Ewig Böse
war seine Erinnerung ihre Seele.
Als sie beim Van ankamen, schloss James sie in die Arme, küsste sie auf den Hals und flüsterte ihr Koseworte ins Ohr.
»Ich liebe dich auch«, sagte Stacey.
Betäubt fuhren sie los und sprachen eine halbe Meile lang kein Wort, rollten nur so dahin in der feuchtigkeitsgeschwängerten Luft, unter einem Himmel, in dem dunkelgrau ein Gewitter drohte. Er spürte, dass sie sich wieder ein bisschen besser fühlte, aber dann sah er vor sich einen dunklen Klumpen am Straßenrand. Ein überfahrenes Tier. Er straffte sich und hoffte, sie würde es nicht bemerken, selbst dann noch, als sie sich vorbeugte und die Hände aufs Armaturenbrett stützte. Sie hat es gesehen , dachte er, und das wird alles noch schlimmer machen . Er wich aus, aber Stacey stieß ein Wimmern aus und wandte den Kopf, während sie an dem toten Tier vorbeirollten.
»O Gott«, stöhnte sie, »es ist der Hase, James. Er ist entkommen!« Ihr kamen die Tränen. »Halt an! Bleib stehen!«
»Stacey, nein«, sagte er. »Es ist zu spät. Wir sind vorbei. Es war nur ein Feldhase. Er ist es nicht, es ist nicht derselbe. Er ist in Sicherheit.«
»Er könnte noch leben! Er braucht unsere Hilfe!«
Er war hin- und hergerissen. Wenn der Hase noch lebte, sollte er ihn von seinem Elend erlösen. Wenn er tot war, würde Stacey sich nur noch elender fühlen. Er sah, wie sie die Stirn gegen das Seitenfenster presste und sich im Vorbeifahren umwandte, und er wusste, dass er ihr nicht helfen konnte. Er musste tun, was sie sagte, und sie würde trauern, und es gab nichts, was er dagegen machen konnte.
Der Van rollte über die Landstraße … und er betrachtete sie, betrachtete sein Mädchen.
Ein schreckliches Pfeifen wie von einem Teekessel schrillte durch die Luft, ein ohrenbetäubender Lärm, der sie aus dem Nichts überfiel. James blickte auf und sah, dass er auf die Gegenfahrbahn zusteuerte. Ein Sattelschlepper, ein Monsterlastwagen mit hohem, plattem schwarzen Antlitz und Zähnen aus Chrom dröhnte auf sie zu.
James riss das Steuer nach rechts, und die Reifen des Van quietschten, während er ins Schleudern kam. Stacey schrie auf, und James kämpfte mit dem Lenkrad, lenkte zu stark gegen und konnte den Wagen zwar auf der Straße halten, aber er schlingerte wild hin und her. James stieg voll auf die Bremse, die Räder blockierten, während der Laster vorbeidonnerte und seine Hupe ihnen wie ein Nebelhorn ins Ohr trompetete. Sie rutschten seitlich auf die weiche Bankette, und der Van kam schaukelnd zum Stehen, während eine Staubwolke über sie hinwegrollte.
Gerettet. Sie waren gerettet. James hielt zitternd das Lenkrad umklammert und versuchte, wieder zu sich zu kommen. Als er den Kopf wandte, merkte er, dass der Sitz neben ihm leer war. Er blickte in den Rückspiegel und sah sie dreißig Meter weiter hinten die Straße entlangrennen.
Er warf einen Blick in den Außenspiegel. Die Straße war frei. Er sprang hinaus und lief ihr nach. Als er sie erreichte, stand sie über den Hasen gebeugt. Er war klein, schwarz und weiß gefleckt, aber ohne Rückenstreifen. Einer von Geralds Hasen, aber nicht ihrer. Er hatte einen weißen Schwanz und ein weißes Gesicht. Der Rest war schwarz … und rot, ganz rot. Er war mit seinem eigenen Blut besudelt, und es bestand kein Zweifel, dass er sofort tot gewesen sein musste. Sie schluchzte. »Lass ihn«, sagte er. »Er ist tot. Stacey, er ist tot.«
»Er ist nicht tot! Er ist nicht tot!«, wiederholte sie immer wieder.
James fasste sie an den Schultern und drehte sie zu sich um, umarmte sie dort am Straßenrand, und sie weinte sich an seiner Schulter aus. So hielt er sie in seinem Gedächtnis fest, seiner Erinnerung an sie beide, als sie noch Kinder waren, und er sagte ihr, alles käme wieder in Ordnung. Er sagte, er würde dafür sorgen, dass alles viel besser würde und es keinen Schmerz mehr gäbe, und er dachte: Stacey hat Hasen immer geliebt. Darum hat sie fünfzehn Jahre später diese albernen Bilder aus dem Katalog bestellt, weil die Hasen, die sie an der Badezimmerwand aufgehängt hat, wir beide waren, das Paar aus der Kindheit. Sie hatte nie Angst vor den Hasen gehabt.
Er ist nicht tot!
Seine Umgebung veränderte sich von einem Augenblick auf den anderen, und er stand nicht mehr am Straßenrand, war kein Kind mehr. Er war mit ihr im Badezimmer und hielt sie fest, während sie an seiner Hüfte weinte.
Lass nicht zu, dass der rote Hase mich holt, James.
Er sah nach unten. Es war nicht
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