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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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die
leichtsinnigerweise in ihre Nähe schwammen. Ein paar
Mädchen standen bis zur Hüfte im Wasser und hielten quer
über den Fluss gespannte Netze, während Gefährten
ihnen planschend und spritzend die Fische zu trieben.
    Das war ein großer Technologiesprung seit den einfachen
Baumstamm-Flößen, die Harpunes Leute einst benutzt hatten.
Angelockt vom Reichtum der Küsten, Flüsse und Flussdeltas
hatte das erfinderische und rastlose menschliche Gehirn gleich eine
ganze Palette an Möglichkeiten ersonnen, das Wasser
abzuschöpfen.
    Die Brüder manövrierten durch dieses Getümmel.
    »Viel los heute«, grummelte Ejan. »Wir können
froh sein, wenn’s heute Abend was zu essen gibt. Wenn ich ein
Fisch wäre, würde ich sofort Reißaus
nehmen.«
    »Dann hoffen wir, dass die Fische noch dümmer sind als
du.«
    Ejan zog das hölzerne Paddel durch und spritzte seinen Bruder
nass.
    Plötzlich ertönte weiter flussabwärts ein Schrei.
Die Brüder drehten sich um, beschirmten die Augen und versuchten
etwas zu erkennen.
    Durch die dichte Wolke in der Sonne glänzender Insekten
machten sie ein Floß aus Mangrovenpfählen aus. Drei
Männer standen auf dieser Plattform; sie zeichneten sich als
schlanke dunkle Schemen in der feuchten Luft ab. Ejan sah die
Ausrüstung in Form von Waffen und Häuten, die sie am
Floß verlascht hatten.
    »Unsere Brüder«, sagte Ejan aufgeregt. Er riskierte
es, im Kanu aufzustehen, im Vertrauen darauf, dass Torr das kleine
Boot stabil hielt. Dann winkte er heftig. Als sie ihn sahen, winkten
die Brüder zurück und hüpften auf dem Floß
herum, sodass es schaukelte. Heute würden die drei auf dem
Floß aufs offene Meer hinausfahren und versuchen, die
Überfahrt zum großen südlichen Land zu
bewältigen.
    Ejan setzte sich wieder hin. Die Angst, ins Wasser zu fallen, war
wieder stärker als die Freude über den Anblick seiner
Brüder. »Ich sage dir, das Floß ist noch immer zu
schwach«, murmelte er.
    Torr paddelte stoisch vor sich hin. »Osa und die andern
wissen schon, was sie tun.«
    »Aber die Meeresströmungen und die
Gezeiten…«
    »Wir haben gestern Abend einen Affen für Ja’an
getötet«, erinnerte Torr ihn. »Ihre Seele ist bei
ihnen.«
    Ich bin es aber, der den Namen der Weisen Frau trägt,
sagte Ejan sich unbehaglich, und nicht sie. »Vielleicht
hätte ich sie begleiten sollen.«
    »Zu spät«, sagte Torr nüchtern. Und er hatte
Recht; Ejan sah, dass die drei Brüder sich abgewandt hatten und
gleichmäßig flussabwärts auf die Flussmündung
zuruderten. »Komm, Ejan«, sagte Torr. »Lass uns
fischen.«
    Als sie tieferes Gewässer erreicht hatten, nahmen die
Brüder das aus Flachs gewobene Netz und ließen es zu
Wasser. Die Brüder schwammen so weit auseinander, bis das Netz
ausgespannt war, und dann hakte Ejan den großen Zeh in den
unteren Rand des Netzes, um es senkrecht zu öffnen.
Schließlich zog das Netz sich wie ein ungefähr
fünfzehn Meter langer Zaun durch die Strömung. Nun
betätigten die Brüder sich als Schleppnetz-Schwimmer.
    Das träge fließende, sämig grüne Wasser
umschmeichelte warm Ejans Körper.
    Nach etwa fünfzig Metern schwammen sie aufeinander zu und
schlossen das Netz. Die Ausbeute war nicht groß – die
Fische waren heute wirklich verscheucht worden –, aber es waren
immerhin noch ein paar dicke Brocken darunter, die sie ins Kanu
warfen. Die kleinen Fische warfen sie ins Meer zurück; wieso
sollten sie sich mit Kleinkram abgeben, wenn sie es sich leisten
konnten, noch ein paar Monate zu warten, um dann einen dicken,
ausgewachsenen Fisch an Land zu ziehen. Sie spannten das Netz und
schickten sich an, noch einmal flussaufwärts zu schwimmen.
    Doch plötzlich ertönte vom Ufer ein Schrei. Es war ein
unheimlicher Klagelaut.
    »Mutter«, sagte Ejan zu Torr.
    »Wir müssen zurück.«
    Sie legten das Netz über einen Baumstumpf; es würde
schon nicht wegkommen. Dann stiegen sie wieder ins Kanu, wendeten es
und stießen es ins Gewirr aus Treibgut, das das Flussufer
säumte.
    Als sie zum Lager zurückkamen, sahen sie, wie ihre Schwestern
ihre traurige Mutter zu trösten versuchten. Die drei Brüder
waren noch nicht einmal außer Sichtweite von der Küste
gewesen, als eine Flutwelle das zerbrechliche Floß
zertrümmert hatte. Keinen von ihnen hatte man seitdem wieder
gesehen; sie waren alle drei ertrunken.
    Nie wieder würden Osa, Born und Iner ihre Kanus an Ejans
vertäuen.
    Ejan drängte sich zwischen den Geschwistern zu seiner Mutter
durch und legte ihr die Hand

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