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Ewig sollst du bueßen

Ewig sollst du bueßen

Titel: Ewig sollst du bueßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Leotta
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beschützen. Laprea hatte D’marco immer
wieder zu sich zurückkommen lassen und es abgelehnt, gegen ihn vorzugehen. Wenn
sie es wieder tat, würde eine Verurteilung fast unmöglich werden.
    Als Anna ihre Apartmenttür öffnete, lief ihr Kater auf sie zu,
drückte sich gegen ihre Beine, miaute und schnurrte begeistert. Sie nahm den
orange getigerten Kater hoch und drückte ihr Gesicht in sein weiches Fell. Er
schnurrte nur noch lauter. Raffles war früher durch die Nachbarschaft gestreunt
und Anna hatte ihn gelegentlich gefüttert. Dann hatte er angefangen, jede Nacht
vor ihrer Tür zu maunzen, bis sie schließlich nachgegeben hatte, ihm eine
Wurmkur verpasst und ihn hatte einziehen lassen. Nun war sie dankbar für seine
nächtliche Gesellschaft.
    Meistens mochte sie es, ihr eigenes kleines Heim für sich zu haben,
doch heute fühlte sie sich einsam, als sie das Licht einschaltete. Sie hatte
das Apartment im Souterrain so freundlich gestaltet, wie es nur ging. Das kleine
Wohnzimmer war mit einer hellroten Couch sowie bunten Kandinsky-Drucken
ausgestattet und mehrere Regale bogen sich unter dem Gewicht ihrer Bücher. Die
Möbel waren alle von Ikea, und Anna war stolz darauf, dass sie alles selbst aufgebaut
hatte. Einige Pflanzen versuchten in dem wenigen Licht, das durch die halbhohen
Fenster kam, zu überleben. Auf einem der Bücherregale war ein gerahmtes Foto zu
sehen, das Anna, ihre Schwester Jody und ihre Mutter zeigte, die vor einem
Karussell auf dem Jahrmarkt von Michigan standen und lächelten. An diesen Tag
ihrer Kindheit dachte Anna am liebsten zurück. Anna war zwölf Jahre alt
gewesen, ihre Schwester zehn. Anna hielt einen riesigen Berg rosa Zuckerwatte,
der größer wirkte als ihr Kopf. Jody war im Profil zu sehen – viele Jahre lang
hatte sie ihr Gesicht zur Seite gedreht, um ihre vernarbte Wange zu verstecken.
    Anna erinnerte sich an die blutigen Schrammen auf Lapreas Wange, wo
D’marco sie an die Ziegelwand gedrückt hatte. Würde Laprea ihr Gesicht beim
nächsten Mal auch zur Seite drehen, wenn jemand sie fotografierte?
    Anna schaute auf die Uhr und fragte sich, ob es zu spät war, um ihre
    Schwester anzurufen. 21:55 Uhr – würde gerade noch so gehen. Sie setzte den
Kater ab, griff nach ihrem Handy und schlenderte nach hinten zur schmalen
Küche. Während es klingelte, kramte Anna durch ihren Küchenschrank, bis sie
eine Dose mit Hühnersuppe fand. Sie goss sie in eine Schüssel und stellte sie
in die Mikrowelle.
    Â»Hey, meine lange verschollene Schwester!«, begrüßte Jody sie. Seit
Wochen hatten sie nicht miteinander gesprochen.
    Â»Tut mir leid. War mit Arbeit zugeschüttet. Wie geht es dir?«
    Jody erzählte, dass Michigan von einem Schneesturm heimgesucht
wurde, aber die Fabrik von GM war nicht geschlossen worden, und so hatte Jody
irrsinnig viele Überstunden gemacht, weil andere es nicht durch den Schnee zur
Arbeit geschafft hatten. Während sie sprachen, löffelte Anna ihre Suppe. Sie
hatten so unterschiedliche Lebensstile. Jody hatte Anna während des College und
des Jurastudiums seelisch und moralisch unterstützt und sie ermutigt, ihren
Traumjob in D.C. anzunehmen. Jody hingegen war offensichtlich zufrieden damit,
in Flint zu bleiben und genau wie viele ihrer Freunde bei General Motors am
Fließband zu arbeiten. Jody war immer die robustere gewesen, sie musste
niemandem etwas beweisen.
    Anna wusste, dass viel von ihrer eigenen Motivation damit
zusammenhing, dass sie Buße tun wollte für das Unverzeihliche, das vor sechzehn
Jahren in der Küche ihres Trailers geschehen war. Jody hatte es ihr nie vorgeworfen – genau genommen sprachen sie nie darüber. Anna hatte den Verdacht, dass sie
das Thema aus demselben Grund mieden: Ihre Freundschaft könnte dem genauen Nachvollziehen
der Geschehnisse nicht standhalten. Ihre Beziehung glich einem Atomreaktor auf
der San-Andreas-Spalte: eine gute und positive Energiequelle, die immer in
Gefahr stand, in die Luft zu fliegen, wenn sich der Boden bewegte.
    Â»Und bei dir?«, fragte Jody. »Hast du Washington schon im Griff?«
    Â»Kaum.« Anna schluckte etwas Brühe hinunter. »Tatsächlich ist es ein
immerwährender Kampf, meine Fälle zusammenzuhalten.« Anna erzählte ihr von
Laprea und wie D’marco versucht hatte, sich bei ihr wieder einzuschmeicheln.
    Â»Kommt mir bekannt vor«, erwiderte

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