Ewig sollst du bueßen
Wagner verlieren. Und er hasst es, einen so wichtigen Fall zu
verlieren.«
»Muss es denn so zynisch sein?«, wollte Anna wissen. »Vielleicht
schlägt er einen Deal vor, weil es jetzt die beste Option für Dâmarco ist.«
»Vielleicht. Aber ich glaube nicht, dass Nick Wagner der typische
Strafverteidiger ist, der den Job aus Ãberzeugung macht. Er ist das verwöhnte
reiche Kind, dem es gefällt, Verteidiger zu spielen. Er spricht gerne über die
Arbeit in den Schützengräben, wenn er auf Cocktailpartys an einem Shrimp
knabbert. Er hat keine Lust, aussichtslose Fälle zu verhandeln, ganz besonders
nicht solche, die im Licht der Ãffentlichkeit stehen. Er muss jetzt wirklich
das Gefühl haben, dass er hier verlieren wird.«
»Strafverteidiger müssen doch daran gewöhnt sein zu verlieren,
oder?«
»Sicher. Aber er wird alles daransetzen, um zu gewinnen. Und er hat
eine Menge Tricks auf Lager.«
Annas Gedanken wanderten zu dem Alpakateppich vor Nicks Kamin. Sie
kannte ein paar von seinen Tricks. Jack nahm einen Schluck Kaffee und
betrachtete Anna, während sie den Passanten hinterhersah.
»Was ich nur sagen will, Anna: Seien Sie vorsichtig mit ihm. Seien
Sie sehr vorsichtig.«
Anna drehte sich Jack zu. Sie konnte sein Pokerface nicht deuten.
Sie stimmte seiner Einschätzung von Nick nicht zu, aber sie wollte nicht mit
ihm darüber diskutieren. Besonders da sie sich beim Ton seines Ratschlags
fragte, ob er es auf einer persönlicheren Ebene meinte.
»Ich werde vorsichtig sein«, sagte sie und meinte es auch so. Sie
konnte die Vergangenheit nicht mehr ändern, aber in der Zukunft würde sie sich
schlauer verhalten.
Anna und Jack warfen ihre leeren Kaffeebecher weg und gingen zurück
in ihr Büro. Die Unterhaltung war viel einfacher gewesen, als sie es sich
vorgestellt hatte. Mit ein bisschen Glück würde ihre Beziehung zu Nick nicht
mehr zur Sprache kommen. Anna entspannte sich dank ihrer naiven Zuversicht. Nun
konnte sie die Sache mit Nick vergessen und sich ganz auf den Fall und darauf
konzentrieren, seinen Mandanten so lange wie möglich hinter Gitter zu bringen.
KAPITEL 18
Ray-Ray schlenderte über den Hof des Gefängnisses von D.C.
mit der Autorität eines Geschäftsführers, der durch ein GroÃraumbüro wandert.
Die anderen Gefangenen winkten und grüÃten den groÃen schmalen Mann und Ray-Ray
nickte zurück, begrüÃte einige mit Namen. Währenddessen lieà er seinen Blick
über den Hof schweifen.
Er hielt Ausschau nach Dâmarco, denn er hoffte, ihn heute hier zu
treffen. Ray-Ray hatte gehört, dass sein alter Freund wieder im Gefängnis war.
Er fühlte sich immer noch schuldig, weil er Dâmarco an dem Tag, als Laprea
starb, die schlechten Nachrichten überbracht hatte. Ray-Ray wusste, dass
höchstwahrscheinlich sein loses Mundwerk Dâmarco in der Nacht den Rest gegeben
hatte. Er wollte wissen, wie es Dâmarco ging und ob er etwas für ihn tun
konnte.
Aber bis Ray-Ray seinen Kumpel gefunden hatte, würde er keine
Gelegenheit versäumen, sich ums Geschäft zu kümmern.
Als er halb um den Basketballplatz war, wurde Ray-Ray langsamer und
rief: »Yo, Peanut.« Ein kleiner Mann an einem Picknicktisch aus Beton sprang
auf und ging auf Ray-Ray zu. Sie gaben sich locker die Hände und sprachen kurz
miteinander. Dann ging Peanut zu seinem Tisch zurück und Ray-Ray setzte
gemächlich seinen Gang um den Platz fort, wobei er seine Dreadlocks lässig über
die Schulter warf. Das Ganze hatte höchstens fünf Sekunden gedauert. Für jeden
Beobachter hatte es wie ein Händeschütteln zwischen Gefängnisgenossen ausgesehen.
Nur jemand, der ganz genau hinschaute, hätte erkennen können, dass aus Ray-Rays
Hand ein winziges durchsichtiges Plastiktütchen mit weiÃem Pulver in Peanuts
Hand rutschte, während Peanut einen Zwanziger in Ray-Rays Hand verschwinden
lieÃ.
Dinge ins Gefängnis von D.C. zu schmuggeln, war immer ein lukratives
Geschäft gewesen. Die meisten Gefangenen waren daran gewöhnt, sich ihr Glück
bei Drogen, Frauen und dem gelegentlichen Kampf um Drogen und Frauen zu suchen.
Ihre Gewohnheiten verschwanden nicht einfach, wenn sie hinter Gittern waren. Im
Gegenteil. Im Gefängnis brauchten sie die alles auslöschende Erleichterung
durch ein Stückchen Crack oder den Schutz durch ein Messer nötiger
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