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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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sich hin und
schaute auf die Brandung.
    Er ließ eine Hand voll feinen, goldenen Sands durch die
Finger rieseln. Der Sand enthielt aber auch schwarze Körner und
orange, grüne und blaue Partikel. Das bunte Zeug musste Plastik
sein. Und das schwarze Zeug sah aus wie Ruß – Ruß
von Rabaul, dem Killer-Vulkan, oder von den Bränden, die
über die Welt hinweggefegt waren, als alles den Bach
hinunterging.
    Es ist alles weg, sagte er sich staunend. Es ist wirklich alles
weg. Der Sand war ein Indiz. Mondgestein, Kathedralen und
Fußballstadien, Büchereien, Museen und Gemälde,
Straßen, Städte und Dörfer. Shakespeare, Mozart und
Einstein, Buddha, Mohammed und Jesus, Löwen und Elefanten,
Pferde und Gorillas und der Rest der Menagerie der Ausrottung –
alles zerstört, zerstreut und zermahlen und in diesem
rußigen Sand vermischt, der ihm durch die Finger rieselte.
    Die Haarigen verschwanden. Er sah ihre schlanken Gestalten im Wald
untertauchen.
    Er stand auf, klopfte sich den Sand von den Händen,
hängte sich den Rucksack über den Rücken und folgte
ihnen.

 
KAPITEL 18

DAS KÖNIGREICH
DER RATTEN
     
    Ostafrika,
ca. 30 Millionen Jahre in der Zukunft

     
I
     
     
    Der Asteroid hatte früher den Namen Eros getragen.
    Eros hatte seine eigene kleine Geographie. Die Oberfläche war
mit Einschlagkratern übersät, mit Schutt und Trümmern
und seltsamen Pools sehr feinen bläulichen Staubs, der vom
gnadenlosen Sonnenlicht elektrisch aufgeladen wurde. Er war dreimal
so lang wie breit und sah aus wie Manhattan Island, das in den
Weltraum geschleudert worden war.
    Eros war so alt wie der Teufelsschweif. Wie der Chicxulub-Komet
war auch er ein Überbleibsel aus der Entstehung des
Sonnensystems selbst. Doch im Gegensatz zum Kometen war der Asteroid
im Bereich des inneren Systems entstanden, genauer gesagt: innerhalb
des Jupiter-Orbits. In der Frühzeit des Sonnensystems hatten
chaotische Verhältnisse geherrscht, als die jungen Asteroiden
auf ihren erratischen Orbits ineinander gekracht waren. Die meisten
waren zu Staubwolken zertrümmert, in den großen Schlund
des Jupiter geschleudert worden oder ins überfüllte und
gefährliche innere System. Die Überlebenden liefen in
deutlich reduzierten Schwärmen auf ordentlichen Orbits um die
immer heller strahlende Sonne.
    Doch selbst jetzt oszillierten die Asteroiden-Orbits noch wie
angeschlagene Saiten unter dem geisterhaften Zug der Gravitation.
     
    Sie tauchte zögernd ins Tageslicht auf.
    Sie hatte wieder schlecht geträumt. Sie war benommen, und die
Glieder waren steif. Durchs primitive Dach des Baumwipfel-Nests sah
sie das Grün der höheren Baumkronen und Ausschnitte des
hellblauen tropischen Himmels. Wie die Unterlage unter ihrem
Körper war das Dach nur ein Geflecht aus kleinen Ästen,
Zweigen und Laub, das sie in den letzten Stunden vor der Dunkelheit
hastig hergerichtet hatte. Und das sie auch bald wieder aufgeben
würde.
    Sie lag auf dem Rücken, den rechten Arm wie ein Kissen unter
den Kopf geschoben, und die Beine an den Bauch gezogen. Ihr nackter
Körper war mit einem goldenen Haarflaum bedeckt. Im Alter von
fünfzehn Jahren war sie in der Blüte ihres Lebens.
Schwangerschaftsstreifen am Bauch und die kleinen Brüste
zeigten, dass sie schon ein Kind geboren hatte. Ihre
schlafverkrusteten Augen waren groß, schwarz und wachsam:
Ausweis einer langsamen Rückanpassung ans nachtaktive Leben.
Hinter den Augen ging die flache Stirn in eine kleine Gehirnschale
über, deren sanfte Wölbung von einem dunklen lockigen
Haarschopf kaschiert wurde.
    Ein Teil von ihr schlief nie tief und fest, egal wie
gemütlich die Nester auch waren. Im Traum wurde sie immer von
den Tiefen unter ihr geängstigt, in die sie vielleicht
stürzte. Weil die Baumwipfel der einzig sichere Ort für
ihre Leute waren, ergab das zwar keinen Sinn, aber so war es nun
einmal. Die Leute würden noch einige Zeit brauchen, um in den
Bäumen wieder richtig heimisch zu werden.
    Erschwerend kam hinzu, dass ihr bisher einziges Kind von dieser
grünen Tiefe unter ihr verschlungen worden war, als es an ihrem
regennassen Pelz den Halt verloren hatte und der kleine Körper
hinab gestürzt war.
    Sie hatte nie mit jemandem darüber gesprochen. Die Leute
sprachen gar nicht mehr miteinander. Die Zeiten des endlosen Geredes
waren lang vorbei, der Kehlkopf und die kognitiven Kapazitäten
eines geschwätzigen Volks waren abgelegt worden, denn sie wurden
für ein Leben in den Bäumen nicht gebraucht.
    Sie hatte nicht

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