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Ewig sollst du bueßen

Ewig sollst du bueßen

Titel: Ewig sollst du bueßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Leotta
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Nachdenken war ihr das Timing klar. Das FBI hatte den
DNA-Test genau zum Verhandlungstermin vorgelegt. Das Labor war permanent im Rückstand,
weil es DNA-Tests für alles machen musste, von Raubüberfällen in der Nachbarschaft
bis hin zu Kriegsverbrechen im Irak und Afghanistan. Deshalb wurden lokale
Fälle oft bis zur letzten Minute aufgeschoben. Das Labor versprach, den Bericht
bis zum ersten Verhandlungstermin vorzulegen, und das war normalerweise
reichlich Zeit. Der anfängliche Verhandlungstermin war fast nie der Termin, an
dem die Verhandlung tatsächlich stattfand. Irgendjemand – üblicherweise der
Strafverteidiger – bat aus dem einen oder anderen Grund immer um einen Aufschub
und die Verhandlung wurde verschoben. In D’marcos Fall hatte keiner darum
gebeten und so fing der Prozess tatsächlich am ursprünglich festgesetzten Tag
an. Wenn sich ein Staatsanwalt um den Vaterschaftstest gekümmert hätte, wäre es
sicher möglich gewesen, die Resultate schon ein paar Wochen vor der Verhandlung
zu bekommen. Aber da sich hier niemand mit der Sache befasst hatte, hatte das
Labor es einfach im letzten Moment erledigt.
    Anna stand auf. D’marco Davis’ Verhandlung begann jeden Augenblick.
Sie musste Jack finden, bevor er sein Eröffnungsplädoyer hielt.
    Â»Dan, kannst du eine Weile für mich einspringen?« Sie neigte den
Kopf in Richtung der Schlange von Officern. »Ich muss zum Gericht.«
    Â»Aber klar doch.«
    Â»Danke. Ihr beiden habt etwas gut bei mir.« Heute war noch eine
andere Anwältin mit im Erfassungsraum, eine neue Frau, die erst letzte Woche
angefangen hatte. Sie wirkte panisch, weil Anna gehen würde. »Keine Sorge. Dan
kennt sich mit allem aus.«
    Anna verließ den Erfassungsraum und fuhr drei Rolltreppen hoch,
wobei sie sich an den stehenden Menschen vorbeidrängelte. In den vier Monaten
seit dem Debakel vor ihrem Haus hatte sie kaum mit Jack gesprochen – aber nun
musste sie sofort mit ihm reden. Und er würde nicht glücklich darüber sein, was
sie ihm zu sagen hatte.
    Sie joggte zu Richterin Spiegels Gerichtssaal und hielt einen
Augenblick vor den dicken Doppeltüren inne, um wieder zu Atem zu kommen. Dann
riss sie eine Tür auf.
    Fast jeder Platz im Zuschauerbereich war besetzt. Da waren Freunde
und Verwandte der Familien von Davis und Johnson, Journalisten, die über den
nun notorischen Mordfall berichteten, Praktikanten und andere Anwälte, die
einfach sehen wollten, wie Jack Bailey und Nick Wagner gegeneinander antraten.
Mehr Marshals als sonst standen an den Seiten, um sicherzugehen, dass der
fluchterfahrene Gefangene nicht noch einmal entkommen würde. Im Gerichtssaal
war es trotz der vielen Menschen erstaunlich still. Das war nicht gut, dachte
Anna. Das Verfahren hatte schon begonnen.
    Ein paar Leute drehten sich zu ihr um, als sie hereinkam, aber die
meisten Zuschauer waren auf das konzentriert, was vor Gericht passierte.
Richterin Spiegel saß etwas erhöht an ihrem Richtertisch am Kopf des Gerichtssaales.
Sie hatte Lippenstift aufgetragen, bemerkte Anna, und ihre lockigen braunen
Haare glatt geföhnt. Anna lächelte darüber, dass auch der strengen Richterin
weibliche Eitelkeit nicht fremd war und sie gegen die Anwesenheit der
Gerichtszeichner in der ersten Reihe nicht immun war.
    Nick saß am Verteidigertisch, sein Kopf einem adretten jungen Mann
zugeneigt, der ihm etwas zuflüsterte. Mit seinem maßgeschneiderten Anzug,
seinem ausgeprägten Profil und seinem dunklen Haarschopf sah Nick nicht so sehr
wie ein Anwalt aus, sondern eher wie ein Model von Brooks Brothers, das einen
Anwalt darstellen soll.
    Anna fragte sich flüchtig, ob der andere Mann an dem Tisch sein
Rechtsanwaltsgehilfe war – bis ihr klar wurde, dass es sich um D’marco Davis
handelte. Er war fast nicht wiederzuerkennen. D’marco hatte einen gepflegten
Haarschnitt und war rasiert, seine Flechtfrisur war einem konservativeren Stil
gewichen. Er trug einen hellblauen Pullover über einem blauen Hemd mit Krawatte
sowie eine trendige Brille mit Plastikrahmen.
    An der Brille hätte sie erkennen können, dass es D’marco war.
Strafverteidiger ließen ihre Mandanten bei Verhandlungen vor einer Jury immer
Brillen tragen. Anna hatte den Verdacht, dass sie genau zu diesem Zweck
irgendwo eine Kiste voll Fensterglas-Brillen hatten. Irgendwie ließen Brillen
sogar den durchtriebensten

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