arbeitete, fast fertig: Das
handtellergroße, grob behauene Objekt war ersichtlich ein
funktionales Werkzeug, in ein paar Minuten angefertigt. Als er jedoch
sah, was Narben-Gesicht vorhatte, ließ er die Steinaxt zornig
fallen. Er stand auf, verstreute die abgeschlagenen Splitter und
schlug den Mann gegen die Schulter. »Weg! Weg!«
Narben-Gesicht knurrte ihn an, und der erigierte Penis
erschlaffte. Dann entriss Axt ihm die große Show-Axt und warf
sie auf den Boden. Ein Teil der schön gearbeiteten Klinge
zersplitterte. Narben-Gesicht schaute auf die Axt, auf Weit und ging
nach einem letzten bösen Blick auf Axt davon.
Weit saß mit an die Brust gezogenen Beinen da. Sie war
verängstigt und verwirrt.
Axt schaute sie an. Dann ging er wieder im trockenen Flussbett auf
und ab und prüfte die Steine. Schließlich stieß er
auf einen unregelmäßigen vulkanischen Stein, der so schwer
war, dass er ihn nur mit beiden Händen anzuheben vermochte. Er
setzte sich wieder hin, suchte sich ein paar Hammer-Steine aus und
deckte den Schoß mit Buschwerk ab.
Dann schlug er mit aller Kraft auf den Stein. Splitter und ganze
Scheiben scherten ab. Dank seines Geschicks und der Kraft
kristallisierte sich bald eine tropfenförmige Steinaxt heraus.
Nun formte er mit ein paar kleineren Steinen die beiden
linsenförmigen Oberflächen und schärfte die Kante zu
einer scharfen Klinge.
Der erste Arbeitsgang war einfach gewesen, weil er da einen Stein
bearbeitet hatte, der schon die annähernde Form einer Steinaxt
besaß. Dieser Stein war jedoch viel schwerer zu bearbeiten. Er
hätte sich kaum einer größeren Herausforderung zu
stellen vermocht – und er hatte sich ihr bewusst gestellt. Und
er sorgte auch dafür, dass er sich vor Weit in Szene setzte.
Die Nomaden-Leute hatten derartige Werkzeuge schon seit
zweihunderttausend Jahren
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