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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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sie
Pläne.
    Mutter fiel jedoch auf, dass Schössling sich irgendwie
merkwürdig verhielt. Ihr engster Vertrauter seit dem Tod von
Augen verhielt sich ihr gegenüber zwar so respektvoll wie immer.
Trotzdem strahlte er eine gewisse Ungeduld aus. Das flackernde Licht
der kleinen Lampe verdrängte diese Gedanken aber aus ihrem
Kopf.
     
    Schössling führte mit seinen besten Jägern
Aufklärung um die Siedlung der Fluss-Leute durch.
    Er hatte ihnen erklärt, wie der Angriff durchgeführt
werden sollte. Er zeichnete skizzenartige Landkarten in den Staub und
markierte mit Steinen den Standort von Hütten und Leuten. Ein
Talent für Symbole war vielfältig nutzbar. Rudel-Jäger
hatten ihre Angriffe immer schon koordinieren müssen. Wölfe
taten das, die großen Katzen taten das, und die Raptoren
vergangener Zeitalter hatten das auch schon getan. Aber noch nie war
die Planung so sorgfältig und umfassend gewesen wie bei diesen
schlauen Hominiden.
    Als die Kampfgruppe sich der Siedlung der Fluss-Leute
näherte, begegneten sie nur wenigen Tieren. Die Beutetiere
lernten diese neuen Jäger mit ihren weit reichenden Waffen und
der überlegenen Intelligenz bereits zu fürchten.
    Und manche Tiere, wie ein paar Schweine-Arten und Wald-Antilopen,
kamen in dieser Gegend schon gar nicht mehr vor, weil sie
nämlich von den Menschen ausgerottet worden waren.
    Das war natürlich nur ein schwacher Auftakt für die
Zukunft.
    Nun machten Schössling und seine Leute aber Jagd auf Leute
und nicht auf Tiere.
    Als sie angriffen, waren die Fluss-Leute chancenlos. Es waren
allerdings nicht die Waffen, die den Angreifern zum Vorteil
gereichten, auch nicht ihre Anzahl, sondern ihre Einstellung.
    Mutters Leute kämpften mit einer Art befreiendem Wahnsinn.
Sie kämpften weiter, wenn die Kameraden um sie herum fielen,
wenn sie selbst so schwer verwundet wurden, dass sie eigentlich
kampfunfähig hätten sein müssen und selbst wenn sie
dem Tod ins Auge blickten. Sie kämpften, als wären sie von
ihrer Unsterblichkeit überzeugt – was der Wahrheit auch
ziemlich nahe kam. Hatte nicht Mutters Kind den Tod besiegt und war
in die Steine und den Boden, das Wasser und den Himmel
übergegangen und lebte nun bei den unsichtbaren Leuten, die
übers Wetter, die Tiere und das Gras herrschten?
    Und vom Glauben, dass Dinge oder Waffen, Tiere oder der Himmel in
gewisser Weise Leute waren, war es nur noch ein kleiner Sprung zur
Überzeugung, dass manche Leute nicht mehr als Dinge seien. Die alten Kategorien hatten keine Gültigkeit mehr.
Beim Angriff auf die Fluss-Leute töteten sie keine Menschen,
Leute wie sie. Sie töteten Objekte, Tiere, die geringer waren
als sie. Die Fluss-Leute hatten trotz ihrer fortschrittlichen Technik
wie der Töpferkunst keinen solchen Glauben. Das war eine Waffe,
der sie nichts entgegenzusetzen hatten. Dieser kurze, aber
barbarische Kampf war der Ursprung einer roten Linie, die sich durch
die langen blutigen Zeitalter ziehen sollte, die da kommen
würden.
    Als es zu Ende war, ging Schössling durch die Ruinen der
Siedlung. Er hatte die meisten Männer der Fluss-Leute
abschlachten lassen, ob jung oder alt, schwach oder stark. Er hatte
aber versucht, ein paar Kinder und jüngere Frauen zu verschonen.
Die Kinder würden gezeichnet und im Geiste von Mutter und ihren
Gefolgsleuten unterwiesen werden. Die Frauen würde man den
kämpfenden Männern geben. Wenn sie schwanger wurden,
würde man ihnen die Kinder wegnehmen, es sei denn, sie waren
inzwischen auch Gefolgsleute geworden. Er hatte ein paar Leute mit
einem Verständnis der Öfen, der Lampen und der anderen
tollen Dinge hier ausgesondert; sie würden auch verschont
werden, falls sie kooperativ waren. Er wollte, dass seine Leute die
Technik der Fluss-Leute erlernten.
    Es war wieder einmal eine erfolgreiche Operation, die zum
strategischen Wachstum von Mutters Gemeinschaft beitrug.
    Als man ihr das Dorf der Fluss-Leute zeigte, war Mutter erfreut
und nahm Schösslings Ehrenbezeugung entgegen. Doch wieder sah
sie ein Stirnrunzeln bei ihm. Vielleicht tat er sich zunehmend schwer
damit, ihre Befehle zu befolgen. Vielleicht sollte dabei mehr
für ihn herausspringen. Sie würde sich darüber
Gedanken machen und etwas unternehmen müssen.
    Aber für solche Maßnahmen war es schon zu spät.
Während sie noch den Blick über seine letzte Eroberung
schweifen ließ, griff bereits der Tod nach ihr.
     
    Mutter erfuhr nie vom Krebs, der sie innerlich auffraß. Aber
sie spürte ihn als einen Klumpen im

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