Ewig sollst du schlafen
schreckliche Weise tötete? Derselbe Geisteskranke, der das Roberta Peters angetan hatte. Demnach war Jerome Marx nicht der Mörder. Es sei denn, er hätte sozusagen als Vorsichtsmaßnahme einen weiteren Menschen auf die gleiche Art ermordet, um von sich abzulenken. Aber warum machte sich der Mörder die Mühe, seine Opfer lebendig zu begraben? Es erschien Reed wie ein aus Wut geborener Akt… aus tief verwurzeltem Hass und sorgfältig geplant. Auffällig war natürlich das Mikrofon. Wer immer die beiden Frauen auf dem Gewissen hatte, er hatte zugehört, wie sie starben. Hatte sich an der von ihm erzeugten Panik seiner Opfer geweidet. »So ein Schwein.«
Ein Klingelton verriet, dass der Backofen vorgeheizt war. Reed schob die von Eiskristallen überzogene Tiefkühlpizza in die Röhre und ging dann ins Wohnzimmer, wo er seinen Laptop auf den Schreibtisch hievte. Er ließ sich auf den Schreibtischstuhl fallen. Nach einem Tastendruck erwachte der Computer summend zum Leben. Reed lauschte mit halbem Ohr den Nachrichten im Fernsehen. Ein Sprecher fasste die Basketballergebnisse zusammen. Miami Heat hatte verloren, aber die Mannschaft von Atlanta hatte ein aufregendes Spiel geliefert. Reed rückte seinen Stuhl heran und klickte das Mailprogramm und dann den Posteingang an, in dem über dreißig Nachrichten auf ihn warteten.
Er sortierte die Spams und ein paar abgestandene Witze aus, die man ihm schon ein paarmal gesendet hatte, trank sein Bier aus und fand eine Betreffzeile mit dem Wortlaut:
GRABRÄUBER IN HOCHFORM.
»Was zum Teufel …?«
Er öffnete die E-Mail und las:
JETZT HABEN WIR NUMMER VIER.
EIN DRITTEL ERLEDIGT,
WERDEN ES NOCH MEHR?
»Scheiße!« Reed druckte die Nachricht aus. Die Zeitschaltuhr des Backofens summte. Auf dem Bildschirm tauchte eine Fehlermeldung auf, und er sah, dass der Drucker nicht angeschlossen war. Rasch stöpselte er den Druckerstecker ein und schaltete den Drucker an. Als er wieder auf den Monitor schaute, erschienen dort merkwürdige, gespenstische Bilder. Fotos von Barbara Jean Marx, Pauline Alexander, Roberta Peters und Thomas Massey. Die Bilder der Opfer schwebten geisterhaft über den Bildschirm und wurden vor Reeds Augen zu Staub und Knochen. »Verdammte Scheiße.« Das Blut gefror ihm in den Adern.
Ein Drittel erledigt?
Vier Opfer waren es schon. Sollte das heißen, dass insgesamt zwölf geplant waren?
Der Drucker spie die Seite aus, und Reed eilte in die Küche, schaltete die Uhr und den Ofen aus und ließ die Pizza, wo sie war. Im nächsten Moment saß er wieder vor dem Computer, las die E-Mail noch mal, überprüfte die Adresse und wusste sofort, dass sie frei erfunden war. Zwölf Opfer?
Warum ließ der Mörder ihn das wissen? Warum gab er ihm Hinweise? Und wer waren die restlichen acht Opfer? In welchem Zusammenhang standen sie miteinander? Mit verbissener Miene beantwortete er die E-Mail. Er zweifelte jedoch daran, dass er eine Antwort bekam. Er leitete alles an Bendey weiter, einen Typen im Büro, der für die Computer der Behörde verantwortlich war, und schickte eine Kopie an Morrisette.
Er griff nach dem Telefon und tippte Morrisettes Privatnummer ein.
Schlaftrunken meldete sie sich nach dem dritten Klingeln. »Hallo?«
»Ich bin’s. Der Grabräuber hat wieder Kontakt mit mir aufgenommen.«
»Was?«
»Per E-Mail. Ich habe sie an Bentley und an dich weitergeleitet. Schau sie dir mal an.«
»Mach ich. Gib mir fünf Minuten Zeit, ich ruf dich zurück.« Plötzlich hellwach legte sie den Hörer auf. Reed starrte unentwegt die E-Mail an, in der Hoffnung, etwas zu entdecken, das ihn zu dem Mörder führte. War der Kerl dumm? Oder einfach dreist? Das Telefon klingelte. Er riss den Hörer ans Ohr. »Reed.«
»Heiliger Strohsack, was hat der Dreckskerl vor?«, fragte Morrisette, und er hörte, dass sie sich eine Zigarette anzündete.
»Wenn ich das nur wüsste.«
»Zwölf? Verdammt noch mal, was soll das heißen?«
»Anscheinend will er noch acht töten. Wir müssen herausfinden, was genau er plant, und zwar schnell. Tu, was du kannst, wir sehen uns morgen früh.«
»Gut.« Sie legte wieder auf, und Reed stierte auf den Bildschirm und die widerlichen Bilder, die wie Blätter im Wind darauf herumwirbelten.
Wenn dem Scheißkerl doch mal ein Fehler unterlaufen würde! Dann würde Reed ihn zur Strecke bringen. Und zwar mit Vergnügen.
Werden es noch mehr?
Nicht, wenn Reed es verhindern konnte.
»Menschenskind, woher hast du das?«
»W-was?« Billy Dean öffnete
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