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Ewig sollst du bueßen

Ewig sollst du bueßen

Titel: Ewig sollst du bueßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Leotta
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sehen, der der Papierstau sein könnte. Sie quetschte ihre Hand
durch die Plastikinnereien, griff blind nach dem Fleck und schickte ein
schnelles Gebet an die Kopiergerätegötter. Sie musste das bald erledigt haben,
sonst würde sie die Eröffnungsplädoyers verpassen. Sie meinte, so etwas wie
Papier zu fühlen, schnappte es sich und zog eine Handvoll verknüllter Seiten
heraus. Bingo. Ihr Arm war voll mit schwarzem Tonerpuder, aber es sah so aus,
als ob sie es geschafft hätte. Sie schob die Plastiktür zu und der Kopierer
erwachte zu neuem Leben und ließ wieder Papier durch die Maschine rauschen.
    Dan, der Rechtsanwaltsgehilfe, der permanent dem Erfassungsraum
zugeteilt war, schaute überrascht hoch und applaudierte. Er hatte den Kopierer
schon aufgegeben. Anna legte ihre Hände über dem Kopf zusammen wie ein
Preisboxer, der eben einen großen Kampf gewonnen hat.
    Allerdings fühlte sie sich dieser Tage so gar nicht wie eine
Siegerin. Seit sie nach ihrem Besuch bei Jody im November zur
US-Bundesstaatsanwaltschaft zurückgekehrt war, hatte sie fast vier Monate hier
in dem fensterlosen Erfassungsraum im Keller des Gerichts zugebracht. Keine
Anhörungen, Verhandlungen, Aufträge oder Diskussionen mehr. Es ging nur noch um
das Anlegen von Akten. Sie war nun schon so lange hier, dass sie die schnellste
Anwältin am Locher war, ein Genie bei der Dateneingabe, die einzige Person, auf
die der pingelige Kopierer zu reagieren schien. Das waren allerdings keine
Fertigkeiten, die sie jemals angestrebt hätte.
    Die Abteilung für Ethik und Professionalität hatte ihre ethische
Untersuchung geführt. Obwohl in ihrem Bericht mehrere scharfe Worte über ihr
Verhalten standen, war sie von jeglichem ethischen Fehlverhalten freigesprochen
worden. Rein theoretisch hätte sie zu ihrem Leben als richtige Anwältin
zurückkehren können. Doch in Wirklichkeit war sie eine Ausgestoßene. Ihre
Vorgesetzten würden sie nicht so bald aus dem Erfassungsraum lassen.
    Mit Jack hatte sie sogar noch weniger Erfolg gehabt. Er ging nicht
mehr ans Telefon, wenn sie ihn anrief. Sie hatte ein paar Mal versucht, ihn in
seinem Büro zu erwischen, doch seine Tür war zur Zeit immer geschlossen, und
seine Sekretärin hatte ihr stets erzählt – freundlich, mitleidig, wenig überzeugend –, dass er in einer Besprechung sei. Sie arbeiteten jetzt in verschiedenen
Häusern – Anna war im Satellitenbüro im Keller des Gerichtsgebäudes
beschäftigt, während Jack bei der US-Bundesstaatsanwaltschaft saß –, sodass sie
sich kaum jemals über den Weg liefen. Die paar Male, die Anna Jack in den
Fluren begegnet war, hatte er ihr höflich zugenickt, war aber nicht langsamer
gegangen. Anna hatte keine wie auch immer geartete Verbindung zu ihm herstellen
können, tatsächlich sah sie ihn kaum noch. Aber heute würde sie ihn sehen.
    Sie beeilte sich, die Kopien zu ihrem Schreibtisch zu bringen. Der
Officer, dessen Fall sie bearbeitete, war auf seinem Stuhl eingeschlafen. Sein
Kopf war gegen die grüne Wand gelehnt, und ein dünner Speichelfaden hing von
seinem Mund. Der arme Kerl hatte die Nachtschicht. Anna lochte die Unterlagen,
spießte sie auf die Metallstreifen, schloss den Hefter und stupste den
Polizisten damit an.
    Â»Sie sind startklar«, sagte sie und bemühte sich, so gut gelaunt zu
klingen wie Dan. Wenn er es konnte, dann konnte sie es auch.
    Der Cop wachte blinzelnd auf, murmelte seinen Dank und schlurfte mit
dem Hefter hinaus.
    Anna setzte sich an ihren Computer und bemerkte einen Umschlag, der
auf ihrer Tastatur klemmte. Es war nicht ungewöhnlich, Post hier in den
Erfassungsraum geliefert zu bekommen, weil sie kein eigenes Büro mehr hatte.
Sie wollte ihn schon beiseite legen, als sie den Absender sah. Das war
eigenartig, dachte sie. Sie erwartete nichts vom FBI.
    Sie riss den Umschlag auf und überflog den Inhalt. Sie runzelte
verwirrt die Stirn. Der Brief bestand aus wissenschaftlichem Jargon, und zu
allem Überfluss enthielt er auch noch Tabellen, die eine Reihe von
offensichtlich zufälligen Zahlen auflisteten. So etwas hatte sie noch nie
gesehen. Nachdem sie alles dreimal gelesen hatte, verstand Anna endlich, um was
es ging. Sie atmete laut ein.
    Heilige Scheiße, dachte sie.
    Warum schickte man ihr das? Hatte Jack den Test nicht zurückgezogen?
Und warum bekam sie das ausgerechnet heute ?
    Nach kurzem

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