Ewig sollst du bueßen
und
reichte sie Ray-Ray. »Rufen Sie mich an, wenn Ihnen etwas zu Ohren kommt.«
»Okay, das werde ich tun. Viel Glück, Mann.«
»Danke.« Der Anwalt ging hinaus in die Haupthalle und tauchte in der
Menschenmenge unter.
Ray-Ray brachte die Wanne mit dem schmutzigen Geschirr in die Küche
zurück und stellte sie neben der Spüle ab. Er hielt einen schmutzigen Teller
unter den Wasserhahn und dachte nach. Er wusch diesen Teller sicher fünf
Minuten lang ab, während er darüber grübelte, was ihm der Anwalt gerade erzählt
hatte und in was für einer schlimmen Lage Dâmarco steckte. Ray-Ray fragte sich,
ob Laprea noch leben würde und Dâmarco nicht im Gefängnis wäre, wenn er nur den
Mund gehalten hätte. Ray-Ray wusste, dass er in gewisser Weise schuld an
Dâmarcos Schwierigkeiten war.
Ray-Ray entschloss sich, die Waffe noch heute Abend zu besorgen. Und
er würde sie Dâmarco morgen hinaufwerfen, zusammen mit dem üblichen
15-Uhr-30-Päckchen Heroin. Das war er seinem Freund schuldig.
»Gibt es noch weitere Fragen an diesen Zeugen?«, fragte
Anna.
Sie blickte in die ausdruckslosen Gesichter der Mitglieder der Grand
Jury, die gelangweilt zurückstarrten. Ein paar von ihnen hatten während der
ganzen Präsentation nicht einmal von ihren Zeitungen aufgeschaut.
»Können wir den Zeugen dann entlassen?«, fragte sie.
Die Jurymitglieder murmelten ihre Zustimmung. Anna öffnete die
halbhohe Tür zum Zeugenstand und half Dâmarco Davisâ Cousin herunter.
»Wir danken Ihnen«, sagte Anna, als der Mann mit finsterem Gesicht
den Raum verlieÃ. Anna sah Jack an, der ihr zunickte. Sie hatte ihre Sache gut
gemacht.
Als Jack zum ersten Mal angeboten hatte, ihm vor der Grand Jury zu
assistieren, war sie fasziniert gewesen. Fälle von minderschweren Straftaten
kamen nicht vor eine Grand Jury, und Anna war noch nie bei einer dabei gewesen.
Alles rund um die Grand Jury war geheimnisumwittert, denn das ganze
Verfahren unterlag der Geheimhaltungspflicht. Die Geschworenen und die
Staatsanwälte durften mit niemandem auÃerhalb des Verfahrens darüber sprechen,
was dem Schutz der laufenden Ermittlungen dienen sollte. Ein Zeuge durfte zwar
seinen eigenen Anwalt mitbringen, doch der hatte drauÃen zu warten, während der
Zeuge drinnen vor der Grand Jury aussagte. Kein Richter und kein Strafverteidiger
war anwesend. Es gab nur den Staatsanwalt, der die Zeugen befragte, und die
gelegentlichen Fragen eines Jurymitgliedes. War die Grand Jury nach Würdigung
der Beweismittel vom Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts überzeugt, beschloss
sie mehrheitlich, die Anklage zuzulassen, und damit wurde das Strafverfahren
gegen den Angeklagten eingeleitet. Die Grand Jury verfügte über eine immense
Macht, und ganz im Gegensatz zu fast allen anderen Teilen des Strafrechtssystems
wurde diese Macht vollständig hinter verschlossenen Türen ausgeübt.
Anna war fast davon ausgegangen, dass der Raum, in dem die Grand
Jury tagte, aussah wie der komplett weiÃe Gerichtssaal auf Krypton aus der
Eröffnungsszene von Superman .
Sie war ein wenig enttäuscht gewesen, als Jack sie zum ersten Mal in
den Raum der Grand Jury gelassen hatte. Anstatt wie eine rauschende kristallene
Festung auszusehen, kam er ihr vor wie ein Seminarraum im College, mit dem
einzigen Unterschied, dass sich die Tische und Stühle vor einem Zeugenstand
befanden und nicht vor einer Tafel. Eine müde aussehende Gerichtsschreiberin
saà seitlich des Zeugenstandes, tippte auf ihrer Stenografiermaschine und
öffnete ab und zu einen alten Recorder, um die Kassette umzudrehen. Die
Mitglieder der Jury waren durch das Zufallsprinzip bestimmte Bürger, denen geschrieben
worden war, dass sie sich für die Jury zur Verfügung stellen müssten. Viele von
ihnen wollten nicht hier sein. Und bei Fällen wie diesem waren sie schnell
gelangweilt.
Es war November â drei Monate nach Lapreas Ermordung â und Jack und
Anna hatten bis jetzt mehr als fünfzig Leute aufgerufen, vor der Grand Jury
auszusagen. Die meisten dieser Zeugen wussten nichts oder gaben zumindest vor,
zu Dâmarcos Fall nichts Relevantes beitragen zu können. Aber da so viele Leute
nicht freiwillig mit ihnen sprechen wollten, nutzten Jack und Anna das Mittel
der Vorladung dazu, um sie vor der Grand Jury zum Reden zu bringen. Sie hatten
Dutzende von Dâmarcos
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