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Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
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umkehrst.«
    Georg verstummte und Paul schaute sinnierend auf die Seiten in Sinas Hand.
    Dann sagte der Reporter leise: »Ich muss den alten Herren um Verzeihung bitten, ich habe das für eine Einleitung gehalten, eine Übertreibung, die wirren Gedanken eines greisen Mannes. In Wahrheit jedoch liegt darin das ganze Dilemma des Kaisers. Er begegnete allen dreien und kämpfte gegen sie sein Leben lang. Aber sie haben ihn nicht vernichtet und er, er ist nicht umgekehrt.«
    »Und wie wird es bei uns sein?«, wunderte sich Sina und beobachtete Valerie, die verdutzt den Ausführungen der beiden folgte.
    »Kennst du die versteckte Bedeutung der Wendeltreppe?«, fragte er Goldmann, die energisch den Kopf schüttelte.
    »Die Doppelhelix ist das Trägermaterial der DNA, des menschlichen Erbguts. Friedrich kannte sie, weil der erste chinesische Kaiser sie kannte, weil er oder seine Ärzte, Schamanen und Alchemisten sich mit dem Leben, seinem Ursprung und seiner Vergänglichkeit beschäftigten. Erinnere dich, was uns der alte Missionar in St. Gabriel erzählt hat: Qin Shihuangdi wollte unsterblich werden.«
    »Du meinst, ihr glaubt tatsächlich an diese Geschichte mit der Unsterblichkeit?«, platzte Valerie heraus.
    Georg und Paul sahen zuerst einander und dann Goldmann völlig perplex an.
    »Sag bloß, du hast davon gewusst?«, meinte Sina überrascht. »Es klingt zumindest so.«
    Valerie schaute angestrengt auf ihre Hände und blieb stumm.
    »Du hast davon gewusst«, stellte Paul resigniert fest und schüttelte enttäuscht den Kopf. Georg blickte sie vorwurfsvoll an und sagte kein Wort.
    »Als ich das erste Mal von diesem Auftrag gehört habe, da hieß es, es ginge um die Zukunft dieser Welt, wie wir sie kennen«, erklärte Valerie stockend. »Ich fand das maßlos übertrieben. Dann, als ich die Mission angenommen hatte, erfuhr ich mehr und mehr und konnte es doch immer weniger glauben. Ich hielt es für die Phantasie von ein paar Geheimdienstleuten, mit denen die Pferde durchgegangen waren. Dazu kamen dann auch noch Wissenschaftler, die hinzugezogen worden waren, Historiker, Kenner des Talmuds, der Thora und natürlich der Kabbala. Sie alle hielten es zumindest für möglich, dass zuerst Qin Shihuangdi und dann Kaiser Friedrich das Geheimnis des ewigen Lebens besessen haben könnten. Und dann war da auch noch die Legende des Golem.«
    Georg nickte nachdenklich. »Ja, genau, Prag und Rabbi Löw …«
    »Sehr richtig. Ich habe diesen Punkt zuerst auch nicht ganz verstanden, aber jetzt ist es mir schon klar«, sagte Valerie. »Der Golem und die Terrakotta-Armee sind aus demselben Material, aus Lehm.«
    »Und?«, hakte Paul nach.
    »Die Talmud-Gelehrten haben es so erklärt: Gott erschuf den Adam aus Lehm …«, begann Valerie zu erklären.
    »Zweiter Gesang der Genesis …«, warf Georg ein.
    »… in der christlichen Bibel«, erwiderte Valerie. »Gott hauchte seinem Geschöpf seinen lebendigen Atem ein und Adam war geboren. Bei einem Golem aber handelt es sich um ein Wesen aus der jüdischen Sagen- und Mythenwelt, einem künstlichen, aus Lehm geformten Menschen. Wenn du so willst, eine Art Roboter, der von kabbalistischen Gelehrten für niedere Dienste wie dem Reinigen der Synagogen geschaffen wurde.«
    »Gab es auch weibliche Golems, für alle möglichen anderen niederen Dienste?«, schmunzelte Paul, dem das alles jetzt doch zu phantastisch erschien.
    »Gab es, aber die haben ihren Erzeugern kein Glück gebracht. Der Golem symbolisierte nicht zuletzt auch die Gefahr, dass sich die eigene Schöpfung gegen ihren Erzeuger wendet«, gab Georg zu bedenken.
    »Genau«, bestätigte Goldmann. »Ein gewisser Rabbi Elijah von Chelm soll gegen Mitte des 16. Jahrhunderts einen Golem erschaffen haben, der zur Gefahr für die Menschen wurde. Der berühmteste Golem jedoch stammte von Rabbi Löw, einem Zeitgenossen von Tyho Brahe in Prag. Zusammen mit zwei Gehilfen formte er den Körper eines Mannes aus Lehm, umkreiste die Figur, wobei er den Text von der Schöpfung des Adam rezitierte. Der Mann aus ungebranntem Ton soll zu dampfen und zu glühen begonnen haben und es wuchsen ihm Haare und Fingernägel.« Valerie musste lachen, als sie die ungläubige und skeptische Grimasse von Paul sah.
    »Und als Rabbi Löw den allerhöchsten Namen einprägte …«, fuhr sie fort.
    »JHVH, Jahwe, den Namen Gottes«, ergänzte Georg.
    »… öffnete die Kreatur die Augen und lebte. Aber es fehlte ihm die Fähigkeit zu sprechen«, vollendete Valerie.

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