Evolution
Investition
in Kraft und Liebe wegen eines abartigen Frühlingssturms und
seiner unverzeihlichen Nachlässigkeit verloren.
In Gedanken versunken hatte Rood die Siedlung verlassen und
näherte sich dem Slum der Knochenköpfe.
Die Knochenköpfe schauten beim Vorbeigehen trübe zu ihm
auf. Ein paar kauten auf Stücken von Narwal-Haut herum. Eine Kuh
hatte sich ein dürres Kind an die schlaffe Brust gelegt; sie
wandte sich furchtsam von ihm ab. Die Knochenköpfe hatten keinen
Platz in diesem Land, das den Menschen gehörte. Und die
Knochenköpfe wären verhungert, wenn die Leute nicht so
großzügig – und verschwenderisch gewesen wären.
Die Knochenköpfe waren weder Tier noch Mensch und verdienten
nicht den geringsten Respekt. Die Knochenköpfe hatten ja nicht
einmal Namen.
Aber sie waren nützlich.
Er stieß auf eine Kuh, die jünger war als die anderen.
Das war nämlich die Kuh, die Jahna nicht lang vor der
katastrophalen Expedition zum Meer gequält hatte.
Sie blickte trübe zu ihm auf; ihr absurd platter Schädel
war mit Dreck verschmiert. Er wusste, dass die da im gleichen Alter
war wie Jahna, aber sie war schon reifer als seine Tochter. Sie
saß in eine lose Tierhaut gehüllt im Schmutz und spielte
mit einem abgenutzten, zerbrochenen Anhänger. Die
Knochenköpfe schienen immerhin so viel im Kopf zu haben, um von
den Artefakten der Leute fasziniert zu sein, aber wiederum zu wenig,
um selbst welche zu fertigen: Für eine Perle aus
Mammut-Elfenbein oder eine aus Knochen geschnitzte Harpune vermochte
man von einem Knochenkopf alles zu bekommen.
Aus einem Impuls heraus, den er sich selbst nicht recht zu
erklären vermochte, bückte Rood sich und riss der Kuh die
Tierhaut vom Leib. Von diesem schrägen Gesicht und dem
abgeplatteten Kopf einmal abgesehen war ihr Körper gar nicht so
übel, sagte er sich; die grobschlächtige Statur der
Erwachsenen musste sie erst noch ausbilden.
Er spürte, dass er eine Erektion bekam.
Er kniete sich hin, packte die Kuh an den Knöcheln und warf
sie auf den Rücken. Sie machte bereitwillig die Beine breit; es
war offensichtlich nicht das erste Mal, dass sie auf diese Art und
Weise benutzt wurde. Er befingerte ihren warmen Körper und
stellte fest, dass ihre Vagina und der After schmutzverkrustet waren.
Er säuberte sie mit den Fingern.
Und dann drang er mit einem heftigen Stoß in sie ein.
Für einen kurzen berauschenden Moment vermochte er den
schrecklichen Moment zu vergessen, als der Sturm losbrach und er sich
bewusst wurde, dass er Jahna und Millo auf dem Eis verloren
hatte.
Aber es war schnell vorbei. Als er sich von dem Mädchen
löste, überkam ihn Ekel, bei dem sich ihm fast der Magen
umdrehte. Mit einem Zipfel seines Umhangs säuberte er sich.
Das nackte Mädchen hob in stummem Flehen die Hände.
Um den Hals trug er einen Anhänger, den Zahn eines
Höhlenbären. Er zerriss die Schnur aus Hirschleder, an der
er hing und warf ihn in den Schmutz. Das Knochenkopf-Mädchen
ergriff den Anhänger und hielt ihn sich vors Gesicht, wo sie ihn
unablässig drehte und seine endlosen Mysterien zu durchdringen
versuchte. Blut rann ihr über die Schenkel.
Jahna und Millo folgten weiter der Küste und hofften noch
immer, auf die Landzunge zu treffen, wo sie ihren Vater und seine
Gefährten zuletzt gesehen hatten. Für die Nacht bauten sie
Schneehäuser, falls es denn Schnee gab, oder schliefen unter
hastig errichteten Schutzdächern. Jahnas Bogen und Millos
schnelle Reflexe verhalfen ihnen zu Nahrung in Form kleiner Tiere und
Vögel.
Sie vermochten sich mit Nahrung zu versorgen und sogar
Unterkünfte zu errichten. Jedoch hatte Millo schon eine
qualvolle Nacht verbracht, nachdem er leichtsinnigerweise einen Fisch
gegessen hatte, der nicht richtig ausgenommen worden war. Das
Schlimmste war aber, dass es ihnen bisher noch in keiner Nacht
gelungen war, ein Feuer zu entzünden, so sehr sie auch
Stöcke aneinander rieben und Steine gegeneinander schlugen. Und
das bekamen sie zu spüren. Vom rohen Fleisch bekam Jahna Zahn-
und Bauchschmerzen, und in stockdunkler Nacht glaubte sie, dass sie
es nie mehr warm haben würde.
Die Kinder gingen weiter, denn sie hatten keine andere Wahl. Aber
sie verloren Gewicht, wurden jeden Tag müder und die Kleidung
verschliss mit jedem Tag. Jahna wusste, dass sie langsam starben.
Obwohl sie von den Geistern der Ahnen in sich geleitet wurden,
wussten sie noch nicht genug, um auf sich gestellt zu
überleben.
Sie gelangten an einen Ort, wo die
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