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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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Fingern mit einem wunderschönen
Elefantenkopf-Muster verziert worden. Als die Frau den Elefantenkopf
sah, stockte ihr der Atem. Sie schnappte sich die Muschel und
drückte sie an die Brust.
    Nun bedeuteten die Frauen Schössling mit einem Winken, ihnen
in die Siedlung zu folgen. Er schritt lässig einher, ohne sich
umzudrehen und hoffte, dass seine Gefährten sich bedeckt
hielten.
    In der Siedlung der Fluss-Leute erregte er Aufsehen. Die Leute, an
denen er vorbeiging, schauten ihn böse an, und gleichzeitig
starrten sie begehrlich auf die gravierte Muschel. Ein paar Kinder,
einschließlich des Mädchens, das die anderen alarmiert
hatte, liefen ihm neugierig hinterher.
    Er wurde in eine der Hütten geführt. Es handelte sich um
einen typischen Wohnraum mit einer ordentlichen Feuerstelle,
Pritschen und aufgestapelten Nahrungsmitteln, Werkzeugen und
Häuten. Es sah so aus, als ob zehn oder zwölf Leute hier
lebten, einschließlich Kinder. Aber die Familie war ausgeflogen
und hatte nur zwei bärtige Männer zurückgelassen, die
mindestens in seinem Alter waren und die Frauen, die ihn hergebracht
hatten. Der festgestampfte Boden war mit den üblichen Zeichen
menschlicher Bewohnung übersät – Knochen,
Steinsplitter von Werkzeugfertigung und ein paar halb verzehrte
Wurzeln und Früchte.
    Die Männer saßen vorm schwelenden Holz der Feuerstelle.
Sie alle hatten sich große Knochen durch die Nasenspitzen
getrieben. Einer von ihnen machte eine Geste. »Hora!« Das Wort war fremd, die Geste unmissverständlich.
Schössling setzte sich an die gegenüberliegende Seite des
Feuers. Man bot ihm eine gekochte Wurzel zum Essen und eine dicke
Flüssigkeit zum Trinken an. Während er sein Warensortiment
ausbreitete, schaute er sich mit gierigen Blicken in der Hütte
um. Die Feuerstelle war im Gegensatz zu den simplen Löchern, die
Mutters Leute gruben, sauber ausgehoben und befestigt. Und daneben
war eine Mulde, die mit Tierhäuten ausgelegt und mit Wasser und
großen flachen Flusssteinen gefüllt war. Er sah sofort,
dass das Wasser erwärmt wurde, indem man die im Feuer erhitzten
Steine hineinwarf. Und da war ein Gebilde aus Lehmziegeln und Stroh,
dessen Funktion sich ihm jedoch nicht erschloss: Er hatte noch nie
zuvor einen Ofen gesehen. Es gab auch noch ein paar andere
ungewöhnliche Artefakte, wie sauber gearbeitete Körbe und
eine Schüssel, die aus etwas gemacht war, das er auf den ersten
Blick für Holz hielt und das sich dann als eine Art
gehärteter Ton entpuppte.
    Am meisten staunte er aber über die Lampen.
    Sie waren einfache Tonschüsseln mit Tierfett und mit
Wacholderzweiglein als Dochte. Aber sie brannten stetig und
erfüllten die Hütte mit einem klaren gelben Licht. Nun war
ihm auch klar, wieso diese Hütten keine Fenster brauchten. Die
Gedanken überschlugen sich, als er sich bewusst wurde, dass
diese Lampen einem überall Licht spenden würden, wo man es
brauchte, selbst in stockfinsterer Nacht und ohne ein Feuer.
    Es war klar, dass diese Leute seiner Sippe hinsichtlich der
Werkzeugfertigung weit voraus waren. Aber ihre Kunst war viel
bescheidener, obwohl ein paar von ihnen Ketten mit den Perlen trugen,
wie er sie schon um den Hals des kleinen Mädchens gesehen hatte
– Perlen, von denen sich herausstellte, dass sie aus dem
Elfenbein von Elefanten-Stoßzähnen gearbeitet waren.
    Deshalb überraschte es ihn auch nicht, dass die Alten von der
Produktpalette fasziniert waren, die er ihnen präsentierte. Sie
umfasste Elfenbein- und Knochenfiguren von Tieren und Menschen,
abstrakte und gegenständliche Bilder, die als Muschel- und
Sandsteinreliefs gearbeitet waren und eine von Mutters speziellen
Kreationen, ein Wesen mit dem Körper eines Menschen und dem Kopf
eines Wolfs.
    Das war eine Reaktion, wie er sie schon viele Male erlebt hatte.
Die Kunst von Mutters Leuten war in den zwei Jahrzehnten seit ihren
ersten Versuchen zu großer Blüte gelangt. Die Leute waren
mit ihren großen Gehirnen und geschickten Fingern dafür bereit gewesen; es hatte nur jemand kommen müssen, der
ihnen eine Vorlage lieferte – genauso wie diese intelligenten
Fluss-Leute für die Kunst bereit waren. Es war, als ob Mutter
ein Staubkorn in eine supergesättigte Lösung geworfen
hätte, wo sich sofort ein Kristall gebildet hatte.
    Bei der Kommunikation mit diesen Fluss-Leuten musste
Schössling sich mit Zeichensprache behelfen und auf den Instinkt
verlassen. Aber die ›Geschäftsgrundlage‹ war bald
klar. Sie würden Handel treiben,

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