Ewig sollst du schlafen
zwangsläufig, dass du unter der Erde bist …
Doch sie konnte die feuchte Erde riechen, wusste, dass diese Kiste bereits in ein Grab gesenkt worden war. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie -.
Hör auf damit und überleg dir lieber, wie du hier rauskommst! Du bist eine intelligente Frau, also denk nach! DENK NACH! Falls man dich nicht begraben, sondern nur in diese Kiste gesperrt hat, hast du vielleicht noch eine Chance …
Doch sie ahnte, dass die Zeit ablief, dass jede Sekunde, die verging, sie einem makabren, unvorstellbaren Tod näher brachte.
Bitte, Gott, lass mich nicht sterben. Nicht so … nicht… nicht so!
»Hilfe! Hilfe! HILFE!«, schrie sie gellend und schluchzte wie von Sinnen. Sie kratzte wild am Deckel des Sargs. Sie zerrte abermals an der glatten seidenen Auskleidung, ihre langen, manikürten Fingernägel brachen ab, die Haut riss auf, stechender Schmerz durchzuckte ihre Handrücken. Der Gestank war unerträglich, die Luft so kalt und dünn … Das
konnte
doch nur ein Traum sein. Aber die Schmerzen in ihren Fingern, das Blut, das fühlbar unter ihren Nägeln hervorquoll, überzeugten sie davon, dass sie diesen grauenhaften Albtraum wirklich erlebte.
Entsetzen schnürte ihr die Kehle zu, und sie glaubte, ohnmächtig zu werden. Sie schrie aus Leibeskräften, sie trat um sich, stieß mit Knien und Füßen an, ihre Muskeln verkrampften sich. Ihre bloße Haut war abgeschürft und blutig, Tränen strömten aus ihren Augen. »Lasst mich nicht so sterben, bitte, o bitte, lasst mich nicht so sterben …« Doch die Dunkelheit wollte nicht weichen. Der glitschige Leib unter ihr regte sich nicht, sie spürte erneut das modrige Fleisch und die spitzen Rippen, die sich in ihren Rücken bohrten. Sie schauderte, war kurz davor, sich zu erbrechen, und kreischte wie nie zuvor in ihrem Leben.
Über ihre eigenen Schreie hinweg hörte sie ein dumpfes Poltern von Erde und Steinen, die auf den Sarg herabstürzten. Das Blut gefror ihr in den Adern. »Nein! Nein!« Sie hämmerte gegen den Deckel, bis ihre Fäuste bluteten und brannten, und flehte und weinte unentwegt. »Lasst mich raus! Bitte! Bitte!« Wer tat ihr das an?
Warum … o Gott, warum nur … Wem hatte sie etwas derart Schreckliches zugefügt, dass er diese Rache an ihr nahm? Es gab viele, die sie belogen hatte, ihre Gesichter tanzten vor ihrem inneren Auge. Aber wer hasste sie so sehr, dass er sie auf diese Weise quälte? Wer hatte einen Grund dazu? Wer konnte so grausam sein?
Sie keuchte, es war kaum noch Atemluft vorhanden. Sie war im Begriff, die Besinnung zu verlieren. Ihre Gedanken drehten sich verzweifelt um die Männer in ihrem Leben und insbesondere um einen, der sich vermutlich nicht einmal an ihren Namen erinnerte und dem sie übel mitgespielt hatte. Pierce Reed.
Detective bei der Polizei von Savannah.
Ein Ehrenmann, der dennoch dunkle Geheimnisse hütete.
Nein … Reed würde ihr so etwas nicht antun; er wusste ja gar nicht, wie eng ihrer beider Leben miteinander verknüpft waren, und es war ihm gewiss auch egal.
Es musste ein anderer Mann sein, ein Ungeheuer, das sie hier in seiner Gewalt hatte. Sie begann zu zittern.
»Lass mich raus! Lass mich raus!«, schrie sie und schluchzte mit schmerzender Kehle, geschüttelt von unsäglichem Grauen bei dem Gedanken an den verwesenden Menschen, der ihr als Bett diente. »Bitte, bitte, lass mich hier raus … Ich tu alles … alles, o bitte, tu mir das nicht an …« Aber sie wusste nicht einmal, wen sie da anflehte, und unentwegt regnete es schaufelweise Erde und Kies in ihr Grab. Sie rang nach Luft, nach dem bisschen Luft, das noch vorhanden war. Der Mangel an Sauerstoff machte sich bemerkbar, und ihre Lungen brannten. Plötzlich fühlte sie sich schwach. Hilflos.
Zum Sterben verdammt.
Sie unternahm einen letzten vergeblichen Versuch, sich mit bloßen Händen aus ihrem Gefängnis zu befreien, doch es war sinnlos. Die Dunkelheit umfing sie erbarmungslos, presste den Kampfgeist, das Leben aus ihr heraus, und sie ließ die Hände sinken. Das sollte also ihr Grab sein. Bis in alle Ewigkeit.
Durch die gespenstische Stille hörte sie Gelächter. Es klang, als käme es aus weiter Ferne, doch sie wusste, dass es ihr galt. Er wollte, dass sie es wusste. Sie sollte ihn hören, bevor sie ihren letzten Atemzug tat.
Wer auch immer ihr dies zugefügt hatte, genoss seine Tat.
1. Kapitel
D ieser Scheißkerl will mich noch einmal vor Gericht zerren!« Morrisette stürmte in Reeds Büro und
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