Evolution
angefertigt hatte, die Werkzeuge und Kleidung, der
hölzerne Kamm und ihr wertvoller Vorrat an auswaschbaren
Tampons.
Bonner durchwühlte die Überreste und zertrümmerte
die Wände der Hütte. Er war nackt bis auf fadenscheinige
Shorts. Mit den starken Muskeln und dem lehmverschmierten Haar,
Gesicht und Oberkörper hatte er kaum noch eine Ähnlichkeit
mit dem schüchternen jungen Piloten, dessen Snowy sich
angenommen hatte, als sie sich auf dem Flug zu einem
Flugzeugträger in der Adria zum ersten Mal begegnet waren.
Ahmed kam aus seiner Hütte; er war in eine versilberte
Überlebensdecke gewickelt? »Was ist denn hier
los?«
»Sie ist weg. Sie ist einfach abgehauen!«, tobte
Bonner.
Sidewise trat vor. »Wir sehen selbst, dass sie verschwunden
ist, du Trottel.«
Bonner wollte ihm einen wuchtigen Schlag versetzen. Sidewise
gelang es, sich vor der Faust des jungen Piloten wegzuducken, aber er
wurde trotzdem an der Schläfe gestreift und zu Boden
geworfen.
Snowy rannte zu Bonner und packte ihn von hinten an den Armen.
»Um Himmels willen, Bonner, immer mit der Ruhe!«
»Dieser Eierkopf hat sie gefickt. Die ganze Zeit hat er sie
gefickt.«
Ahmed wirkte konsterniert, wozu er auch allen Grund hatte, sagte
Snowy sich; wenn Moon verschwunden und mit ihr ihre einzige Hoffnung
auf Fortpflanzung verflogen war, dann waren seine grandiosen
Pläne Makulatur, bevor er sie auch nur ansatzweise in die Praxis
umgesetzt hatte. »Aber wieso hätte sie überhaupt
verschwinden sollen?«, stöhnte er. »Wieso ist sie
allein weg? Was hat das denn für einen Sinn?«
»Was hat das alles überhaupt noch für einen
Sinn?«, fragte Snowy. »Wir werden eh alle hier umkommen. Es
war von vornherein aussichtslos, Splot. Alles Sumpfeisen der Welt
hätte daran nichts geändert.«
Sidewise rang sich ein Grinsen ab. »Ich glaube nicht, dass
Bonner sich in diesem Augenblick Sorgen über das Schicksal der
Menschheit macht. Nicht wahr, Bonner? Es stinkt ihm doch nur, dass
die einzige Pussy auf der Welt verschwunden ist, ohne dass sie ihn
auch nur ein einziges Mal rangelassen hätte.«
Bonner holte wieder aus, doch diesmal fiel Snowy ihm gleich in den
Arm.
Ahmed schleppte sich hustend in seine Hütte zurück.
Nachdem eine relative Ruhe wiederhergestellt war, ging Snowy zum
Gestell, wo sie eine Reihe gehäuteter Kaninchen aufgehängt
hatten und bereitete eine Mahlzeit zu.
Bevor das erste Kaninchenragout überm Feuer brutzelte, hatte
Bonner schon seinen Rucksack gepackt. Da stand er nun im Abendlicht
und wandte sich an Sidewise und Snowy. »Ich verpiss mich«,
sagte er.
Sidewise nickte. »Du willst Moon suchen?«
»Was glaubst du wohl, du Scheißkerl.«
»Ich glaube, sie hatte eine gute Ausbildung. Sie wird schwer
aufzuspüren sein.«
»Ich werde es schon schaffen«, knurrte Bonner.
»Warte bis morgen«, riet Snowy ihm. »Iss erst mal
was. Du begibst dich in der Dunkelheit nur unnötig in
Gefahr.«
Doch Bonners Großhirn schien endgültig deaktiviert
worden zu sein. Er schaute die beiden hinter seiner Schlammmaske
finster an; er wirkte total angespannt. Dann stapfte er davon, wobei
der große Rucksack auf dem Rücken auf und nieder
hopste.
Sidewise legte noch mehr Fleisch aufs Feuer. »Den haben wir
zum letzten Mal gesehen.«
»Glaubst du, dass er Moon finden wird?«
»Nicht, wenn sie ihn kommen sieht.« Sidewise schaute
nachdenklich. »Und wenn er sie zwingen will, wird sie ihn
töten. Das traue ich ihr zu.«
Das Kaninchen war fast gar. Snowy nahm es vom Feuer und
portionierte es auf ihren selbst geschnitzten Holztellern. Wo Bonner
und Moon nun nicht mehr da waren, teilte er es in drei Portionen
auf.
Er und Sidewise schauten die drei Portionen für eine Weile
an. Ahmed war in seiner Hütte. Aus den Augen, aus dem Sinn.
Snowy nahm den dritten Teller und verteilte das Fleisch auf die
beiden anderen Teller. »Wenn es Ahmed wieder besser geht, soll
er sich selbst etwas zu essen machen. Wenn nicht, können wir
auch nichts für ihn tun.«
Dann taten sie sich am Kaninchen gütlich.
»Ich werde morgen aufbrechen«, sagte Snowy
schließlich.
Sidewise nahm es schweigend zur Kenntnis.
»Und was ist mit dir? Wohin wirst du gehen?«
»Ich glaube, ich werde eine Forschungsreise
unternehmen«, sagte Sidewise. »Ich werde mir die
Städte ansehen. London und Paris, falls ich es schaffe, den
Kanal zu überqueren. Ich will wissen, was geschehen ist. Es wird
aber nicht mehr viel übrig sein. Und der Rest wird wohl so
aussehen wie die Ruinen
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