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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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gegen das stählerne Blaugrau des Eises ab.
Diese früh zurückkehrenden Zugvögel waren im Schnee
unsichtbar, würden aber einen deutlichen Kontrast zu den
Grün- und Brauntönen des Frühjahrs bieten.
    »Komm«, sagte sie. Sie machten kehrt und rutschten den
Abhang zum Fichtenwäldchen zurück.
    Jahna wählte einen schönen, biegsamen jungen Baum aus.
Dann holte sie eine Steinaxt aus der Tasche und fällte den Baum
eine Handbreit überm Schnee. Dann hackte sie die Krone ab,
sodass ein Stamm übrig blieb, der in etwa ihre Länge hatte.
Mit Millos Hilfe machte sie eine Kerbe in den Stamm und trieb einen
Keil hinein. Der Stamm ließ sich leicht spalten, und sie
erhielt einen dünnen, federnden Streifen, den sie mit schnellen
Bewegungen abschabte. Millo schälte inzwischen die restliche
Rinde vom Stamm. Er zerriss sie in Fasern und flocht sie zu einer
Schnur. Der Bogen, der zum Schluss dabei herauskam, war arg
improvisiert. Nicht perfekt, sagte sie sich, aber er würde
seinen Zweck erfüllen.
    Dann spaltete sie eilig Pfeile von den Überresten des Stamms
ab. Sie hatten natürlich kein Feuer, um die Pfeile zu
härten und auch keine Federn, die als Stabilisatoren dienten.
Also improvisierte sie und behalf sich mit Stücken der
abgeschälten Rinde, die sie in Schlitze in den Pfeilen
steckte.
    Sie arbeiteten, so schnell sie konnten. Aber die Sonne stand schon
ein beträchtliches Stück tiefer am Himmel, als sie fertig
waren.
    Sie steckte wieder Kopf und Schultern über die Erhebung und
griff zum Bogen. Die Vögel waren noch immer da. Sie zielte und
spannte den Bogen.
    Der erste Pfeil ging so weit daneben, dass die Vögel es nicht
einmal bemerkten. Der zweite erschreckte sie nur – die
Vögel stoben empört kreischend und mit flatternden,
leuchtenden Schwingen auf. Dann verschoss sie den letzten Pfeil
– ein bewegliches Ziel war viel schwerer zu erfassen –, und
ein Vogel geriet ins Trudeln und fiel vom Himmel.
    Jubelnd kletterten Bruder und Schwester über die Anhöhe
und rannten auf den zugefrorenen Teich zu. Der Vogel lag mit
gespreizten Flügeln und blutverschmiertem Gefieder auf dem Eis.
Jedoch waren die Kinder nicht so leichtsinnig, um blindlings aufs Eis
zu laufen. Millo fand einen langen Ast. Dann legten sie sich
bäuchlings auf den festen Boden am Ufer des Teichs und zogen den
Vogel mit dem Ast an Land.
    Im Tod schaute der Vogel hässlich und plump aus. Doch Jahna
umfasste den kleinen Kopf mit den Händen. Dann nahm sie etwas
Schnee, ließ ihn auf der Hand schmelzen und träufelte dem
Vogel das Wasser in den offenen Schnabel: eine letzte Tränkung.
»Danke«, sagte sie. Es war wichtig, diesen Respekt Tieren
und Pflanzen gleichermaßen zu erweisen. Die Welt gab einem
reichlich, aber nur solang man sie nicht rücksichtslos
ausbeutete.
    Als die kleine Zeremonie beendet war, rupfte Jahna den Vogel
schnell, schlitzte ihm den Bauch auf und nahm ihn aus. Die Haut
faltete sie zusammen und steckte sie in die Tasche. Mit den Federn,
die das Schneehuhn ihr gegeben hatte, würde sie morgen bessere
Pfeile anfertigen.
    Sie aßen das rohe Fleisch, wobei das Blut an den Wangen
hinab lief und den Schnee rot sprenkelte. Es war ein Moment des
Triumphs. Jedoch währte Jahnas Befriedigung wegen der Beute
nicht lang. Die Abenddämmerung setzte ein, und es wurde
kälter.
    Ohne eine Schutzbehausung würden sie sterben.
    Jahna hängte sich den Bogen über den Rücken,
steckte sich das restliche Geflügelfleisch in den Mund und
führte Millo ein Stück landeinwärts. Bald kamen sie zu
einer offenen, schneebedeckten Wiese. In der Mitte reichte der Schnee
ihr fast bis zu den Knien.
    Das sollte genügen.
    Sie formte Blöcke aus dem Schnee. Es war ein hartes
Stück Arbeit, denn sie hatte keine Hilfsmittel außer den
Händen und Steinklingen, und die weichen oberen Schichten des
Schnees brachen immer wieder ein. Weiter unten war der Schnee aber
verdichtet und hart genug.
    Dann stapelte sie die Blöcke in einem engen Kreis um sich
herum auf. Millo schloss sich ihr widerwillig an. Bald zogen sie eine
kreisrunde Wand um eine immer tiefere Grube hoch. Sorgfältig
zogen sie die Kreise immer enger, bis sie schließlich eine
Kuppel errichtet hatten. Dann schlug Jahna einen Zugangstunnel in die
Wand, und Millo glättete die Innen- und Außenwand der
Kuppel.
    Das Schneehaus war eine behelfsmäßige Notunterkunft,
aber es würde seinen Zweck erfüllen.
    Die Dunkelheit brach nun schnell herein, und es ertönte
bereits das erste Wolfsgeheul. Eilig

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