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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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die
Herde beruhigte sich wieder.
    Aber es war die große Matriarchin, die den letzten Schlag
führte.
    Als die Allosaurier angriffen, waren die in plötzlichem
Schrecken vereinten Ornithen von der Lichtung geflohen. Nun kauerten
Lauscher und Stego mürrisch nebeneinander im Gestrüpp. Die
Waffen hatten sie noch in der Hand, obwohl man ihnen die Jagd
vermasselt hatte. Trotzdem vermochten sie der Lage noch etwas
Positives abzugewinnen. Wenn die Allos sich am Diplo satt gefressen
hatten, waren für sie vielleicht auch noch ein paar Brocken
übrig…
    Dann kam dieser letzte Peitschenhieb. Der lange Schwanz des Diplos
traf Stego am Rücken und riss ihn bis auf den Knochen auf. Er
schrie auf und taumelte mit offenem Mund ins Freie. Die geschlitzten
Pupillen seiner Augen zuckten, als er zu Lauscher aufschaute.
    Und einer der nicht weit entfernten Allosaurier drehte sich
interessiert um. Lauscher erstarrte vor Schreck.
    Mit einem einzigen Satz erreichte der Allo Stego. Stego schrie und
kratzte im Lehm. Neugierig, fast sanft stupste der Allo ihn mit der
Schnauze an.
    Und dann stieß der Allo mit erstaunlicher Geschwindigkeit
den Kopf vor und biss Stego den Hals durch. Er packte ihn an der
Schulter und hob ihn hoch. Stegos Kopf hing noch an ein paar
Hautfetzen, und der Körper zuckte noch. Der Allosaurier
entfernte sich von der Herde und trug ihn zum Waldrand, wo er ihn
verschlang. Das geschah recht schnell. Der Allo hatte Scharniere im
Kiefer und Schädel, sodass er wie eine Python das Maul weit zu
öffnen und das Gebiss so auszurichten vermochte, um die Beute
optimal zu portionieren.
    Lauscher starrte wie in Trance auf eine Allosaurier-Spur, die aus
tiefen dreizehigen Abdrücken im zertrampelten Lehm bestand. Ein Jäger ohne Gefährte ist wie eine Herde ohne
Matriarchin – ein Ornithen-Sprichwort, das ihr immer wieder
durch den Kopf ging.
    Die große Matriarchin drehte den Kopf und sah Lauscher an.
Lauscher verstand. Das Gezänk der Ornithen hatte den Allos den
Angriff überhaupt erst ermöglicht. Also hatte die
Matriarchin Stego mit dem Peitschenhieb enttarnt und den Allos zum
Fraß vorgeworfen. Es war ein Racheakt.
    Die Matriarchin wandte sich mit einem zufrieden klingenden
Träten ab.
    In Lauschers Bewusstsein verhärtete sich etwas zu einem
dunklen Kern.
    Sie wusste, dass sie den Rest ihres Lebens bei dieser Herde
verbringen würde. Und sie wusste auch, dass die Matriarchin ihr
wichtigstes Element war: Sie bot den anderen durch ihre schiere
Größe Schutz und führte sie mit einer über lange
Jahre erworbenen Weisheit. Ohne sie wäre die Koordinierung der
Herde viel schlechter und die Gefährdung viel größer.
In gewisser Weise war diese Matriarchin das wichtigste Wesen in
Lauschers Leben.
    Doch in diesem Moment schwor sie ihr Rache.
     
    Jede Nacht kehrten die Ornithen in den urzeitlichen Wald
zurück, wo sie einst Säugetiere und Insekten gejagt und die
Nester von Diplodocus geplündert hatten. Sie verteilten sich auf
kleine Reviere und sicherten sie mit schwer bewaffneten Wachen. Doch
an jenem Abend war die Trauer groß. Diese Ornithen-Nation
umfasste nur ein paar hundert Individuen und vermochte den Verlust
eines starken, intelligenten jungen Manns wie Stego nur schwer zu
verkraften.
    Auch als die Kühle der Nacht sie umfing, kam Lauscher nicht
zur Ruhe.
    Sie schaute zu einem Himmel empor, an dem Auroras, große
dreidimensionale Skulpturen aus grünem und purpurnem Licht
waberten. In diesem Zeitalter war das Erdmagnetfeld dreimal so stark
wie im Zeitalter der Menschen, und der anbrandende Sonnenwind wurde
in flammende Auroras verwandelt, die den Planeten manchmal von Pol zu
Pol umhüllten. Die Lichter am Himmel bedeuteten Lauscher aber
nichts; sie spendeten ihr keinen Trost und vermochten sie nicht
einmal abzulenken.
    Sie suchte Zuflucht in Erinnerungen an glücklichere,
unbeschwerte Zeiten, als sie und Stego ihre fernen Vorfahren imitiert
und Diplo-Eier gesucht hatten. Dabei galt es, im Wald eine Stelle zu
finden, die nicht allzu weit vom Waldrand entfernt war und durch
herumliegendes Laub und aufgeworfenen Dreck den Eindruck einer
scheinbaren Unberührtheit erweckte. Wenn man ein gutes
Gehör hatte und das Ohr auf den Boden legte, vermochte man mit
etwas Glück das Kratzen der Diplo-Jungen in den Eiern zu
hören. Lauscher hatte ›ihr‹ Nest immer vor den anderen
geheim gehalten und gewartet, bis die Diplo-Jungen aus den Eiern
schlüpften und den Kopf aus dem Schmutz streckten.
    Einem erfindungsreichen Geist wie

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