Ewig
Vereinigten Staaten, die parallel zum Meer von New York bis zu den Florida Keys reicht, ließ keinen größeren Tiefgang zu.
Obwohl es vier Uhr früh und noch dunkel war, warteten zwei weißgekleidete Angestellte der Marina am Steg darauf, dass der Kapitän das Boot längsseits brachte und sie die blau-weiße Yacht festmachen konnten. Das Manöver dauerte keine fünf Minuten und dann schaukelte die »Incommunicado« sicher vertäut in der sanften Brise, die warme Luft von den Bahamas brachte.
Medienmogul Fred Wineberg war in seinem Liegestuhl am Sonnendeck eingeschlafen. Als seine private Krankenschwester ihn weckte, um die Infusion zu erneuern, fuhr er hoch und blickte erst orientierungslos um sich. Dann erkannte er die Schwester und sein Mund verzog sich zu einem schiefen Grinsen.
»Ein neuer Cocktail für die Krebszellen?«, fragte er ironisch und schloss die Augen.
»Sie wissen genau, dass es Ihr Immunsystem stärken soll, Wunder kann die Infusion auch keine wirken«, gab die Schwester schnippisch zurück. Wineberg war ein launischer, reicher, mit einem Wort ein schwieriger Patient.
Bevor sie wieder ging, gab die Schwester Wineberg noch eine Mappe mit den neuesten Mails, die seine Sekretärin im kleinen Büro des Schiffes ausgedruckt hatte. Der alte Mann öffnete die Augen, sah die Mappe und sagte: »Meine Brille.«
»Auf Ihrer Stirn«, gab die Schwester ungerührt zurück und verließ das Sonnendeck.
Starke Halogenlampen erhellten das Deck der »Incommunicado« und Wineberg begann die neuen Berichte von Paul Wagner, die ganz obenauf lagen, zu lesen. Geregelte Arbeitszeiten hatte es für ihn nie gegeben, seit er vor Jahrzehnten in den USA angekommen war und es vom kleinen Reporter zum Besitzer von drei großen Tageszeitungen und zwei TV-Stationen gebracht hatte. Als er bei der Schilderung der Vorgänge in Chemnitz angekommen war, legte er die Mappe zur Seite, blickte grübelnd auf die schaukelnden Boote am Nebensteg und läutete nach seiner Sekretärin, die ihn auf allen seinen Reisen begleitete.
»Maggie, finden Sie heraus, wer diese Valerie Goldmann ist, von der in dem Artikel die Rede ist. Wenn nötig, rufen Sie Paul Wagner an und erkundigen Sie sich auch bei ihm. Und trödeln Sie nicht wieder herum.«
Dann las Wineberg den Bericht zu Ende und griff zu seinem Telefon, um mit Elena Millt zu sprechen. Ein leichter Lichtstreifen zeigte sich am Horizont und zwei Pelikane segelten elegant und lautlos übers Wasser und ließen sich auf einem der weißgestrichenen Stege nieder. Wineberg sah sie an und murmelte: »Unnötige Viecher, kommt mir ja nicht aufs Boot, ihr scheißt sowieso nur alles voll.«
»Millt, United Media Group.« Elenas Stimme klang professionell wie immer, obwohl sie Wineberg gerade aus dem Bett geholt hatte.
»Wineberg. Elena, ich brauch alles, was Sie zum ersten Kaiser von China finden können. Dann möchte ich von Ihnen alle Details zu diesem Kaiser Friedrich haben, von dem Wagner dauernd erzählt.«
»Haben Sie seine letzten Reportagen gelesen?«, fragte die Verlagsleiterin mit unverhohlener Begeisterung in der Stimme.
»Warum, glauben Sie, rufe ich Sie an?«, murrte Wineberg. »Weil mir langweilig ist?«
»Nein, Mr. Wineberg«, gab Elena kleinlaut zu.
»Ich möchte noch viel mehr über diese Vorgänge in Wien wissen und über das Geheimnis dieses Kaisers. Wagner erwähnte eine Valerie Goldmann im letzten seiner Artikel. Aber er war ziemlich schweigsam, was ihre Herkunft und ihren Beruf betrifft. Finden Sie alles über sie heraus, was Sie können. Ich will Ihren Bericht bis heute Mittag auf meinem Tisch liegen haben.« Winebergs Blick fiel auf die Infusionsflasche und wütend zog er sich die Kanüle aus dem Arm. »Und Elena, wann war Ihre letzte Gehaltserhöhung?«
»Vor vier Jahren«, antwortete Millt hoffnungsvoll.
»Dann müssen Sie jetzt nur mehr sechs Jahre warten«, meinte Wineberg trocken und legte auf.
Alte Burg, Grazer Innenstadt/Österreich
V alerie Goldmann lehnte sich aus dem Fenster und versuchte, die drei Männer nicht aus den Augen zu verlieren. Die Reisegruppe stand am Tor zu Friedrichs Privatkapelle und die Frau mit dem karierten Wimpel hielt einen kurzen Vortrag. Unmerklich schoben sich die Männer an den Rand der Gruppe und schlenderten schließlich langsam davon. Sie wandten sich allerdings nicht der Treppe zu, sondern gingen über den Burghof in Richtung Grazer Dom. Georg war ebenfalls bis zum Ende der Treppe hochgestiegen und beugte sich nun neben ihr aus
Weitere Kostenlose Bücher