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Ewig sollst du schlafen

Ewig sollst du schlafen

Titel: Ewig sollst du schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Jackson
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begraben wurde. Nur wenige Trauernde versammelten sich um das Grab, und er beobachtete sie still, fragte sich, in welcher Beziehung sie zu Bobbi standen, ob einige von den Männern vielleicht ihre Liebhaber gewesen waren, ob einer von ihnen den Mörder kannte.
    »… Möge Gott dir beistehen«, sagte der Geistliche schließlich, und Jerome Marx trat an den Sarg und legte eine Rose und etwas Glitzerndes – den Ring, den der Junge in Dahlonega gefunden hatte – auf den mit Blumen geschmückten Sarg. Dann drehte er sich um und ging. Als es anfing zu regnen, zerstreuten sich die Leute.
    Als sie ihren Schreibtisch aufräumte, kochte sie innerlich. Was sich dieser Tom Fink herausnahm! Zusammen mit Norm Metzger, diesem Schleimer. Weshalb sie etwas anderes erwartet hatte, verstand sie jetzt nicht mehr. »Du machst einen Fehler«, sagte Trina und rollte mit ihrem Stuhl rückwärts. »Du bist müde. Und du hast einen schrecklichen Verlust erlitten. Ja, Norm und Tom sind miese Typen, aber du darfst deshalb doch nicht kündigen.«
    »Da irrst du dich.« Nikki warf eine Hand voll Stifte und einen Notizblock in die kleinste der drei schäbigen Schachteln, die sie in der Poststelle aufgetrieben hatte. »Ich will schon lange hier raus. Jetzt habe ich einen Grund.«
    »Aber du brauchst diesen Job.«
    »Kein Mensch braucht diesen Job«, erwiderte sie und legte zwei Kaffeebecher, ein Namensschild und ihren Organizer in die Schachtel.
    »Was ist hier los?«, fragte eine Männerstimme in ihrem Rücken, und sie zuckte heftig zusammen. Kevin, einen Kopfhörer über den Ohren, stand kaum einen halben Meter hinter ihr. »Himmel, kannst du denn nicht anklopfen?«, fuhr sie ihn an. Er verstand den Witz nicht, aber sie machte sich nicht die Mühe, ihn zu erklären. »Nikki hat gekündigt«, erklärte Trina. »Gekündigt? Du?« Seine dunklen Augen blitzten. »Ganz recht. Es ist Zeit für eine Veränderung«, sagte sie und bemerkte Norm Metzger, der auf der anderen Seite der Trennwand herumlungerte.
    Er spähte über die Wand hinweg, sodass nur Augen und Stirn zu sehen waren. »Ich habe mir im Lauf der Jahre schon so manche Gedanken über dich gemacht, Gillette, hätte aber nie gedacht, dass du die Flinte ins Korn wirfst.«
    Sie war gereizt. Erschöpft. Nervös. Aber sie verkniff sich eine rüde Antwort. »Dann hast du dich wohl getäuscht«, sagte sie nur, kramte ein paar Papiere und Akten aus der letzten Schublade und warf sie in die größte der Schachteln, die um ihren Stuhl herum gruppiert waren. Sie wischte sich die Hände ab. »Das dürfte so ziemlich alles sein.«
    »Musst du nicht zwei Wochen Kündigungsfrist einhalten?«, erkundigte sich Kevin, und sie bedachte ihn mit einem gequälten, ungläubigen Blick.
    »Falls Tom darauf besteht, komme ich jeden Tag rein und wärme diesen Stuhl, aber eigentlich bin ich ziemlich sicher, dass er froh ist, mich nicht mehr sehen zu müssen.«
    »Ich kann’s nicht glauben, dass du gehst.« Trinas gewohntes Lächeln fehlte, ihr Blick war nüchtern. »Hier wird dann manches anders sein.«
    »Vielleicht besser.« Nikki zwinkerte ihr zu.
    »Ja, bestimmt.«
    »Soll ich dir tragen helfen?«, fragte Kevin, und Nikki hätte sein Angebot beinahe angenommen, überlegte es sich jedoch anders. »Danke. Ich schaffe das schon allein.«
    »Das gefällt mir so an dir«, bemerkte Norm. »Kämpferisch bis zum Ende.«
    »Halt die Klappe, Metzger.« Sie legte sich den Riemen ihrer Tasche über die Schulter, stapelte die Schachteln und hob sie auf. Dabei begegnete sie Trinas Blick. »Ich ruf dich später an«, versprach sie, und während sie zum Ausgang ging, schwor sie sich, dass sie es wirklich tun würde. Es dämmerte bereits. Nikki lud ihre Habseligkeiten ins Auto und fuhr wahrscheinlich zum letzten Mal vom Parkplatz, da klingelte ihr Handy. Sie fragte sich, ob das vielleicht Reed war, warf einen Blick auf das Display und erkannte die Nummer ihrer Eltern. Gleichzeitig sah sie, dass ihr Akku beinahe leer war. »Hallo?«, meldete sie sich. »Nikki?«, sagte ihre Mutter mit schwacher Stimme. Die Verbindung war schlecht.
    »Hi, Moni.«
    »Nikki … es geht… um deinen Vater.« Charlenes Worte klangen so dünn. So unsicher. »Was ist los mit Dad?«
    »Ich … ich weiß nicht.«
    »Ist er krank?« Ihr Herz begann zu hämmern. »Was hat er denn?«
    »Ich … Bitte …«
    »Mom, ruf den Notarzt!«
    »Nein! Nein!« Ihre Mutter antwortete eindringlich, verängstigt. O Gott, das schwache Herz ihres Vaters! Das musste es

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